Die Funktionsweise der Technologien von Lithium-Ionen- und Bleibatterien (VRLA, valve-regulated lead-acid) ist völlig unterschiedlich. Das verleiht den beiden Batterietypen auch unterschiedliche Eigenschaften. Seit vielen Jahrzehnten hat sich die Technik der Bleibatterien etabliert. VRLA-Batterien sind einfach zu handhaben, simpel in der Wartung und ohne Einschränkungen erhältlich. Darüber hinaus gelten sie als sehr wirtschaftlich. Die Typen von GS Yuasa lassen sich außerdem zu fast 100 Prozent wiederverwerten, nach der Verwendung werden sie erneut dem Wertstoffkreislauf zugeführt.
Lithium-Ionen-Batterien hingegen lassen die Muskeln spielen. Ihre Zyklenfähigkeit, Lade- und Entladeleistung, Energiedichte, geringe Selbstentladungsrate und das problemlose Belassen im teilentladenen Zustand machen sie zu einem scheinbar unangreifbaren Gegner. Allerdings wollen diese Vorteile auch gut bezahlt sein. Hier spielt die Bleibatterie wiederum ihre Karten aus. Erfordert die jeweilige Applikation nicht zwangsläufig die Eigenschaften einer Li-Ionen-Zelle, macht es auch keinen Sinn, diese teuer zu erwerben.
Kann man deshalb sagen, dass sich beide Technologien gegenseitig ausschließen oder sogar verdrängen? In der Tat nicht, denn es gibt durchaus Anwendungen, die sogar eine Koexistenz fordern und einen parallelen Betrieb beider Technologien erlauben. Sie profitieren sowohl von den Vorteilen der Lithium-Ionen-Zelle als auch von denen der Bleibatterie.
Betrieb beider Technologien
Ein gleichzeitiger Betrieb beider Technologien scheint auf den ersten Blick unwahrscheinlich, wenn man sich auf die Zellebene begibt. Während die Bleibatterie (hier AGM, Absorbent Glass Mat) eine Nennspannung von 2V pro Zelle aufweist, geht die Li-Ionen-Zelle (hier LMO, Lithium-Manganoxid) mit 3,7V ins Rennen. Über den gesamten Bereich des jeweiligen Ladezustandes weist die Li-Ionen-Zelle eine fast doppelt so hohe Spannung auf wie ihr Blei-Pendant.
Bringt man jedoch die Anzahl der Zellen beider Technologien in das richtige Verhältnis, sodass sich der Spannungsbereich einer Anwendung abbilden lässt, besteht die Möglichkeit, sie zusammen in einem System zu betreiben. GS Yuasa hat eine Dual-Chemistry-Lösung entwickelt, die am Beispiel einer 48V-Applikation verdeutlicht werden soll. Um 48V auf Blei-Ebene zu erreichen, kommen vier 12V/100Ah-Frontterminal-Batterien des Typs ENL100FT (24 Zellen) zum Einsatz. Auf Lithium-Ebene werden 14 LMO-Zellen des Typs LIM50EN in Serie geschaltet. Beide Zellen produziert der Batteriehersteller selbst.
In welcher Form die zunächst völlig unterschiedlichen Zelltypen hier zusammenarbeiten, zeigt ein Beispiel. Bis zu 70 Prozent der Kapazität lässt sich der LIM50EN-Batterie entnehmen, um das Spannungslevel zu erreichen, das die Bleibatterie in vollständig geladenem Zustand besitzt. Ab diesem Punkt beginnt das Entladen der Bleibatterie bis zur gewünschten Entladeschlussspannung. Das heißt, um eine geforderte Gesamtkapazität zu erhalten, ist es durchaus möglich, eine Lithium-Batterie und eine Bleibatterie parallel zu schalten.
Dual Chemistry in der Anwendung
In welchem Fall macht eine solche Konstruktion Sinn? Der Vorteil einer Kombination von Lithium-Ionen- und Bleibatterien besteht darin, die Stärken beider Technologien auszuspielen und auch die wirtschaftlichen Aspekte zu nutzen. Für den Einsatz einer Dual-Chemistry-Lösung sind grundsätzlich drei Szenarien denkbar:
1. In Regionen mit schlechter Netzversorgung kommen derzeit zyklische Bleibatterien zur Pufferung von zum Beispiel 48V-Telekom-Basisstationen zum Einsatz. Bei mehreren aufeinanderfolgenden Stromausfällen pro Tag werden die Batterien mehrfach entladen und bei wieder vorhandenem Netz geladen. Je nach Charakter des Lastprofils tritt jedoch sehr oft der Fall ein, dass die relativ schlechte Ladeakzeptanz der Bleibatterie in Verbindung mit sehr kurzen Ladezyklen nie zu einer vollständigen Aufladung der Batterie führt. Diese dauerhafte Teilaufladung verkürzt die Lebensdauer der Batterie massiv, was nicht nur zu häufigen Batteriewechseln sondern auch zu sehr hohen Kosten führt.
Würde man hier die Dual-Chemistry-Lösung einsetzen, könnte die zyklenstarke Li-Ionen-Batterie die kurzen Zyklen abfangen und bei längeren Ausfällen die Bleibatterie unterstützen. Auch während einer kurzen Netzverfügbarkeit ist die Li-Ionen-Batterie durch die hohe Ladeakzeptanz der Zelle schnell wieder geladen. Darüber hinaus verursacht es keine Probleme, sie in teilentladenem Zustand zu belassen. Einen Stromausfall könnte die Li-Ionen-Batterie nicht nur überbrücken, sondern im Bedarfsfall die Bleibatterie sogar parallel laden. Dadurch würde sich deren Lebensdauer wesentlich verlängern und das Total Cost of Ownership deutlich verringern.
2. In Regionen, wo keine Anbindung ans öffentliche Stromversorgungsnetz besteht, erfolgt die Versorgung während der Sonnenstunden mittels PV-Anlage (Inselbetrieb). Dabei wird die überschüssige Energie in einer Batterie gespeichert, was die Versorgung über den Speicher in den Phasen ohne Sonneneinstrahlung sicherstellt. Bei dieser Betriebsart unterliegt der Batteriespeicher starken Beanspruchungen. Aufgrund häufiger Zyklen, seltener Vollladung und hohen Umgebungstemperaturen wäre die Gebrauchsdauer einer Bleibatterie in dieser Anwendung drastisch verkürzt.
Eine reine Lithium-Ionen-Lösung würde sich hier zwar anbieten, wäre jedoch mit einem hohen Investment verbunden, das bei näherer Betrachtung unnötig ist. Blickt man auf das Lastprofil einer solchen Anwendung, kommt die Batterie auch hier mehrmals täglich für kurze Perioden zum Einsatz, je nach Stärke der Sonneneinstrahlung. Im Unterschied zum beschriebenen Profil in Punkt 1 wechseln sich die kurzen Ausfälle aber mehr oder weniger regelmäßig mit langen Ausfallperioden ab. Diese sind beispielsweise planbare wiederkehrende Regenzeiten oder die Nacht. Bevorzugt man hier eine reine Lithium-Ionen-Lösung, würde ein Großteil ihrer Kapazität, die für lange Ausfälle zur Verfügung steht, nur selten genutzt werden und unnötig Kapital binden.
Folglich macht Dual Chemistry auch hier Sinn. Eine kleine projektierte Li-Ionen-Batterie puffert die wiederkehrenden kurzen Ausfälle und stützt die langen Autonomien so lange, bis die Bleibatterie einsetzt und die Pufferung übernimmt. Kehrt die Einspeisung zurück und lädt beide Batterien wieder auf, führt die hohe Ladeakzeptanz der Li-Ionen-Batterie zu einer schnellen Bereitschaft, während die Bleibatterie ihre benötigte Zeit erhält, um sich vollständig zu laden.
3. Wird die Last mit Dieselgeneratoren versorgt, liegt die Sache klar auf der Hand: Durch die erforderliche Wartung, den notwendigen Kraftstoff und den möglichen Diebstahl des Kraftstoffs oder Generators entstehen hohe Kosten. Mit einer Dual-Chemistry-Lösung in Kombination mit Photovoltaik lassen sich diese nahezu kompensieren.
Dual-Chemistry-Lösung mit Qualitätsbatterien
Das Dual-Chemistry-Konzept lässt sich an alle denkbaren Anwendungen anpassen, die den eben beschriebenen Charakter aufweisen. Auch Kombinationen aus Brennstoffzellen und Lithium-Ionen-Batterien sind bei Bedarf denkbar. Bei GS Yuasa ist die Dual-Chemistry-Lösung bereits verfügbar. Dafür entwickelt und produziert der japanische Batteriehersteller als einziges Unternehmen weltweit beide Technologien in relevantem Maßstab selbst – und gewährleistet damit ein hohes Maß an Qualität. Innerhalb der jeweiligen Technologie variieren verschiedene Konstruktionsarten: Im Bleibereich gibt es sowohl verschlossene AGM-Typen als auch geschlossene Batterien mit „freier“ Säure. Bei Lithium-Ionen stehen unterschiedliche Zellen zur Verfügung, die je nach Anwendungsbereich mit einer maximalen Hochstromfähigkeit (high power) oder mit einer möglichst hohen Energiedichte (high energy) entwickelt worden sind. Vor diesem Hintergrund ist GS Yuasa in der Lage, beide Technologien objektiv zu bewerten und die jeweiligen Vor- und Nachteile einzuschätzen.
Zum traditionellen Geschäftsbereich von GS Yuasa zählen seit über 100 Jahren die Bleibatterien, im Li-Ionen-Segment blickt GS Yuasa inzwischen auf eine über 30-jährige Erfahrung zurück. Die Zellen werden mittlerweile nicht nur für mobile Endgeräte, sondern auch speziell für industrielle Zwecke und die Elektromobilität gefertigt.