Alternative zu Glyphosat Unkraut mit Lasern bekämpfen

Drei Blätter, drei Geraden: Wo sie sich treffen, liegt das Wachstumszentrum der Pflanze.

Bild: Jan-Philipp Wessels, FH Münster
09.05.2019

Chemische Unkrautbekämpfung ist weit verbreitet und steht wegen seiner Umwelteinflüsse häufig in der Kritik. Es könnte aber auch anders gehen. Im Forschungsprojekt E&P Agro an der FH Münster entwickeln Studenten Verfahren zur Unkrauterkennung ohne Nebeneffekte für die Umwelt.

Die laserbasierte Unkrautbekämpfung ist Teil des Interreg-Großvorhabens Elektrifizierung und Präzisierung in der Landwirtschaft (E&P Agro). Dafür lief jetzt ein erstes studentisches Projekt an der FH Münster. Mit industrieller Bildverarbeitung haben sieben Studenten getestet, wie eine Kamera Unkraut erkennt und daraus Koordinaten ableitet, die dem Laser das Ziel für seine Bestrahlung vorgeben.

„Unsere Aufgabe war es, das Wachstumszentrum der Pflanze zu ermitteln“, erklärt Markus Stening. „Nur, wenn der Laser dieses Zentrum des Unkrauts trifft und schädigt, kann die Pflanze nicht mehr wie gewohnt weiterwachsen und degeneriert idealerweise.“ Hier hilft die Bilderkennung: Sie kategorisiert die Umgebung – Unkraut, Mais und andere Nutzpflanzen, Steine, abgestorbene Pflanzen –, erkennt das Unkraut und ermittelt Koordinaten für die Bestrahlung.

In der Theorie überschaubar; doch in der Praxis ändert sich die Beleuchtung über die Tageszeit, Pflanzen wachsen dicht nebeneinander und überlagern sich oder Blätter welken. Das macht die automatische Unkrauterkennung zu einer komplizierten Aufgabe.

Resistente Pflanze als Versuchsobjekt

Die Studenten wählten als Forschungsobjekt den sogenannten Zurückgebogenen Amarant (AMARE). AMARE ist deutschlandweit vertreten und bildet Resistenzen gegen Unkrautvernichtungsmittel. „Das macht diese Pflanze besonders spannend“, erklärt Matthias Lautenschläger, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Laserzentrum der FH Münster.

Für ihre Versuche haben die Studenten mit selbst gezüchteten Pflanzen im Topf experimentiert. „Der Zurückgebogene Amarant hat erst zwei Keimblätter und entwickelt anschließend schrittweise weitere Laubblätter. Am Ursprung der Blätter befindet sich das Wachstumszentrum, genau hier soll die Pflanze bestrahlt werden“, erklärt Stening.

Winziges Wachstumszentrum ermitteln

Insgesamt hat die Gruppe drei Verfahren entwickelt, um das Wachstumszentrum von Pflanzen, die kleiner als 1 mm sind, per Kamera zu ermitteln. Dabei haben sie intensiv mit Programmen für industrielle Bildverarbeitung gearbeitet. Die Ansätze eignen sich für verschiedene Blattarten.

„Beim ersten Verfahren ermitteln wir das Wuchszentrum über den Flächenschwerpunkt. Dieses Verfahren eignet sich besonders für Unkraut, welches erst ein paar Tage alt ist“, erklärt Jan-Philipp Wessels. „In dem zweiten Modell detektieren wir die Kontur der Blätter und berechnen die längste mögliche Gerade innerhalb eines Blattes. Sobald mehrere Geraden vorliegen, können diese verlängert werden und der Schnittpunkt bestimmt werden. Die Methode ist gut für größere Pflanzen mit mehreren Blättern.“ Der dritte Ansatz kombiniert beide Vorgehensweisen und nutzt die elliptische Form der Blätter als Näherung an die reale Blattkontur. Das alles passiert automatisiert im Programm.

Richtige Dosierung für Unkraut

„Die besondere Herausforderung dieser Projektarbeit war es einerseits, eine große Fläche in einem Bild aufzunehmen, und andererseits, die Position des Wachstumszentrums trotzdem sicher zu bestimmen. Die hier entwickelten Methoden sind mit hohen Detektionsquoten sehr hilfreich für das Projekt“, sagt Lautenschläger.

Wie groß der Strahldurchmesser sein muss und welche Leistung der Laser benötigt, also wie die richtige Dosierung aussieht, um gegen das Unkraut effektiv vorzugehen, wird nun im weiteren Projektverlauf ermittelt – in Zukunft auch auf dem Acker. Dafür wurde im April ein Versuchsfeld auf dem Steinfurter Campus der FH Münster angelegt.

Hintergrund zum Projekt

E&P Agro ist ein Interreg-Projekt mit deutschen und niederländischen Partnern. Zu den Arbeitspaketen dieses Projektes gehört es beispielsweise, Traktoren mit elektrischen Antrieben auszustatten und Anbaugeräte wie Hacken mit GPS-Koordinaten der Kulturpflanzen präzise zu steuern. Prof. Dr. Jürgen Scholz vom Fachbereich Maschinenbau der FH Münster koordiniert das Projekt.

Bildergalerie

  • Verschiedene Unkräuter, verschiedene Wachstumszentren: Gräser gehören zu den einkeimblättrigen Pflanzen, AMARE, rechts im Topf, zu den zweikeimblättrigen.

    Verschiedene Unkräuter, verschiedene Wachstumszentren: Gräser gehören zu den einkeimblättrigen Pflanzen, AMARE, rechts im Topf, zu den zweikeimblättrigen.

    Bild: FH Münster

  • Dieter Panitzek, Jan-Philipp Wessels und Markus Stening (von links nach rechts) diskutieren verschiedene Kameraperspektiven für die Objekterkennung des Wachstumszentrums.

    Dieter Panitzek, Jan-Philipp Wessels und Markus Stening (von links nach rechts) diskutieren verschiedene Kameraperspektiven für die Objekterkennung des Wachstumszentrums.

    Bild: FH Münster

  • Die Studenten freuen sich mit ihren Betreuern Prof. Dr. Thomas Rose (links), Marek Michalewicz (zweiter von links), Matthias Lautenschläger (zweiter von rechts) und Projektkoordinator Prof. Dr. Jürgen Scholz (fünfter von rechts) über den Erfolg der Bilderkennung.

    Die Studenten freuen sich mit ihren Betreuern Prof. Dr. Thomas Rose (links), Marek Michalewicz (zweiter von links), Matthias Lautenschläger (zweiter von rechts) und Projektkoordinator Prof. Dr. Jürgen Scholz (fünfter von rechts) über den Erfolg der Bilderkennung.

    Bild: FH Münster

  • Auf dem Campus in Steinfurt züchtet das Forscherteam aktuell Unkräuter und Maispflanzen für Versuche.

    Auf dem Campus in Steinfurt züchtet das Forscherteam aktuell Unkräuter und Maispflanzen für Versuche.

    Bild: FH Münster

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