Im Mai 2023 konnten Forscher der Fachhochschule (FH) Kiel ihren Prototyp eines schwimmenden Wellenkraftwerks taufen und zu Wasser lassen. Nun entwickeln sie gemeinsam mit Projektpartnern aus der maritimen Industrie ein Transport- und Installationskonzept, um das Kraftwerk eines Tages in der Nordsee testen zu können. Die Gesellschaft für Energie und Klimaschutz Schleswig-Holstein (EKSH) fördert das Vorhaben mit rund 140.000 Euro.
Wie transportiert man ein 12 m hohes Wellenkraftwerk von der Kieler Förde in die Nordsee? Und wie könnte die Installation des Kraftwerks auf See vonstattengehen? Bis Ende 2025 soll das Transport- und Installationskonzept für das Wellenkraftwerk „Aurelia WINO“ stehen. Bis dahin muss Prof. Dr. Christian Keindorf von der FH Kiel noch viele Fragen klären, nicht zuletzt die Transportroute: „Wir favorisieren den Seeweg durch den Nord-Ostsee-Kanal und anschließend an Helgoland vorbei. Zu Beginn wird das Wellenkraftwerk auf dem Schiffsdeck liegen. Ab Helgoland wollen wir einen Schleppvorgang durchführen und messtechnisch begleiten. All das müssen wir mit den Behörden und unseren Kooperationspartnern abstimmen“, erklärt der Projektleiter.
So sollen Transport und Installation aussehen
O.S. Energy soll das Kraftwerk mit ihrem Spezialschiff „Fortuna Crane“ zum potentiellen Einsatzort 80 km westlich von Sylt bringen. Hier soll es in unmittelbarer Nähe der Offshore-Forschungsplattform FINO3 erprobt werden. Vom Basishafen des Prototyps auf dem Gelände der German Naval Yards in Kiel beträgt die Entfernung rund 180 Seemeilen.
Herausfordernd ist auch die Installation vor Ort: Jeder Montagezustand muss im Vorfeld über Berechnungen abgesichert werden, insbesondere die Aufricht- und Hebevorgänge mit dem Kran. Der rund 8,2 t schwere Prototyp darf auf keinen Fall unkontrolliert anfangen zu schwingen. „Für unseren Typ eines Wellenkraftwerks gibt es keine Erfahrungen auf hoher See. Wir müssen die Arbeitsanweisungen für jeden Transport- und Installationsvorgang sorgfältig erstellen und Risikoanalysen durchführen.“
Das Wellenkraftwerk ist mit einer Funkantenne ausgestattet, damit seine Funktion aus der Ferne überprüft werden kann. Aufgrund der Antenne liegt der Schwerpunkt des Kraftwerks nicht exakt in dessen Mitte. Diese Schieflage und den Tiefgang soll ein Ballast- und Trimmsystem ausgleichen, erklärt Projektmitarbeiter Julian Pforth: „Mit der Zeit wird sich mariner Bewuchs am Wellenkraftwerk anheften und es beschweren. Wenn wir die Wasserfüllungen in den Tanks etwas reduzieren, können wir das zusätzliche Gewicht ausgleichen.“
Das Ballast- und Trimmsystem fertigt und montiert Projektpartner German Naval Yards in Kiel, das Material steuert die Firma Tillmann Profil bei. Die mit Zink und Magnesium beschichteten Stahlbleche gelten als besonders korrosionsbeständig. Im Meerwasser kommen sie erstmals zum Einsatz, davon erhoffen sich die Projektbeteiligten wertvolle Erkenntnisse.
Aktuell entsteht an der FH Kiel im 3-D-Druck-Verfahren ein maßstabgetreues Modell des Prototyps. Dieses wird mit Sensoren ausgestattet und im Umlauftank des Schiffbaulabors geschleppt. So erhalten Keindorf und Pforth Erkenntnisse über dessen Schleppverhalten.
Fördermittel für Testbetrieb benötigt
Am Ende des von der EKSH mit rund 140.000 Euro geförderten Forschungsprojekts steht das fertige detaillierte Transport- und Installationskonzept. Das Wellenkraftwerk wird nach wie vor in seinem Basishafen auf der German Naval Yards liegen.
Aber Christian Keindorf ist zuversichtlich, dass sein Konzept eines Tages realisiert werden kann: „Wir haben 2019 das erste Mal überhaupt darüber nachgedacht, den Prototyp eines Wellenkraftwerks zu entwickeln. Vier Jahre haben Auszubildende der German Naval Yards ihn nach unseren Bauplänen gefertigt. Nun erarbeiten wir, gefördert von der EKSH, das Transport- und Installationskonzept. Ich bin zuversichtlich, dass wir auch für den Testbetrieb Fördermittel einwerben können.“