Erst kürzlich ist in Nordhessen ein Servicetechniker in einer Windenergieanlage gestorben: Die Tür war zugefallen und die Rettungskräfte konnten sich keinen Zutritt verschaffen. Betreiber berichten von Jugendlichen, die als Mutprobe in Windenergieanlagen eindringen. In einem Windpark stand wochenlang die Tür einer Anlage offen – vom Betreiber unbemerkt. Immer wieder kommt es zu Einbrüchen, die Täter stehlen zum Beispiel Kabel oder manipulieren Teile der Anlage. Vergangenen Juni erlitt ein Servicetechniker durch einen solchen Sabotageakt an einer Anlage in Schleswig-Holstein einen Stromschlag.
Herkömmliche Schlüssel als Sicherheitsrisiko
Schuld daran ist unter anderem die nach wie vor gängige Praxis, Windenergieanlagen (WEA) mit schlichten Schlüsseln abzusperren und so unzureichend vor unautorisiertem Zutritt zu schützen. Für jeden Windpark ist eine Vielzahl an Schlüsseln in Umlauf, die von den Betreibern, Herstellern oder Parkbetreuern verwaltet und beispielweise von Technikern für Inspektionen und Wartungen genutzt werden. In den meisten Windparks gibt es einen oder mehrere Zentralschlüssel für den gesamten Park – die Schlüssel mancher Hersteller schließen sogar die gesamte, deutschlandweite Anlagenflotte des Herstellers auf.
Doch damit nicht genug: Wer eine Windenergieanlage öffnet, hat meist uneingeschränkten Zugriff auf alle Bereiche der Anlage, ob auf den Schaltschrank oder die Befahranlage, unabhängig davon, ob er dafür überhaupt qualifiziert ist. Das birgt viele Risiken: Schlüssel gehen verloren, der Zugang wird nur mangelhaft gesteuert und der Betreiber kann die elektrische Anlagenverantwortung nicht lückenlos auf geschultes Personal übertragen. Dadurch drohen schwerwiegende Sicherheits- und Haftungsrisiken; bei Diebstahl oder Personenschäden fehlen wichtige Versicherungsnachweise.
Elektronisches Schließsystem für volle Kontrolle
Der Windkraft-Spezialist ABO Wind hat in Zusammenarbeit mit den Schließsystemherstellern von Deister Eletronic für diese Probleme eine Lösung entwickelt, die speziell auf Windparks zugeschnitten ist – die Zugangskontrolle ABO Lock. Das Prinzip funktioniert folgendermaßen: Das existierende mechanische Schließsystem wird durch ein elektronisches ersetzt. Ein Tastenfeld an der Tür, ein Türsensor und ein elektronischer Schlüsselkasten im Turmfuß komplettieren das System. Im Schlüsselkasten sind die Schlüssel zu den einzelnen Komponenten wie Befahranlage, Mittelspannungsschaltanlage oder Übergabestation elektronisch gesichert.
Die Zugangsberechtigten wie Serviceteams, Gutachter und Parkbetreuer erhalten über die Keymanager-Software eine persönliche Identifikationsnummer (PIN) und eine einmalige Transaktionsnummer (TAN) auf ihr Handy, mit der sie die Anlage entsperren können. Das System ist mit einer unabhängigen Stromversorgung (USV) gesichert, so dass der Zugang auch bei Stromausfall funktioniert. Je nach Qualifikation haben die Eintretenden Zugriff auf die individuell freigeschalteten Segmente wie Schaltschrank, Trafostation oder Aufzug.
Qualifikationsabhängiger Zugriff
Betreiber steuern so gezielt den Zutritt und protokollieren den qualifikationsabhängigen Zugriff. Das elektronische Logbuch bietet eine lückenlose Dokumentation der Ereignisse und macht jeden Zugriff zu 100 Prozent nachvollziehbar. Das ist insbesondere in Schadensfällen unerlässlich. Auch eine zeitliche Beschränkung des Zugangs ist möglich, zum Beispiel für Tages-, Monats-, oder Einmaleinsätze. Gleichzeitig wissen Betreiber immer Bescheid, wer wann und wie lange in Ihren Anlagen war.