Obwohl die Digitalisierung in der industriellen Automatisierung unumkehrbar voranschreitet, spielt Mechanik gerade im Bereich Maschinensicherheit immer noch eine wichtige Rolle. So werden Anlagen mit Drehstrommotoren oft weiterhin mit einer mechanischen Schützkombination und einem mechanischen Motorschutzrelais geschaltet und geschützt.
Einbau und Reparatur sind oft mit hohem Aufwand und Wartungsbedarf verbunden. Wenn dann im Schaltschrank noch Platz für die Umsetzung neuer Automatisierungsaufgaben benötigt wird, kann es buchstäblich eng werden.
Motoren intelligent betreiben
Ob als Antrieb von Förderbändern und Industrierobotern, als Taktgeber für Querschneider und fliegende Sägen oder zum Antrieb von Ventilatoren und Pumpen: Im industriellen Umfeld haben Drehstrom-Asynchronmotoren, kurz Drehstrommotoren, den größten Anteil – und ziehen geschätzt rund 80 Prozent aller weltweit durch Elektromotoren verbrauchten Energie. Der Erfolg des 1889 erfundenen Motors kommt nicht von ungefähr, denn Asynchronmaschinen sind kostengünstig und ausgesprochen robust.
Seit über 100 Jahren werden Drehstrommotoren mit ihrer Nenndrehzahl betrieben – inzwischen aber auch elektronisch sanft gestartet oder drehzahlgeregelt. Denn Unternehmen aller Branchen stehen vor der Herausforderung, einen effizienten Betrieb von Elektromotoren in den verschiedensten und immer häufiger komplexen Applikationen sicherzustellen. Zu berücksichtigen sind hierbei Faktoren wie mechanische Belastung, Kosteneffizienz, Einhaltung von Normen, Zuverlässigkeit sowie Verbesserung der Energieeffizienzbilanz.
Die Frage, welche Art von Motorstarter als passgenaue Lösung de sinnvollste ist, hängt fast immer von der Anwendung ab. Sofern der Betrieb bei Nenndrehzahl dem Bedarf der Applikation entspricht und das relativ hohe Anlaufmoment kein mechanisches Problem erzeugt, ist ein elektromechanisch geschaltetes Schütz oder ein kompakter Motorstarter in Relaisbauweise noch immer die kostengünstigste Lösung. Doch ist dies in der Praxis nur selten der Fall. Vielmehr sind kompliziertere Aufgabenstellungen die Regel.
Sanftstarter & Umrichter
Angesichts diverser Herausforderungen – angefangen von Energieeffizienzvorgaben bis zur Einhaltung bestimmter Normen – ist die Entscheidung zwischen einer Vielzahl von Sanftstartern und Frequenzumrichtern ein komplexer Prozess. Generell ist bei modernen, energieeffizienten Motoren zu berücksichtigen: Die Schaltgerätekombinationen, zum Beispiel Leistungsschalter und Schütz, müssen auf den jeweiligen Effizienzmotor ausgelegt sein.
Heutige, auf Energieeffizienz ausgelegte Motoren, ziehen beim Anlauf kurzzeitig einen deutlich höheren Strom als ältere Motoren, so dass es bei nicht aufeinander abgestimmten Komponenten schnell zu einer Fehlauslösung des Überlastschutzorgans, zum Beispiel des Leistungsschalters kommen kann. Bei Pumpenanwendungen wiederum müssen besondere Vorkehrungen getroffen werden, um den sogenannten Wasserschlag im Rohrsystem zu vermeiden.
Um Fehlfunktionen auszuschließen, werden bei Festdrehzahlbetrieb inzwischen häufig Sanftstarter verwendet – eine kompakte und kostengünstige Antriebslösung. Sie bieten dank vielfältiger, parametrierbarer Funktionen weit mehr Möglichkeiten für eine Anpassung an die jeweilige Applikation.
Zudem wirken sie strombegrenzend im Anlauf, was gerade bei großen Lasten vom Netzbetreiber gefordert sein kann. Durch eine sogenannte Bypass-Schaltung nach Hochlauf erzeugen sie zudem nur geringe Abwärme im Schaltschrank, was eine Zwangsbelüftung oder Klimageräte überflüssig macht. Sanftstarter gelten daher nicht zuletzt aus Effizienzgründen als erste Wahl.
Weil bei wechselnden Lasten oder unterschiedlichen Geschwindigkeiten Festdrehzahlantriebe überfordert sind, kommen in diesen Fällen Frequenzumrichter zum Einsatz. Mittels moderner Leistungselektronik ermöglichen sie es, die Drehzahl an die jeweilige Last flexibel anzupassen und bei Bedarf exakt auf dem geforderten Punkt zu halten. In manchen Ausführungen besteht zudem die Notwendigkeit, geregelt zu bremsen. Die dadurch entstehende Energie können funktionell hochwertigere Frequenzumrichter ins Netz zurückspeisen – wodurch die Stromkosten sinken.
Energiedatenerfassung
Immer häufiger kommen bei modernen Maschinenkonzepten auch Anforderungen zur Erfassung des Strom- bzw. Energieverbrauchs zum Tragen. Wurden dazu früher in der Regel passende Messgeräte installiert, geht es heute viel einfacher: In einigen Motorstartern sind die Messfunktionen bereits integriert.
Moderne Sanftstarter können zum Beispiel die kompletten Energiedaten erfassen und übergeordneten Steuerungen oder auch Energiemanagementsystemen zur Verfügung stellen. Aus der Analyse der Daten lassen sich vielfältige Optimierungsmaßnahmen ableiten, um industrielle Anlagen energieeffizienter, wartungsärmer und damit wirtschaftlicher zu betreiben.
Für eine präventive Wartung (Predictive Maintenance) lassen sich die Betriebswerte von Drehstrommotoren nutzen, um Veränderungen im Prozess, etwa bei Verletzung von Grenzwerten, schwergängigen Lagern oder verschlissenen Antriebskomponenten, aufzudecken. Hochwertige, innovative Sanftstarter und Frequenzumrichter bieten zusätzlich integrierte Spezialfunktionen wie beispielsweise die Detektion einer Verzopfung von Schmutzwasserpumpen. In diesem Fall wird das Schmutzaufkommen durch einen kurzen, automatisch angestoßenen Drehrichtungswechsel beseitigt. Was zuvor häufig zu einem Totalausfall führte, lässt sich damit nun wirkungsvoll verhindern.
Energiemanager nutzen die von modernen Startern und Frequenzumrichtern bereitgestellten Werte hingegen mit anderer Zielsetzung: Ob es um präzises Bewegen, Ver- oder Bearbeiten oder um effizientes Pumpen, Lüften und Verdichten geht – die jeweiligen Energieverbräuche lassen sich systematisch auswerten. Energiemanager, die etwa auf das Siemens-Portfolio der Produktfamilien Sinamics und Sirius setzen, können so besonders energieintensive Verbraucher identifizieren und auf einfache und smarte Weise ein modernes Lastmanagement betreiben.
Werden beispielsweise Stromspitzen bei der Entnahme aus dem öffentlichen Netz vermieden, lassen sich hohe Kosten einsparen – bei minimalem Aufwand. Die Einbindung in die Automatisierung erfolgt durch integrierte, für eine cloudbasierte Analyse ausgelegte Kommunikationsschnittstellen.