Die Europäische Union hat für einen freien Warenverkehr im EU-Gebiet einen Satz an Richtlinien erlassen, der Mindestanforderungen an ein Produkt stellt. Deren Konformität wird durch die „CE“-Kennzeichnung bestätigt. Für die Elektromagnetische Verträglichkeit gilt die „EMV-Richtlinie für Geräte ohne Funkeigenschaften“ 2014/30/EU. Deutschland hat diese Norm 2016 mit dem „Gesetz über die elektromagnetische Verträglichkeit von Betriebsmitteln“ (EMVG) in nationales Recht umgesetzt. Der EMV-Experte Dr. Heinz Zenkner von Würth Elektronik hat dazu zwei Application Notes (ANP105 & ANP106) verfasst, die umfassend die „EMV-Konformität für CE von Elektro- und Elektronikprodukten“ beleuchten.
Wichtige Normen als Basis für das EMV-Gesetz
Die ANP105 gibt einen Überblick über die für die CE-Kennzeichnung relevanten Normen und wie sie anzuwenden sind. Ein Ablaufdiagramm am Ende verdeutlicht auf grafische Weise die Vorgehensweise zum Erlangen der CE-Konformität.
Die ANP106 spielt am Beispiel eines handelsüblichen Notebooks die zivilen EMV-Prüfungen durch und erläutert die Besonderheiten bei den Prüfvorgängen. Dabei zeigt sich, dass eine intensive Vorbereitung des Produkts sinnvoll ist, um die benötigten Monitoring-Funktionen und Betriebsmodi des Prüflings effektiv untersuchen zu können. Die Einhaltung der EMV-Anforderungen verringert Funktionseinschränkungen bei den Geräten im Feld und reduziert Geräteausfälle durch Störfestigkeitsprobleme.
Doch zurück zur ANP105. Ihr Umfang würde den Rahmen sprengen, so dass hier nur einzelne Aspekte herausgegriffen werden. Das EMV-Gesetz (EMVG) regelt sowohl die Bereitstellung als auch die Inbetriebnahme von Geräten („Betriebsmitteln“) auf dem Markt und betrachtet dabei im Wesentlichen zwei Aspekte:
Geräte, die elektromagnetische Störungen verursachen können und
Geräte, deren Betrieb von elektromagnetischen Störsignalen beeinträchtigt werden kann.
Funkschutz und Schutz gegen Störemission über Leitungen
Alle elektronischen Geräte, die sich in einer bestimmten, in entsprechenden Normen definierten Distanz von dem relevanten Produkt befinden, oder die über das Stromversorgungsnetz (oder in den Normen anderen beschriebenen Leitungen) angeschlossen sind, dürfen durch das Produkt in ihrer Funktion nicht beeinträchtigt werden. Dabei wird vorausgesetzt, dass das beeinflusste Gerät die nach dem EMVG geforderte Störfestigkeit gegen elektromagnetische Phänomene, das heißt Störungen aufweist. In den Anwendungsbereich des Gesetzes fallen sowohl Geräte als auch ortsfeste Anlagen.
Störfestigkeit gegen elektromagnetische Einflüsse
Auch unter dem Einfluss elektromagnetischer Störgrößen müssen die Produkte bestimmungsgerecht funktionieren. Die Verursachung kann dabei durch natürliche Erscheinungen oder andere elektronische Geräte entstehen. Bei dieser Schutzanforderung wird in entsprechenden Normen zwischen folgenden Phänomenen unterschieden: Störfestigkeit gegen:
elektromagnetische Felder
elektrostatische Entladungen
leitungsgebundene transiente Energien
hochfrequente leitungsgebundene Energie
kurzzeitige Netzunterbrechungen und Netzspannungsschwankungen
Je nach Produkt können noch andere, produktspezifische Emissions- und Störfestigkeitsanforderungen hinzukommen, die in entsprechenden Normen beschrieben sind. Alle Anforderungen haben das gemeinsame Ziel eine elektromagnetische Wechselwirkung zwischen Geräten zu vermeiden und Beeinträchtigungen in der Gerätefunktion abzuschätzen und zu begrenzen. Durch die grundlegenden Anforderungen an die Geräte kann selbstverständlich kein absoluter Schutz erreicht werden. Stand der Technik, physikalische Gegebenheiten und Wirtschaftlichkeit müssen berücksichtigt werden. Um jedoch das prinzipielle Verfahren der CE-Konformitätsprüfung für die zukünftige technische Entwicklung offen zu halten, beschreibt das EMV-Gesetz die Anforderungen nur grundlegend.
Das EMV-Gesetz definiert eine Reihe von Ausnahmen, auf die es nicht anzuwenden ist. Dazu zählen:
Betriebsmittel, die von der Richtlinie 2014/53/EU über Funkanlagen erfasst werden
luftfahrttechnische Erzeugnisse, Teile und Ausrüstungen
Funkgeräte, (Definition beachten)
Kraftfahrzeuge
Medizinprodukte
Schiffsausrüstung
Außerdem ist das EMVG nicht auf „unkritische“ Betriebsmittel anzuwenden, zum Beispiel Kabel, Batterien/Akkus ohne aktive Bauelemente, Kopfhörer; Lautsprecher ohne Verstärker, Stecker oder Steckdosen ohne zusätzliche Elektronik. Welche elektrischen Betriebsmittel in den Anwendungsbereich des EMV-Gesetzes fallen und welche nicht, schildert Dr. Zenkner detailliert im oben genannten Paper.
Welche EMV-Normen gelten und sind wichtig?
Die Prüfung der elektromagnetischen Eigenschaften ist komplex, die Produktvielfalt groß und trotzdem muss eine Vergleichbarkeit und Reproduzierbarkeit der Konformität gewährleistet sein. Somit ergibt sich ein Normenkonstrukt, das Mess- und Prüfverfahren, Grenzwerte, Prüfschärfegrade, Anwendungsbereiche und produktspezifische Anforderungen beschreibt. Dieses Normenkonstrukt umfasst Basisnormen (basic standards), Fachgrundnormen (generic standards) sowie Produktnormen (product standards). In Fachgrund- und in Produktnormen wird bezüglich der Prüfungen auf die entsprechenden Basisnormen verwiesen, damit nicht die umfangreichen Beschreibungen zum Aufbau und der Durchführung der Prüfungen wiedergegeben werden müssen. Nur die entsprechend notwendigen produktspezifischen Abweichungen werden in den Produktnormen erläutert.
EN 55035 – Störfestigkeit von Multimediageräten
Die Norm EN 55035, die die Anforderungen an die Störfestigkeit von Multimediageräten beschreibt, betrachtet Produkte schnittstellenorientiert. Allen Schnittstellen/Ports, zu denen auch das Gehäuse gehört, werden so Prüfverfahren zugeordnet.
EN 55032 – Störemission von Multimediageräten
Die spezifischen Anforderungen an die Störaussendung im Rahmen der elektromagnetischen Verträglichkeit von Multimediageräten und -einrichtungen sind in der Norm EN 55032 geregelt. Das Paper von Dr. Zenkner deckt darüber hinaus noch folgende wichtige Aspekte ab:
Wie muss ein Gerät geprüft werden (Betriebszustände und Konfigurationen)?
Wer ist für die CE-Kennzeichnung und Konformität verantwortlich?
Was ist bei der Konformitätserklärung zu beachten?
Das Ablaufdiagramm zur Durchführung der CE-Konformität zeigt strukturiert und im Schritt-für-Schritt-Verfahren den detaillierten Ablauf zur Erlangung der CE-Konformität eines Prüflings bezogen auf den Aspekt EMV.
EMV-Prüfungen am Beispiel Notebook
Gerüstet mit dem Wissen über die relevanten Normen und wie sie anzuwenden sind, bietet es sich an, in einem zweiten Schritt die Anwendung in der Praxis durchzuspielen. Genau dies geschieht in der Application Note ANP106 am Beispiel eines handelsüblichen Notebooks, indem die relevanten EMV-Prüfungen erläutert werden und ihre Durchführung geschildert wird. Die ANP106 umfasst:
EMV-Prüfungen – Herangehensweise und Überblick
Beschreibung des Prüflings am Beispiel eines Notebook-Computers
Störaussendungsprüfung nach CISPR 32
Störfestigkeitsprüfung nach DIN EN 55035: gegen ESD, elektromagnetische Felder, schnelle Transienten, Stoßspannungen, leitungsgeführte Störgrößen
Die EMV-Kammer (oben) vermittelt einen Eindruck von den EMV-Prüfungen. Wenn Sie weitere detaillierte Inhalte über die ANP106 nachlesen wollen, so erhalten Sie weiterführende Informationen hier.