„Damit die Vision von Industrie 4.0 – eine Produktion, die sich adaptiv auf veränderliche Erfordernisse einstellt und so eine Massenfertigung von Individualprodukten ermöglicht – wahr werden kann, muss die Logistik innerhalb von Produktionswerken ebenfalls in die Gesamtautomation mit einbezogen werden“, erklärt Andreas Melkus, Eigentümer und Geschäftsführer der Melkus Mechatronic GmbH. Das österreichische Unternehmen ist spezialisiert auf den intralogistischen Materialtransport mit fahrerlosen Transportfahrzeugen (FTF) - ob auf Europaletten oder in Euroboxen.
FTFs im Modulsystem
Die FTF-Flotte von Melkus Mechatronic umfasst mittlerweile 4 Fahrzeugtypen: einen wendigen „Transport-Würfel“ Agumos Q40 zum Transport von Kleinteilen und Euroboxen im Format 40 x 60 cm und Nutzlasten bis zu 60 kg, einen Plattformwagen zum Unterfahren und Anheben von Transport-Gestellen und einer Nutzlast von 1.000 kg. Für den Transport von Europaletten bietet Melkus Mechatronic den G120 und den erst kürzlich präsentierten G120 SE – beide mit 1000 kg Nutzlast. Der G120 SE ermöglicht mit dem erweiterten Hubbereich bis 130 mm eine direkte Übergabe an andere Fördereinrichtungen. Alle Fahrzeuge basieren auf einem standardisierten mechatronischen Modulsystem von Steuerungs- und Antriebseinheiten, das in enger Kooperation zwischen Melkus Mechatronic und Sigmatek entwickelt wurde. Durch den modularen Aufbau lassen sich neue Fahrzeugvarianten beziehungsweise -typen schnell realisieren und die Kosten optimieren. Daraus resultieren attraktive Preise.
Hightech-Steuerung
In den FTFs von Melkus Mechtatronic steckt sehr viel Eigenintelligenz und Hightech. Das komplette Steuerungssystem kommt vom Salzburger Automatisierungstechnikhersteller Sigmatek. „Ohne die disziplinübergreifende Kompetenz des Gesamtlösungsanbieters wäre eine derart komplexe Neuentwicklung, die neben Steuerungs-, Sicherheits-, Antriebstechnik auch Kameratechnik und Kommunikation über WLAN inkludiert, nicht zu schaffen gewesen,“ ist Andreas Melkus überzeugt. Die Automatisierungslösung basiert auf der kompakten S-DIAS-Serie von Sigmatek mit Modulmaßen von 12,5 x 104 x 72 mm. Um die mechatronischen Komponenten für die Agumos-Fahrzeuge umsetzen zu können, wurde das Layout der Elektronik speziell an die Mechanik angepasst. Auf der Steuerungsplatine der Fahrzeuge befindet sich neben einem WLAN-Modul zur Kommunikation mit dem übergeordneten Leitsystem auch die Safety-CPU zur Überwachung der Fahrzeugsicherheit.
Die bis zu 8 Antriebsachsen ermöglichen eine freie Bewegung des FTF auf engstem Raum und in alle Richtungen. „Da wir auf den breiten Technologie-Baukasten zugreifen konnten, war es naheliegend, in der Antriebstechnik durchgehend auf hochauflösende Servo-Antriebe zu setzen. Unsere FTFs verfügen über sehr innovative Antriebseinheiten“, erklärt Andreas Melkus. „Da die Antriebsräder über eine CNC-Bahnsteuerung angetrieben werden, ist dem Fahrzeug während der Drehung seine Ausrichtung immer bekannt. Für die Bewegungssteuerung konnte Melkus Mechatronic auf die CNC-Bibliotheken der Entwicklungsumgebung LASAL von Sigmatek zurückgreifen.
Flexible Navigation
In puncto Navigation ist der Anwender sehr flexibel. Neben der optischen Spurführung sind magnetische Leitlinien oder das freie Navigieren mit Laserscanner möglich. So lassen sich die Fahrzeuge, die mit einer Geschwindigkeit von bis zu 1 m/s unterwegs sind, auch einfach in eine bestehende Logistikinfrastruktur integrieren. Eine weitere Raffinesse ist die manuelle Steuerung der Fahrzeuge. Melkus Mechatronic bietet dafür eine Funkfernbedienung mit einem 3,5 Zoll Touchscreen und Gestensteuerung für die Richtungsanwahl. Der integrierte Geschwindigkeitstaster dient gleichzeitig – bei vollständiger Betätigung – als Not-Halt-Taster (TÜV zertifiziert). Die Personensicherheit im Mischbetrieb von Menschen und Flurfördermittel wird mit einem Laserscanner realisiert. Bei der Energieversorgung setzt Melkus Mechatronic auf LiFePo4 Akkus, die je nach Fahrzeug und Beladung eine Betriebszeit von bis zu acht Stunden ohne Nachladen ermöglichen. Mit dem von Sigmatek entwickelten Batteriemanagementsystem lassen sich die Kapazitäten der Akkus bestmöglich nutzen und Tiefentladungen oder -überladungen verhindern.
Flottenmanager
Eine Kopfstation bestehend aus Standard-Steuerungskomponenten wie CPU, I/Os und Sicherheitssteuerung von Sigmatek dient als übergreifender Flottenmanager. Sie überwacht die einzelnen Fahrzeuge (zum Beispiel Akku-Stand, Position, Geschwindigkeit) und übersetzt die Fahraufträge aus dem Logistik-System in kollisionsfreie Bewegungsbefehle. Zudem bietet das System eine sichere Not-Halt-Funktion über WLAN, die im Notfall alle oder einzelne Fahrzeuggruppen sicher zum halten bringt. Die Kopfstation kommuniziert über Ethernet mit den übergeordneten CPU- beziehungsweise Leitsystemen. Produkte und Materialien können mit Agumos-FTFs hochflexibel durch Lager und Produktion geführt werden, sodass sich die Durchlaufzeiten erheblich verkürzen lassen und die Bereitstellung „just in time“ am richtigen Ort erfolgt – ganz Industrie-4.0-gerecht.