Computerunterstützte Strömungssimulation hat man für die Elektronik im Automobil, in Verbindung mit der Simulation der Temperaturwege, erstmals in den 90-ern praktisch angewendet. Erste Simulationen wurden für Motorsteuergeräte und Pumpenelektronik durchgeführt. Für diese Analyse des Temperaturverhaltens der Elektronikbaugruppen und die Suche nach neuen Kühlmöglichkeiten gab es spezielle CFD-Simulationswerkzeuge auf dem Markt.
Branchenspezifische Simulationstools wie 6SigmaET, die speziell auf die Aufgabenstellungen im Bereich Elektronikkühlung ausgelegt sind, bieten eine vollwertige 3D-Simulation der Luftströmung in einem virtuellen Messraum und unterscheiden durch lokale Turbulenzbetrachtung zwischen turbulenter und laminarer Strömung. Diese Unterscheidung ist sehr wichtig, da der Energietransport via Konvektion hierdurch maßgeblich bestimmt wird. Durch die lokale Betrachtung der Turbulenz, der Strömungsgeschwindigkeiten und der Temperaturdifferenzen wird an jeder Stelle, wo ein Körper an die Luft angrenzt, ein lokaler Wärmeübergangskoeffizient berechnet und für den Wärmetransport angewendet. Des Weiteren beinhalten solche Simulationswerkzeuge auch die Berechnung des Energieaustausches via Wärmestrahlung. Zum einen im infraroten Spektrum, um erwärmte Oberflächen mit kühleren Körpern Wärme austauschen zu lassen; zum anderen im sichtbaren Bereich, um die Aufwärmung durch die Sonneneinstrahlung am Fahrzeug zu erfassen.
HiFi und Leistungselektronik entwärmen
Im Fahrzeugbau gibt es verschiedene Aufgabenstellungen für Elektronikkühlung. So werden im Entwicklungsprozess zum Beispiel HiFi-Systeme, meist zentral eingebaute Multifunktionsgeräte mit großem Bildschirm und externem Verstärker, thermisch betrachtet. Je nach Hersteller und Fahrzeug sind diese Multifunktionseinheiten teilweise mit, teilweise ohne Lüfter gekühlt. Für die virtuelle Betrachtung einer forcierten Kühlung bieten branchenspezifische Simulationstools umfangreiche Bibliotheken der Lüfterhersteller sowie die Möglichkeit, einen Lüfter leicht in seiner Geometrie und seiner physikalischen Eigenschaft zu beschreiben. Die Lüfterkurve lässt sich über einen Graphen und eine Tabelle darstellen. Der Drall eines Axiallüfters wird anhand der Strömungsgeschwindigkeit berücksichtigt, selbst der Einfluss der Umdrehungszahl und die automatische Anpassung der Lüfterkurve werden über Automatismen sauber kalkuliert. Nach einer Simulation erhält man im Ergebnis den Arbeitspunkt des Lüfters aufgrund des Druckwiderstands des Gerätes und somit auch den realistischen Volumenstrom.
Leistungselektronik: Viele verschiedene Steuereinheiten werden mit höheren Stromleistungen betrieben. Einige Ampere laufen dabei über Stanzgitter oder dicke Kupferbahnen in die Leiterplatinen. Hier erwärmen nicht nur die Leistungsbausteine wie Shunts und MOSFETs die Elektronikbaugruppe, auch die stromdurchflossenen Leiter tragen zur Erwärmung bei. Abhängig vom elektrischen Leitwert des Leitermaterials, des durchflossenen Querschnittes und der Länge des Weges erwärmen sich die Leiterzüge.
Um dies in einer Simulationssoftware sauber abbilden und optimieren zu können, bieten branchenspezifische CFD-Tools die Möglichkeit, das gesamte Layout der Leiterbahnen pro Signallayer via Gerber-Daten einzulesen und für Optimierungsläufe zu verändern. Eine elektrische Eingangsbedingung ist relativ einfach einer Leiterstruktur einzuprägen. In Wechselwirkung mit dem Temperaturtransport via Konvektion und Wärmestrahlung in einem Gerät inklusive Gehäuse und Einbauraum lassen sich so auch Ergebnisse auf 1 Kelvin Toleranz zur späteren Messung erzeugen.
Aufgrund der Branchenorientierung der Software erhält man auch sehr gute Unterstützung in der Ausbildung, und es gibt eine Hotline zu Themen wie „Erstellung von Ersatzkomponenten für die Simulation“ und „Erlaubte Vereinfachungen der Leiterplatine“. Dies können Lieferanten allgemeiner Strömungstools meist nicht bieten.
Kühlung von Licht- und Mobilfunktechnik
Aufgrund der Eigenschaft der LEDs, auf sehr kleiner Fläche eine sehr hohe Wärme zu erzeugen, werden solche LED-Einheiten meist über die Platine an ein Gehäuse oder Kühlkörper entwärmt.
Um dies so effizient wie möglich zu gestalten, ist es unerlässlich, dass thermische Vias, Mikrovias und buried Vias mit Bohrung, Platingdicke, Platingmaterial und eventuell Füllmaterial sauber definiert werden können. Auch ist es wichtig, das korrekte Layout vor allem in der ersten Signallage sauber wiederzugeben. Hierzu können dem Signallayer statt den 3D-Daten der Gerberfiles Grafikdateien wie jpg oder png aufgeprägt werden. Vorteil: eine schnellere, grob aufgelöste Vernetzung und somit ein schnellerer Berechnungsdurchlauf gegenüber Gerber-Daten. Das Layout wird in lokale Zellen unterteilt, die sich mit 0 bis 100 Prozent Kupfer beschreiben. Somit muss man keine 3D-Geometrie der Leiterstruktur fein vernetzen.
Mobilfunktechnik: Um eine möglichst störungs- und verlustfreie Signalverarbeitung zu gewährleisten, sollte der Weg von der Außenantenne zur verarbeitenden Elektronik möglichst klein sein. Hier steht der wenig attraktive Einbauraum in der Decke zwischen Gewebeinnendecke und Stahldach eines Autos zur Verfügung. Worst-Case-Szenarien eines schwarzen Fahrzeugs in der Mittagshitze des Death Valley zeigen Einbautemperaturen von über 100 °C. Solche Einbaubereiche lassen sich virtuell in einem branchenspezifischen Simulationstool leicht nachbilden. Man übernimmt die gewölbte Dachform des Fahrzeugs und der inneren Gewebedecke, definiert den richtigen Reflexionsgrad der entsprechenden Fahrzeugfarbe und definiert den Sonnenstand und die Sonnenleistung über Längen-/Breitengrad des Ortes und den Tag/die Uhrzeit des Simulationszeitpunktes. Die Software kalkuliert automatisch die richtige Sonnenleistung in W/m2 und den Winkel, unter welchem die Sonne die Dachfläche bestrahlt. Die Beschreibung der Flächen des Prüflings durch den Emmissivitätsfaktor regelt den Wärmeaustausch im infraroten Spektrum. Auch hier ist wieder von Vorteil, dass man all diese Energiewege (inklusive Wärmeleitung in Feststoffen) und die Konvektion gekoppelt simulieren und somit eine sehr realistische Vorhersage der Temperaturen erzeugen kann.
Steuereinheiten über Anschraubpunkte kühlen
Eine weitere Aufgabenstellung, bei der komplizierte große CFD-Werkzeuge oft den zeitlichen Rahmen in der Modellierung, dem Vernetzen und dem Berechnen sprengen, sind kleine detaillierte Geräte, die man in einer relativ großen, komplex geformten Umgebung thermisch betrachten will. Zum Beispiel ein voll detailliertes Steuergerät mit detailliertem Layout, komplexer Gehäuseform und Anschraubpunkten für die schräg im Raum liegende Montage in der A-Säule.
Diese A-Säule wird durch verschiedene genietete Blechteile und ausgeschäumten Hohlräumen in CAD definiert und 1:1 so als Einbauraum in die Simulation übernommen. Hier kommt es auf eine saubere Übernahme der CAD-Daten an, kombiniert mit der Möglichkeit der detaillierten Elektronikabbildung und der automatischen Vernetzung des komplexen Gebildes. Auch sind überschaubare Rechenzeiten trotz der komplexen Aufgabenstellung ein Muss.
Viele Teile dieser Aufgabenstellung sind auch mit allgemeinen CFD-Simulationswerkzeugen berechenbar. Doch ist ein CFD-Tool auf ein spezielles Gebiet ausgerichtet, wie hier die Elektronikkühlung, ermöglicht das die Fokussierung des Solvers auf typische Temperatur-, Druck- und Geschwindigkeitsbereiche – das hält den Solver effizient, stabil und schnell.
Die elektronikbezogene Menüführung für das Modellieren von Leiterplatten, Elektronikkomponenten, Bestromung, Lüfterkennlinien und vielen anderen Elektronikteilen hilft dem Anwender, sich leicht in diesem Bereich zurechtzufinden. Die gekoppelte Betrachtung aller Wärmewege in einem vollständigen Modell erzeugt sehr realitätsnahe Aussagen in sehr kurzer Zeit.