Mit der fortschreitenden Digitalisierung in der Prozessindustrie steigen die Datenmengen, die durch intelligente Sensoren und Aktoren zur Verfügung gestellt werden. Lange fehlte jedoch ein Kommunikationsstandard, um diese Daten schnell und über mehrere Ebenen der Automatisierungsstruktur zu übermitteln. Für den Einsatz in prozesstechnischen Anlagen müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden, wie zum Beispiel die Anbindung von Feldgeräten über lange Distanzen und die Einhaltung des Explosionsschutzes.
Entsprechend dieser Anforderungen haben Organisationen und Unternehmen aus der Prozessindustrie den Ethernet Advanced Physical Layer (Ethernet-APL) entwickelt. Diese neue Kommunikationstechnologie basiert auf dem Ethernet-Standard 10BASE-T1L, welcher eine maximale Kabellänge von 1.000 m und eine Übertragungsrate von 10 MBit/s erlaubt. Energie und Daten werden mit Ethernet-APL über dasselbe Adernpaar (Single Pair Ethernet) übertragen. Grenzwerte für die Energieversorgung in allen Zonen des explosionsgefährdeten Bereichs werden durch die IEC-Spezifikation 60079-47 (2-WISE) festgelegt. Um die Installation zu vereinfachen und die Konnektivität der eingesetzten Geräte zu verbessern, hat die Projektgruppe zusätzlich in der technischen Spezifikation TS10186 Port-Profile definiert: Ein Port-Profil umfasst neben Informationen zur Anschluss- und Segmentklasse auch die Ex-Zulassung des jeweiligen Geräteanschlusses.
Die Vision auf dem Weg in die Praxis
Die Vision des Ethernet-APL-Konzepts ist es, die gesamte Kommunikation in prozesstechnischen Anlagen – von der Feldebene bis in übergerodnete Leitsysteme – Ethernet-basiert umzusetzen. Dabei geht es nicht nur um die reinen Prozessdaten, sondern insbesondere auch um Statusinformationen des Feldgeräts. Die im Vergleich zu Feldbussystemen gestiegene Übertragungsrate erlaubt darüber hinaus auch das Verwenden von Webservern für die Parametrierung oder den Download von Datenblättern oder Zertifikaten direkt vom Feldgerät.
Die Anwender stehen bei der Realisierung einigen Herausforderungen gegenüber: Um die genannten Vorteile schon jetzt flächendeckend nutzen zu können, sind APL-fähige Feldgeräte notwendig. Aufgrund der noch jungen Technologie bietet der Markt bisher jedoch kein breites Portfolio. In bestehenden Anlagen mangelt es zudem an Platz für die Installation zusätzlicher Infrastrukturkomponenten. Die Verwendung der Ethernet-basierten Kommunikationstechnologie bis in die Feldebene erfordert darüber hinaus neue Funktionen und Richtlinien im Kontext der IT- und OT-Security.
Wie können Anwender Ethernet-APL schon jetzt in ihre Anlagen integrieren und von den vielfältigen Vorteilen profitieren? Eine Lösung ist die Kombination der neuen Technologie mit bewährten Standards wie dem HART-Protokoll. So können bestehende Anlagen sukzessive mit neuen APL-Geräten „digitalisiert“ und die Barrieren für einen vollständigen Umstieg reduziert werden.
Ins modulare I/O-Klemmensystem integrierbar
Genau aus diesem Grund hat Beckhoff die Ethernet-APL-Technologie bereits in das modulare Klemmenportfolio integriert: Die EtherCAT-Klemme ELX6233 bietet ein 2-Kanal-Kommunikations-Interface für Ethernet-APL. Entgegen dem typischen Field-Switch-Konzept wird so eine Alternative für die Einbindung von APL-Feldgeräten geschaffen. Durch das modulare System kann der Anwender genau die benötigte Anzahl an Ethernet-APL-Kanälen im Schaltschrank installieren, sodass wertvoller Platz gespart wird und die Applikation sich flexibel erweitern lässt.
Die Skalierbarkeit der ELX6233 erlaubt sowohl für kleine Test-Setups als auch bei großen prozesstechnischen Anlagen effiziente Lösungen zur Einbindung von Ethernet-APL-Feldgeräten. Als Teil des EtherCAT-Klemmensystems lässt sich die ELX6233 mit anderen digitalen und analogen I/Os kombinieren, sodass neben Ethernet-APL auch elektrische Standardsignale oder Kommunikationsprotokolle eingebunden werden können. Insbesondere die direkte Anbindung an Embedded-PCs der CX-Serie bietet darüber hinaus viele Vorteile: So können zum Beispiel Gateway-Applikationen die Daten aus dem Feld verarbeiten und gefiltert weitergeben. Die ELX6233 kann wie viele der EtherCAT-Klemmen aus dem Beckhoff-Portfolio in Zone 2 des explosionsgefährdeten Bereichs montiert werden und erlaubt den Anschluss von Ethernet-APL-Feldgeräten aus Zone 0. Die Schnittstellen entsprechen den Vorgaben der IEC 60079-47 und folgen dem Port-Profil SPAA.
Security-Vorteile und schnelle Umsetzbarkeit
Ethernet-APL führt wie erwähnt auch zu weiteren Herausforderungen im Bezug auf die IT- und OT-Security. Anders als in vielen Profinet-Architekturen befindet sich der Controller direkt in der EtherCAT-Klemme und nicht in der übergeordneten Steuerung. Die Sicherheit der Daten ist durch das Trennen der einzelnen Ports und Protokolle deutlich höher als bei klassischen geswitchten Netzwerken. Außerdem kann die Performance in Bezug auf Zykluszeiten deutlich erhöht werden, da EtherCAT im Vergleich zu anderen Feldbussen eine kompaktere Datengröße des Prozessabbilds ermöglicht. Ethernet-APL eröffnet dem Anwender viele Möglichkeiten. Für eine zeitnahe Integration der neuen Technologie ist die Kombination mit bestehenden Installationen entscheidend. Die EtherCAT-Klemme ELX6233 bietet dabei dem Anwender die notwendige Flexibilität, Modularität, Erweiterbarkeit und Sicherheit.