Mit Ethernet-APL ist erstmalig der durchgängige Ethernet-Zugang bis zum Feldgerät in explosionsgefährdeten Bereichen bis in die Zone 0 möglich. Ethernet-APL basiert auf dem international standardisierten 2-Draht-Ethernet 10BASE-T1L nach IEEE mit Erweiterungen für den Einsatz in der Prozessautomatisierung, wie unter anderem Explosionsschutz durch Eigensicherheit. Eine durchgängige Ethernet-Infrastruktur bietet für die Planung, Inbetriebnahme und die Fehlersuche viele Vorteile. Änderungen und Modifikationen, aber auch neue Konzepte wie die Namur Open Architecture (NOA) oder den Open Process Automation Standard (O-PAS), sind deutlich schneller und flexibler umzusetzen als bei den heutigen meist inhomogenen Installationen.
Field Switches als zentrale Komponente
Die Planung und Installation von Ethernet-APL-Segmenten ist nicht komplizierter als beispielsweise eine klassische Feldbusinstallation. Damit Planer, Integratoren und Installateure von Anfang unterstützt werden, wurde zeitgleich mit den technischen Spezifikationen ein Engineering Guide erstellt, der neben Planungs- und Verkabelungsaspekten auch den Explosionsschutz abdeckt.
Zum Aufbau eines Ethernet-APL-Netzwerkes und zur Einbindung der Feldgeräte werden Ethernet-APL Field Switches benötigt. Ein Field Switch ist zunächst nichts anderes als ein Switch, wie er bei jeder Ethernet-Installation gebraucht wird. Neben der Verteilung und Kopplung der Datenströme übernimmt dieser bei Ethernet-APL aber noch zusätzliche Aufgaben. Er versorgt die an ihm angeschlossenen Feldgeräte mit eigensicherer Hilfsenergie. Dies geschieht über die sogenannten „Spurs“ (Stichleitungen). Diese sind in ihrer Länge jeweils auf 200 m limitiert – damit ist der Installationsbereich der Feldgeräte am Field Switch zunächst begrenzt. Je nach Anbieter lassen sich diese Field Switches in der Warte, in der Zone 2 aber auch in der Zone 1 installieren, sodass die Entfernung Field Switch zu Feldgeräten deutlich verkürzt werden kann.
Um die Installation zu vereinfachen und die Anzahl der Varianten zu begrenzen, wurde eine Port-Klassifizierung eingeführt. Es gibt derzeit zwei Power-Klassen: Typ A hat eine Leistung von 0,54 W, ist eigensicher nach „ia“ und damit für Zone-0- und Zone-1-Feldgeräte geeignet. Beim Typ C mit einer Leistung von 1,11 W wird Eigensicherheit „ic“ unterstützt und ist für Zone-2-Feldgeräte spezifiziert. Ein Typ B mit 1,17 W und Eigensicherheit „ia“ ist noch in Planung, um mehr Energie in der Zone 0 und 1 zur Verfügung zu stellen.
Mit Ethernet-APL wird Eigensicherheit ganz einfach
Während der Einstieg in die Netzwerktechnik für den ein oder anderen Anwender eine Herausforderung darstellt, wird der erforderliche Eigensicherheits-Nachweis bei Ethernet-APL wesentlich einfacher als bei konventionellen Installationen. Bei Ethernet handelt es sich grundsätzlich um Punkt-zu-Punkt- oder Port-zu-Port Verbindungen. Das gilt auch für Ethernet-APL. Eine Energiequelle ist mit genau einer Energiesenke über ein definiertes Kabel verbunden. Mit diesen Randbedingungen lässt sich ein allgemeiner Ex-i-Nachweis auf Basis der IEC 60079-25 „Eigensichere Systeme“ für alle zusammenschaltbaren Geräte durchführen.
Damit nicht jeder Anwender oder Planer diesen Nachweis jedes Mal selbst führen muss, hat die Ethernet-APL-Arbeitsgruppe zusammen mit der Dekra-Exam den Nachweis exemplarisch geführt. Darauf aufbauend wurde dann bei IECEx die IEC TS 60079-47 geschaffen: „Geräteschutz durch eigensicheres 2-Draht-Ethernet-Konzept (2-WISE = 2-Wire Intrinsically Safe Ethernet)“. Die Gerätehersteller können mittels dieser IEC TS ihre APL-Entwicklungen nach Atex und IECEx bescheinigen lassen. Für den Anwender und Planer gilt: Sind alle verwendeten Geräte nach 2-WISE bescheinigt, was sowohl in der EU-Baumusterprüfbescheinigung als auch auf dem Gerät selber gekennzeichnet ist, ist die Zusammenschaltung kompatibler Power-Klassen eigensicher. Allerdings muss nach wie vor geprüft werden, ob die Geräte auch für die erforderliche explosionsfähige Atmosphäre geeignet sind und die zusammenzuschaltenden Ports die richtige Zündschutzart aufweisen (ia, ib oder ic). Umfangreiche Berechnungen oder Kabeldimensionierungen sind nicht erforderlich. Dieser Ex-i-Nachweis nach 2-WISE muss im Explosionsschutzdokument entsprechend dokumentiert werden, was zum Beispiel über eine einfache tabellarische Übersicht möglich ist. Im nächsten Schritt müssen die Ethernet-APL Field Switches in das übergeordnete Netzwerk eingebunden werden.
Stern-Topologie vs. Trunk-Spur-Topologie
Grundsätzlich bietet Ethernet-APL zwei Installationsoptionen für Netzwerke. Zum einen kann Ethernet-APL in der für Ethernet üblichen Stern-Topologie aufgebaut werden. Das bedeutet die Field Switches sind direkt in einem 4-Draht-Ethernet wie beispielsweise 100BASE-TX angeschlossen. Sowohl Linien- als auch Ring-Topologien sind möglich. Ein Ethernet-Segment mit üblichen CAT-Kabeln darf hierbei maximal 100 m lang sein. Kommen Lichtwellenleiter zum Einsatz, was die meisten Field Switches optional unterstützen, können auch längere Entfernungen überbrückt werden. Voraussetzung für die Stern-Topologie ist, dass jeder Field Switch eine separate Energieversorgung erhält. Bei Field Switches mit Installation in der Zone 1 erfolgt der Anschluss des 4-Draht-Ethernet-Netzwerkes über bescheinigte Klemmen in der Zündschutzart erhöhte Sicherheit „eb“. In Zone 2 oder im sicheren Bereich sind auch die üblichen RJ45-Anschlüsse zulässig. Praktische Tests haben gezeigt, dass mit der Stern-Topologie bis zu 250 Feldgeräte pro Netzwerk problemlos an Leitsysteme angebunden werden können.
Alternativ lässt sich die aus der Feldbuswelt bekannte Trunk-Spur-Topologie verwenden. Der Netzwerkübergang vom 100BASE-TX oder 100BASE-FX-Netz erfolgt hier über einen Power Switch, der ebenfalls mit Hilfsenergie versorgt werden muss. Der Power Switch wandelt ein 4-Draht-Netzwerk in ein 2-Draht-Netzwerk um und speist das komplette unterlagerte Ethernet-APL-Netzwerk über die Trunk-Leitung. Die angeschlossenen Field Switches erhalten somit ihre Versorgung aus dem Trunk und versorgen wiederum die Feldgeräte mit eigensicherer Energie. In der Zone 1 wird auch wieder die erhöhte Sicherheit für den Anschluss verwendet. Der Trunk kann je Segment bis zu 1.000 m Länge aufweisen. Auf Grund der Spannungsabfälle am Trunk können aber nur circa 50 bis 60 Feldgeräte je Netzwerk versorgt werden. Dies erfordert auch ein detailliertes Netzwerk-Engineering bei ausgedehnten Installationen. Damit ist diese Topologie immer ein Kompromiss zwischen Entfernung und der Anzahl der Feldgeräte.
Ein weiterer Vorteil von Ethernet-APL ist, dass die in Feldbus-Installationen verlegten Typ-A-Kabel (IEC 61158-2) weiterverwendet werden können. Diese Feldbus-Typ-A-Kabel entsprechen exakt den Anforderungen von Ethernet-APL in Bezug auf Schirmung, Leitungslängen, Querschnitte und natürlich dem „2-WISE“-Explosionsschutz. Sie sind damit die erste Empfehlung. Alternativ sind auch weniger hochwertige Kabel einsetzbar. Hierzu bietet der Ethernet-APL Engineering Guide weitere Unterstützung. Bei den Anschlussarten verlässt man sich auf Bewährtes: Schraub- oder Zugfeder-Klemmen.
Mit Ethernet-APL wurde eine Lösung geschaffen, die in Bezug auf Planung, Installation und Explosionsschutz vieles vereinfacht. Insbesondere die Ethernet-APL Field Switches mit ihren umfangreichen integrierten Diagnosefunktionen unterstützen bei der Netzwerküberwachung im Betrieb. Hinzu kommen ganz neue Möglichkeiten für die Digitalisierung von Prozessanlagen. Auch wenn diese Anlagen sicher komplexer sind, müssen sie mit Ethernet-APL nicht komplizierter werden.