In den 1990er Jahren sind Energiekosten relativ gleichmäßig gestiegen. Sie waren damit weiter planbar und haben die Wettbewerbssituation nur gering beeinflusst. Das änderte sich im Jahr 2000, als nicht nur die Preise sprunghaft anstiegen, sondern auch deren Volatilität. Damit bedrohten Energiekosten den Gewinn und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Gerade bei Investitionen spielen mittlerweile auch die zukünftige Versorgungssicherheit und das Preisniveau von Energie eine entscheidende Rolle.
Die Protagonisten
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, wie entscheidend die Kosten als treibende Kraft hinter Investitionen in Energiemanagementsysteme sind. Die deutsche Chemieindustrie nahm sich schon in den 1990er Jahren des Themas an und gilt mittlerweile als Vorreiter. Auch wenn der Verband der Chemischen Industrie momentan öffentlich die Energiepolitik der Bundesregierung als Standortnachteil geißelt, investieren Firmen wie Clariant schon lange in Energieeffizienz. Die deutsche chemische Industrie hat so ihren Energieverbrauch von 1990 bis 2008 um 18 Prozent verringert und das bei einer Produktionssteigerung um 58 Prozent.
In der Automobilbranche liegt der Energiekostenanteil nur bei rund einem Prozent der variablen Kosten, der Kauf von Materialien macht hier den Löwenanteil aus. Doch durch den hohen Wettbewerbsdruck und steigende Kosten ist die Branche längst aktiv. Green Carbody (VW & Fraunhofer) oder die Blue Factory (VW) sind zwei Beispiele für ressourcenschonende Ansätze. Mittlerweile sind auch Automatisierer stärker eingebunden. Profienergy, ein Profil für das Energie-Management in den Produktionsanlagen, lässt sich auf Untersuchungen über den Verbrauch bei Stillstandzeiten bei Daimler und VW zurückführen, der bei 20 Prozent der Vollauslastung liegt und sich mit der Zeit auf rund 50 Prozent des Energieverbrauchs addiert.
Seit einigen Jahren bieten auch Automatisierer Energiemanagementprodukte an. Phoenix Contact beliefert insbesondere Maschinenbauer und bietet von Stromzählern und Leckagekontrolle bis zum in die Steuerung integrierten Energiemanagement ein breites Portfolio. Firmen wie Siemens, Schneider Electric oder Rockwell Automation gehen ein Stück weiter und bieten neben effizienter Antriebstechnik auch Energiemanagement-Software auf MES-Ebene an. Die schließt auch die Verbesserung des gesamten Produktionsprozesses inklusive des Energieverbrauchs und der Energieverbrauchsplanung mit ein. Zudem haben sich Firmen wie Aspentech auf die Modellierung von Prozessen und deren energetischer Verbesserung spezialisiert. Auch immer mehr neue Anbieter spielen eine Rolle beim Thema Energiemanagement. Ein Beispiel ist die Firma Panoramic Power, die minimalinvasive Sensoren und Cloud Based Analytics anbietet.
Weltweite Gesetzgeber
Weitere Protagonisten sind die weltweiten Gesetzgeber. Deutschland befreit zum einen Unternehmen von der EEG Umlage, wenn deren Energiekosten bei mehr als 14 Prozent der Bruttowertschöpfung liegen, und fördert zudem den Einsatz von Energiemanagementsystemen nach ISO 50001 mit bis zu 20 000 Euro. Zudem wird die Motorenrichtlinie der EU in 2015 die Energieeffizienz erhöhen. In den USA ist die Gesetzgebung vergleichsweise schwach. Zwar dürfen seit 2001 nur noch Nema-Premium-Motoren eingesetzt werden, doch weitere Bemühungen sind nicht in Sicht.
In Japan hat nach Fukushima ein Umdenken eingesetzt, das sich nicht nur auf den Effizienzgedanken alleine bezieht, sondern auch auf die Verfügbarkeit von Strom in der Zukunft. In China, wo die Strompreise nur halb so hoch sind wie in Deutschland, spielt der Effizienzgedanke trotz hoher Umweltschäden eine untergeordnete Rolle. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass Regierungen weltweit im Zweifelsfall die Wettbewerbsfähigkeit ihrer Länder nicht gefährden werden.
Herausforderungen
Die größte Herausforderung beim Energiemanagement bleiben weiterhin die Bestandsanlagen. Während bei Neuanlagen Energieeffizienz und -management meist fester Teil der Planung sind, stellen Bestandsanlagen ein großes Problem da. Die Installation der Messgeräte ist oft die schwierigste Hürde, denn unter Umständen muss in den Prozess eingegriffen werden, was im laufenden Betrieb oft unmöglich ist.
Bestehende Energiemanagement-Systeme in den Anlagen sind oft nur Insellösungen und untereinander wenig kompatibel, so dass offene Schnittstellen ein Muss sind. Die unterschiedlichen verwendeten Busse erschweren das Problem weiter. Wenn dann noch die Gebäudeautomatisierung mit integriert werden soll, ist das Chaos perfekt. Um diesen ersten Schritt zu vereinfachen müssen Sensoren bei Bestandsanlagen minimalinvasiv sein. Das heißt, sie sollten den Prozess selbst kaum stören. Oft werden dann Industrie-PCs für das Energiemanagement parallel zur eigentlichen Steuerung installiert. Das erschwert in gewisser Hinsicht das aktive Energiemanagement, liefert dafür aber schnell erste Daten und erleichtert die Identifikation der größten Verbraucher und Verschwender.
Wo steht die Industrie?
Die ARC Advisory Group führte Anfang 2014 eine Umfrage zum Thema Energiemanagement durch. Die Umfrage richtete sich an Anbieter und Anwender von Automatisierungstechnik und die Ergebnisse sind auf globalem Level repräsentativ. Was die Technik betrifft, zeigt die Umfrage, dass allein die Messung noch große Einsparpotenziale bringen kann, aber auch eine effizientere Antriebstechnik wird als eine der großen Einsparmöglichkeiten angesehen. Zweigeteilt sind die Antworten dagegen bei MES Software. Während ein Teil der Teilnehmer dieser Technik ein großes Potenzial zuschreibt, sehen andere dort kaum Einsparmöglichkeiten. Diese Ambivalenz zeigt auch die unterschiedlichen Stufen auf denen sich die Firmen befinden. Während einige seit über 20 Jahren in Energieeffizienz und Energiemanagement investieren, stehen andere noch am Anfang. Ein kleiner Teil der befragten Firmen hat ein anlagenübergreifendes Energiemanagementkonzept oder -programm. Während ein Großteil noch einzelne Projekte in verschiedenen Anlagen hat. Noch immer haben knapp ein Drittel aller Firmen kein Energiemanagementsystem im Einsatz.