Frank Deburba Digital verdient heute kein Geld

Nach kaufmännischem Studium und Stationen im internationalen Maschinen-Handel und der Softwareindustrie gehört Frank Deburba seit 2004 zum Gründungsteam von Infront Consulting. Frank Deburba ist Mitgründer und Partner von Infront Consulting und seit 2018 auch Vice President bei KPS.

Bild: KPS
26.10.2023

In den letzten zehn Jahren haben Industrieunternehmen neben den Produktionsveränderungen durch Industrie 4.0. auch vielfältige digitale Initiativen gestaltet, um Produkte und die Kundenbeziehung digital zu verbessern. Die meisten dieser Initiativen haben jedoch nicht die gewünschten Effekte auf der Umsatz- und Kostenseite gezeigt. Quo vadis Digital?

Es scheint, als würde sich eine stufenweise Enttäuschung in der Digitalisierung breitmachen. Zunächst wurden disruptive Geschäftsmodelle gesucht – weit entfernt vom heutigen Kerngeschäft. Als dies nicht zum Erfolg führte, wurde im bestehenden Geschäftsmodell nach Optimierungen und Ergänzungen gesucht. Dabei haben viele Industrieunternehmen digitale Ergänzungen zum Produkt, zum Service und zur Kundenschnittstelle entwickelt. Doch auch diese sind in vielen Fällen deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben. Warum ist dies so und wie können die immensen Chancen der Digitalisierung doch noch gehoben werden? Aus meiner Erfahrung liegt die Lösung in der Kundenschnittstelle, wobei drei Schichten zu beachten sind.

Ein erster Blick richtet sich auf die Kundeninteraktion. Status sind mehrere Log-ins für Kunden, die nach den Silos der Unternehmen geschnitten wurden. Der nun oftmals geplante Single-Sign-On wird das Problem für die Kunden nicht lösen, sondern verdichten. Die Lösung liegt vielmehr in einer neu gedachten, kontinuierlichen Kundenbeziehung mit wertstiftender Integration in den prozessualen Alltag des Kunden – Standleitung statt Besuchsfrequenz.

Die zweite Schicht betrifft die Organisation – insbesondere spartenabhängige Ziele, die nicht an der Steigerung des Customer Lifetime Value, sondern an den Zielen der Einheit ausgerichtet sind. Diese sind teils konkurrierend und stehen dem Erfolg im Weg. Ein Lösungsweg ist ein neues Operating Model, welches die Sparten nicht infrage stellt, jedoch an gemeinsamen Lifetime-Value-Zielen und einem durchgehenden Mehrwert für die Kunden ausgerichtet ist. Getreu dem Motto: Miteinander statt nebeneinander.

Als dritte Schicht ist die IT zu erwähnen. Viele Unternehmen verfügen über eine monolithischen IT-Architektur, was Vorteile in der Stabilität und Kontinuität bringt. Sie ist jedoch mit den kurzen Release Zyklen einer digitalen Kundenschnittstelle überfordert, da diese dynamisch strukturiert ist. Die Lösungen sind in der IT unter Stichworten wie „Composable Architecture“ oder MACH (Microservices based, API-first, Cloud-native, Headless) bekannt. Diese müssen an einem gemeinsamen Zielbild aus Business und IT geplant und umgesetzt werden. 

In dem Wechsel auf eine kundenzentrierte, kontinuierliche und digital basierte Kundenschnittstelle liegt ein Gamechanger für Industrieunternehmen für weit überdurchschnittlich profitables Wachstum. Wir sprechen von einer Standleitung zum Kunden mit folgenden Werthebeln: weniger Kosten durch den Verkauf von digitalen Produkten und Services zu Grenzkosten Null, mehr Kunden durch frühzeitige und qualifizierte Ansprache in der Awareness-Phase sowie durch Marketing-Automatisierung sowie mehr Umsatz mit vorhandenen Kunden durch mehr Bestandsverkäufe, mehr Upselling und mehr Cross-Selling. Insgesamt habe ich mit meinem Team etwa 20 Werthebel identifiziert. Wichtig ist, dass der gesamte Customer Lifetime Value als zentrale Steuerungsgröße im Unternehmen aufgenommen wird. 

Bei den Chancen lohnt sich ein Blick über die Branchengrenzen hinaus – zu Unternehmen, die in der Transformation deutlich weiter sind: Seit zum Beispiel Adobe im Softwarebereich im Jahr 2013 auf eine kontinuierliche Kundenbeziehung (von Lizenzverkauf zu SaaS Modell) umgestellt hat, ist die EBIT-Marge um zehn Prozentpunkte gestiegen – bei einer Vervierfachung des Umsatzes. Erste gute und überprüfbare Ergebnisse gibt es auch in der Industrie. Was ist bei Ihnen möglich? 

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