Nach seiner vierwöchigen Reise wird das rund zwei Tonnen schwere Teleskop den zweiten Lagrange-Punkt (L2) umkreisen, der in 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt in entgegengesetzter Richtung zur Sonne liegt. L2 ist ein sogenannter Gleichgewichtspunkt des Sonne-Erde-Systems, der der Erde auf ihrer Bahn um die Sonne folgt. Deutschland ist der größte Beitragszahler im ESA-Wissenschaftsprogramm und trägt somit rund 21 Prozent zur Euclid-Mission bei.
Im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) ist die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR für die Koordinierung der ESA-Beiträge verantwortlich. Darüber hinaus fördert sie eines der beiden Instrumente des Teleskops inklusive Software für die Datenverarbeitung und einem Datenzentrum mit mehr als 60 Millionen Euro bis zum Betriebsende der auf sechs Jahre ausgelegten Mission über das Nationale Raumfahrtprogramm.
„Die europäische Mission Euclid wird den Astronomen dabei helfen, noch bislang ungelöste Rätsel in der Kosmologie zu entschlüsseln. Wie sein prominenter Namensgeber wird auch das europäische Weltraumteleskop die Geometrie des Universums nutzen, um Dunkle Materie und Dunkle Energie zu suchen. Diese Bestandteile machen zusammen 95 Prozent unseres Universums aus. Dennoch blieben uns ihre Geheimnisse bislang verborgen. Mit Euclid wird Europa gemeinsam mit unseren Partnern aus Kanada, Japan und den USA dazu beitragen, Licht ins Dunkel des Universums zu bringen“, betont Dr. Walther Pelzer, DLR-Vorstand und Leiter der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR.
Dunkle Materie und Dunkle Energie – zwei große Unbekannte
Die ESA-Mission Planck bestätigte, dass wir in einem flachen – auch bekannt als Euklidischen – Universum leben, das genau auf der Trennlinie zwischen ewiger Ausdehnung und Zusammenbruch liegt. Dieses Phänomen ist von der Dichte der gesamten Materie im Universum abhängig. Aber die gesamte sichtbare Materie im Universum – und zwar vor allem Galaxienhaufen und Sterne – macht nur fünf Prozent der Masse aus, die für ein flaches Universum erforderlich ist.
In der Gleichung des Universums musste also etwas Unbekanntes existieren, dass neben der sichtbaren Materie im Dunklen liegt – etwas, dass nicht mit dem Licht in Wechselwirkung tritt. Diese Materie wurde von den Astronomen als „Dunkle Materie“ bezeichnet.
Edwin Hubble beobachtete 1929, dass die Galaxien von uns weg driften und die weiter abgelegenen Galaxien sich schneller als nahe gelegene Galaxien entfernen. Diese Beobachtung lieferte den Hinweis darauf, dass sich das Universum ausdehnt. Im Jahr 1998 entdeckten dann die späteren Nobelpreiseträger Saul Perlmutter, Brian Schmidt und Adam Riess, dass diese Expansion des Universums möglicherweise in den letzten zehn Milliarden Jahren sogar wieder beschleunigt ist.
Diese Entdeckung hat enorme Auswirkungen auf die Kosmologie, denn um diese Beschleunigung zu erklären, fehlte eine weitere Unbekannte in der Gleichung des Universums. Es muss ein negativer Druck existieren, der das Universum auseinanderschiebt: Die Astronomen haben diese Unbekannte „Dunkle Energie“ genannt.
NISP und VIS – mit zwei Instrumenten den Unbekannten auf der Spur
„Euclid wird zehn Milliarden Jahre in die kosmische Vergangenheit zurückblicken und die Geometrie und das Wachstum des Universums untersuchen. Darin bildet das Weltraumteleskop die Verteilung der Dunklen Materie über den größten Teil des Himmels in drei Dimensionen ab und untersucht die Verteilung der Galaxienhaufen in diesem Zeitintervall, in dem die Dunkle Energie eine wichtige Rolle spielt. Dafür ist die Raumsonde mit einem Teleskop und zwei Instrumenten, dem Nahinfrarot-Spektrometer und Photometer (NISP) sowie dem Visible Instrument (VIS) ausgestattet“, erklärt Dr. Alessandra Roy, Euclid-Projektleiterin in der Deutschen Raumfahrtagentur im DLR.
Das Teleskop besitzt einen Durchmesser von 1,2 m und leitet den Infrarotanteil (Wellenlänge: 900 bis 2000 nm) des Lichts zum NISP-Instrument. Außerdem reflektiert es das sichtbare Licht (Wellenlänge: 550 bis 900 nm) in das VIS-Instrument. Um die wissenschaftlichen Ziele zu erreichen, müssen die Euclid-Wissenschaftler die Helligkeit der beobachteten Galaxie in Abhängigkeit von ihrer Entfernung sowohl im sichtbaren als auch im infraroten Wellenlängenbereich kennen.
Dies wird von VIS und dem Nahinfrarot-Photometer als Teil von NISP erfüllt. Das Nahinfrarot-Spektrometer übernimmt die Messung des „Wasserstoff-Fingerabdrucks“ in den Galaxienhaufen, um die Veränderung der Expansion des Universums zu messen.
Wie Euclid Licht ins Dunkle Universum bringt
Um die Natur und die räumliche Verteilung des Universums zu erkunden, wird die Dunkle Materie durch den Effekt der „schwachen Gravitationslinse“ gemessen. Dieser Effekt ergibt sich aus Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie, wonach jeder massive Körper den ihn umgebenden Raum wie ein Ball auf einer elastischen Oberfläche krümmt.
Wenn sich bei der Beobachtung entfernter Galaxien Dunkle Materie entlang der Sichtlinie befinden sollte, würden wir die Galaxienformen verzerrt sehen. Durch die Untersuchung dieser Verzerrung wird Euclid die Massenverteilung der Dunklen Materie dreidimensional kartieren.
Als Standardmaßstab für die Messung der Expansionsrate des Universums wird Euclid den Abstand zwischen den Galaxienhaufen messen. Durch paarweises Bestimmen dieses Abstands zwischen den Galaxien können die Astronomen herausfinden, wie oft zwei Galaxien sich in einem bestimmten Abstand zueinander befinden. Die Astronomen wissen, dass die wahrscheinlichste Entfernung zwischen zwei Galaxien heute circa 500 Millionen Lichtjahre beträgt.
Diese Skala wurde dem Universum bereits in den frühen Stadien quasi „als Stempel aufgedrückt“ und verändert sich mit der Expansion. Dieser Effekt wird als „Baryonische akustische Oszillation“ bezeichnet. Euclid wird eine Galaxien-Rotverschiebungsdurchmusterung durchführen und dies von mehreren zehn Millionen Wasserstoff-Spektren in den beobachteten Galaxien in einer Rückblickzeit von zehn Milliarden Jahren messen, in denen sich die Expansion des Universums vermutlich wieder beschleunigt hat.
Euclid – eine europäische Mission und ihre Partner
Euclid ist die zweite M-Klasse-Mission aus dem „Cosmic Vision“-Programm der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Das Service-Modul und die Satellitenplattform werden von Thales Alenia Space bereitgestellt. Die zwei Instrumente wurden von einem Konsortium bereitgestellt, das aus 14 ESA-Mitgliedsstaaten (Belgien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Finnland, Italien, die Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, Rumänien, die Schweiz, Spanien und Großbritannien), Kanada, Japan sowie den USA besteht und an dem 2.600 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beteiligt sind.
Das Nutzlastmodul steht unter der Verantwortung von Airbus. Es umfasst das Teleskop, das Thermalkontrollsystem, den Feinsteuerungssensor sowie die zwei wissenschaftlichen Instrumente, die vom internationalen Euclid-Konsortium beigesteuert werden.
Die Studien zum NISP-Instrument wurden in Zusammenarbeit mit dem Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik in Garching geleitet. Zudem entwickelten die Ludwig-Maximilians-Universität in München, die Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn sowie die Ruhr Universität Bochum Software für Euclid und sind mit erheblichen finanziellen Mitteln beteiligt. Weitere Beiträge stammen vom Astronomy Technology Centre in Großbritannien, vom Commissariat à l’énergie atomique et aux énergies alternatives in Frankreich und vom Jet Propulsion Laboratory in den USA. Deutschland ist der größte Beitragszahler im ESA-Wissenschaftsprogramm und trägt somit rund 21 Prozent zur Mission bei.
Im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) ist die Deutsche Raumfahrtagentur im DLR für die Koordinierung der ESA-Beiträge verantwortlich. Darüber hinaus fördert sie eines der beiden Instrumente des Teleskops inklusive Software für die Datenverarbeitung und einem Datenzentrum mit mehr als 60 Millionen Euro bis zum Betriebsende der auf sechs Jahre ausgelegten Mission über das Nationale Raumfahrtprogramm.