Störfall-Management Heiße Gase unter Druck

TÜV SÜD

Sachverständige des Tüv Süd führten Berechnungen zum Verhalten heißer Gase durch.

Bild: Tüv Süd
14.06.2016

Dampf und andere Gase sind essenziell für die Produktionsprozesse diverser Branchen. Doch hohe Drücke, Temperaturen und entzündliche Gasgemische stellen, aufgrund des hohen Energiegehalts der Fluide, stets ein Sicherheitsrisiko dar. Wie können Menschen, Umwelt und Anlagen bei einem Störfall sicher geschützt werden?

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Hält die Blende der Kunststoff-verarbeitenden Anlage dem Druck stand, falls die heiße Druckluft im Fehlerfall direkt aus der Spritzgussform entweicht? Sind die Druckentlastungsklappen des Behälters angemessen dimensioniert, damit Fluid entweichen und kein unzulässiger Überdruck entstehen kann? Ist bei der Herstellung von Wasserstoff auch im Brandfall sichergestellt, dass beim Notablass im Leitungssystem der Elektrolyseanlage zu keiner Zeit explosive Gasgemische entstehen können?

Fragen wie diese rücken bei der Planung und Konzeption von Industrieanlagen regelmäßig in den Fokus, wenn Gase als Energieträger oder Arbeitsmittel benötigt beziheungsweise als Edukt oder Produkt verarbeitet werden. Nicht nur für den regulären Betrieb spielen die physikalischen Eigenschaften der Gase eine wichtige Rolle für Auslegung und Dimensionierung. Insbesondere bei Störfällen müssen geeignete Schutzmaßnahmen greifen – also bei außerplanmäßigen Ereignissen, wenn die Anlage den geregelten Soll-Zustand verlässt.

Ideale und reale Gase halten sich an die Gasgesetze

Die physikalischen Eigenschaften eines Gases und sein Energiegehalt ergeben sich aus den Parametern Druck, Temperatur und Volumen. Entzündliche Gase erweitern die Perspektive um die chemischen Eigenschaften, also die Reaktionsfreudigkeit in Abhängigkeit zur Konzentration der Ausgangsstoffe. Sind diese Parameter bekannt, können die kritischen Zustände im System aufgrund der physikalischen und chemischen Gesetzmäßigkeiten modelliert, simuliert und analysiert werden.

Die Wechselwirkungen im Störfall sind jedoch meist recht komplex. Um im Anforderungsfall auf der sicheren Seite zu sein, lohnt es, die Berechnungen und Ergebnisse von unabhängigen Dritten überprüfen zu lassen. Das zeigen die folgenden Beispiele:

1. In einer Anlage zur Herstellung von Teilen für die Automobilindustrie wird flüssiger Kunststoff unter hohem Druck in die Form eines Presswerkzeugs gespritzt. Bevor die Form wieder geöffnet wird, muss die Druckluft aus der Kammer abgelassen werden, damit sie beim Öffnen nicht schlagartig entweicht. Für den Fall, dass das anders als geplant nicht geschieht, sollte die Anlage mit einer Schürze ausgestattet werden, die den Luftstrom dann nach unten ablenkt und so die Umgebung schützt. Im Auftrag des Herstellers haben Sachverständige von Tüv Süd Berechnungen durchgeführt und festgestellt, welche Kräfte auf die Schürze wirken. Die Ergebnisse lieferten wichtige Hinweise für die richtige Dimensionierung und Verankerung der Schürze.

2. Bei einer geplanten Elektrolyseanlage, die Wasserstoff zu Forschungszwecken herstellen soll, wurde in einem theoretischen Szenario ein Brand mit Stromausfall während der Testphase unterstellt. Bei den Tests sollte der Wasserstoff nicht gespeichert, sondern über ein Abgassystem in die Atmosphäre abgegeben werden. Der Stromausfall führt dazu, dass sich elektromagnetische Ventile öffnen und den in den Elektrolyseuren vorhandenen Wasserstoff entlassen. Die Sachverständigen von Tüv Süd erhielten den Auftrag zu prüfen, ob am Auslass des Abgassystems eine kritische Wasserstoff-Sauerstoff-Konzentration eintreten und zu einer Explosion führen kann. Die Simulation wies auf kritische Gaskonzentrationen hin, sodass das Sicherheitskonzept angepasst werden konnte.

Die Beispiele zeigen, wie fluiddynamische Berechnungen und Simulationen genutzt werden, um möglichen Störfällen effektiv zu begegnen und geeignete Schutzmaßnahmen zu treffen. So unterstützen sie Betreiber, ihre Anlagen sicherer zu machen und im Anforderungsfall den Schaden zu begrenzen.

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