Fachbeitrag Wärme zum Nulltarif

11.12.2012

Beim Erzeugen von Druckluft entsteht zwangsläufig auch Wärme. Wer auf Effizienz achtet, nutzt diese Wärme und erhöht den Wirkungsgrad von Kompressoren damit bis auf etwa 94Prozent. Diese Aufgabe erledigen Wärmetauscher, die sich auch an bestehenden Stationen nachrüsten lassen.

Wärmerückgewinnung wird in der Drucklufttechnik nicht immer offensiv angegangen. Denn um die Sensibilität der Anwender für diese Art des kombinierten Nutzens von Energie zu gewinnen, müssen die Hersteller von Druckluftkompressoren oder Anbieter von kompletten Druckluftstationen zunächst einmal ein eher unangenehmes Eingeständnis machen: Der Energieträger Druckluft ist für sich genommen beim Herstellen nicht sehr effizient. Diese Eigenschaft teilt die Druckluft mit vielen anderen Prozessen der Energieumwandlung: Ein Kohlekraftwerk erreicht Wirkungsgrade um 45 Prozent. Eine Windkraftanlage arbeitet mit 50 Prozent nicht viel effizienter, was aber in diesem Fall nicht stört, weil die Energiequelle regenerativ ist.

Druckluft und Wärme in Kombination erzeugen

Beim Erzeugungsprozess der Druckluft werden rund 94Prozent der Energie in Wärme umgewandelt, die in vielen Fällen ungenutzt verpufft - ein Manko in Sachen Energieeffizienz. Wird die Wärme jedoch für den Produktionsprozess oder die Raumbeheizung genutzt, können Wirkungsgrade von über 90 Prozent erzielt werden, weil von 100 Prozent der elektrischen Leistungsaufnahme rund 94 Prozent in Wärme umgewandelt werden. Wärme, die an anderer Stelle sinnvoll genutzt werden kann. Die Druckluft wird dadurch zwar nicht günstiger in Bezug auf den Kubikmeter, aber der Betreiber kann dennoch Geld sparen.

Um die Kompressor-Abwärme sinnvoll einzusetzen, sollten Anlagenbetreiber die Prozessparameter im Vorfeld genau prüfen und denjenigen Prozess auswählen, mit dem sich am meisten Energie einsparen lässt. Betriebe der Chemieindustrie oder der Lebensmittelproduktion sind hier im Vorteil, da sie temperaturgeführte Prozesse nutzen und deshalb einen ganzjährigen Bedarf an Wärme haben. Auch Lackierereien und Galvanikbetriebe haben einen konstanten, prozessbedingten Wärmebedarf. Bei Betrieben, die keine Prozesswärme benötigen, hat der Anwender die Wahl zwischen Heizung und Brauchwassererwärmung.

Die Amortisationszeit eines Wärmerückgewinnungssystems wird von den baulichen Gegebenheiten am Aufstellungsort beeinflusst, da diese sich auf die Investitionskosten auswirken. Nach den bisherigen Erfahrungen von Boge amortisiert sich die Investition einer Wärmerückgewinnung in einem Zeitraum von sechs Monaten bis zu zwei Jahren - in den meisten Fällen sind es weniger als zwölf Monate. Im eigenen Unternehmen setzt Boge auf eine Kombination der Wärmenutzung: Im Winter und in der Übergangszeit wird die Kompressor-Abwärme zum Heizen verwendet, im Sommer zum Erwärmen des Brauchwassers. Dadurch spart das Unternehmen pro Jahr rund 100.000kWh Heizleistung.

Einsparpotenzial bestimmen

Anwender, die die Anschaffung eines Wärmerückgewinnungssystems prüfen, sollten sich Folgendes vor Augen führen: Der Kompressor Boge S 100-2 der 75-kW-Klasse zum Beispiel hat eine nutzbare Wärmemenge von 60,6kW. Im Einschichtbetrieb bei 2000 Betriebsstunden des Kompressors und einem Heizölpreis von 0,80 Euro entspricht das einem Einsparpotenzial von 14.046 Euro. Das Beispiel beruht auf einen Heizwert von 9,861kWh/l und einem Heizwirkungsgrad von 70 Prozent. Die nutzbare Energie variiert je nach Kompressor und individueller Nutzungssituation. Steigende Energiepreise machen die Anschaffung solcher Systeme noch rentabler.

Moderne wassergekühlte Kompressoren sind so vorgerüstet, dass ein Wärmerückgewinnungssystem in den Kühlkreislauf integriert werden kann. Es gibt jedoch viele ältere Kompressor-Stationen, die ohne Wärmerückgewinnung arbeiten. Diese Anlagen können unabhängig vom Fabrikat mit dem Duotherm-Wärmerückgewinnungssystem von Boge nachgerüstet werden.

In verschiedenen Leistungsstufen steht es für öleinspritzgekühlte Schraubenkompressoren von 7,5 bis 110kW Leistung zur Verfügung und lässt sich einfach montieren: Der Wärmetauscher des Duotherm-Systems wird an das Ölsystem des Verdichters sowie an das Brauch- oder Prozesswassernetz des Anwenders angeschlossen. So wird die Wärme direkt von der Drucklufterzeugung auf den gewünschten Prozess übertragen - ohne dass hierfür Fremdenergie erforderlich ist.

Bei luftgekühlten Anlagen bietet es sich an, die Abluft als Raumluftheizung zu nutzen. Dies kann über eine Außenthermostat-Steuerung erfolgen: Ab einer definierten Temperatur wird der aus der Schallhaube abgeführte Abluftstrom umgeschaltet, sodass er bei kühleren Temperaturen zum Beispiel Produktionsräume erwärmt.

Durchrechnen und Prüfen

Angesichts der geringen Investition sollten Druckluft-Anwender ernsthaft prüfen, ob sie Abwärme nutzen können. Das gilt besonders auch für kleinere Kompressor-Stationen: Schon die Abwärme eines 18,5kW-Verdichters reicht aus, um ein Einfamilienhaus zu beheizen.

Darüber hinaus ist es sinnvoll andere „Stellschrauben“ für die Effizienz einer Druckluftversorgung zu prüfen, wie etwa das Druckniveau, eine Optimierung der Regelung mit möglichst niedrigem Druckband, der Einsatz von drehzahlgeregelten Verdichtern für Spitzenlasten und eine Senkung der ineffizienten Leerlaufzeiten. Ebenso ratsam ist eine wiederkehrende Leckage-Untersuchung, die bei modernen Steuerungen auch elektronisch über die Messung des Druckabfalls bei abgeschalteten Verdichtern erfolgen kann.

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