Fachbeitrag Klimaschutzmaßnahmen, die sich rentieren


Energie sparen, Ausgaben senken: Die Absprachen von Durban setzen positive Signale für eine weitere Förderung des Emissionhandels.

01.02.2012

Das Kyoto-Protokoll ging auf dem UN-Klimagipfel von Durban in die zweite Runde. Klimaschutzprojekte in Deutschland können also auch weiterhin Emissionszertifikate generieren. Lesen Sie, wie sich Effizienzmaßnahmen auf diese Weise refinanzieren lassen.

Nach zähem Ringen haben die Staaten auf der Klimakonferenz in Südafrika mit dem „Durban Package“ einen Fahrplan für die künftige Gestaltung der internationalen Klimapolitik festgelegt. Bis 2015 wird ein neuer verbindlicher Klimaschutzvertrag erarbeitet werden, der 2020 in Kraft treten soll. Anders als das gegenwärtig geltende Kyoto-Protokoll wird das neue Abkommen auch die USA und große Schwellenländer wie China und Indien und damit alle großen CO 2-Emittenten einbeziehen. Die Zwischenzeit wird mit einer zweiten Verpflichtungsperiode für das Kyoto-Protokoll überbrückt. Ziel ist es, dass die teilnehmenden Industrienationen ihre Treibhausgas-Emissionen in den kommenden Jahren um 25 bis 40 Prozent gegenüber den Werten von 1990 reduzieren. Unklar ist noch, ob diese zweite Kyoto-Phase bis 2017 oder 2020 gelten wird und welche Minderungsziele vereinbart werden. Bis Mai 2012 sollen die Staaten nun selbst Vorschläge zur Emissionsreduktion machen, über die dann auf dem nächsten UN-Klimagipfel in Katar im Dezember 2012 entschieden wird. Mit der Einigung auf eine zweite Verpflichtungsperiode gilt als sehr wahrscheinlich, dass die projektbasierten Instrumente Clean Development Mechanism (CDM) und Joint Implementation (JI) ohne Unterbrechung auch unter einem neuen Klimaschutzvertrag nach 2020 fortgeführt werden.

UN-Gipfel schafft Perspektive

Auch bei der Deutschen Emissionshandelsstelle im Umweltbundesamt zeigt man sich grundsätzlich zuversichtlich, dass Investitionen in CO 2-Reduktionsmaßnahmen weiterhin über Einnahmen aus dem Emissionshandel gefördert werden können. Allerdings sei es für eine belastbare Aussage zu den Auswirkungen des Durban Package auf Klimaschutzprojekte in Deutschland noch zu früh. Die Deutsche Emissionshandelsstelle verweist auf die noch offenen Fragen im UN-Verhandlungsprozess. Von der Behörde werden die administrativen Aufgaben zur Umsetzung des Kyoto-Protokolls in Deutschland wahrgenommen. Neben der Zustimmung zu CDM/JI-Klimaschutzprojekten gehört dazu auch die Überprüfung und Bestätigung von Verifizierungsberichten bei JI-Projekten. Im Rahmen der Joint Implementation oder Gemeinschaftsreduktion können Industriestaaten gemeinsam Klimaschutz-Projekte umsetzen. 23 solcher Projekte, die in Deutschland umgesetzt werden, hat die Deutsche Emissionshandelsstelle beim UN-Klimasekretariat in Bonn bereits angemeldet. Die Projekte nutzen Grubengase zur Energieerzeugung, dienen der Vermeidung von Industriegas-Emissionen, wie etwa Distickstoffmonoxid (N 2O) oder umfassen kleinere Energieeffizienz-Maßnahmen, um den Klimaschutz voranzubringen.

Effizienzmaßnahmen refinanzieren

Eines dieser deutschen Projekte für Energieeffizienzmaßnahmen ist in Hessen beheimatet und wird durch die Transferstelle Internationaler Emissionshandel Hessen (TIE) koordiniert. Hier werden CO 2-Reduktionen, die durch Modernisierungsmaßnahmen an Heizanlagen in Gewerbe und Industrie erzielt werden, den teilnehmenden Unternehmen finanziell honoriert. Ein Beispiel hierfür ist der Energiedienstleister Urbana, der in einer Wohnsiedlung im hessischen Raunheim die Wärmeversorgung von 2300 Wohneinheiten auf erneuerbare Energien umgestellt hat. Eine moderne Holzpelletanlage mit einer Wärmeleistung von 4 MW stellt nun den Großteil der Wärme klimafreundlich zur Verfügung. Mit der energetischen Modernisierung können die Betreiber der Anlage jetzt fast drei Viertel der früher benötigten fossilen Brennstoffe einsparen. Lediglich für den Spitzenlastbedarf werden noch zwei konventionell befeuerte Kessel vorgehalten. Die Investitionen lässt sich der Anlagenbetreiber mit den CO 2-Einsparungen in Höhe von 4700 Tonnen pro Jahr über den internationalen Emissionshandel vergüten. Dazu bringt der Energiedienstleister die gegenüber dem Betrieb der Altanlage eingesparten Treibhausgas-Emissionen in das Joint-Implementation-Modellprojekt Jim.Hessen ein. Darin werden verschiedene Vorhaben zur Emissionsreduktion gebündelt. Neben der Modernisierung einer Heizungsanlage oder dem Umstieg auf erneuerbare Energien können das auch Industrieanlagen zur Dampferzeugung sein. Jim.Hessen soll Unternehmen, öffentliche Einrichtungen, Kommunen, Kontraktoren oder größere Klinikbetriebe ansprechen und sie zur Teilnahme bewegen. Um Investitionsanreize für Effizienzmaßnahmen zu schaffen berechnet die TIE die CO 2-Einsparungen, lässt sie sich durch einen externen Gutachter verifizieren und erhält so von der Deutschen Emissionshandelsstelle die entsprechende Anzahl an Emissionszertifikaten. Ihr Verkauf bringt Erlöse, die unter den Projektteilnehmern aufgeteilt werden. Dadurch lassen sich Klimaschutz-Investitionen refinanzieren, obwohl die Anlagen selbst nicht dem Emissionshandel der EU unterliegen. Der Käufer der Zertifikate kann die Emissionsrechte für eine freiwillige CO 2-Kompensation verwenden oder alternativ in das EU-Emissionshandelssystem EU-ETS (EU Emissions Trading System) einbringen.

EU-ETS sorgt für Nachfrage

Die EU baut damit auf dem im Kyoto-Protokoll (siehe Kasten) verankerten zwischenstaatlichen Emissionshandel auf und hat seit 2005 Kraftwerksbetreiber und Industrieanlagen zur Teilnahme an ihrem Emissionshandelssystem verpflichtet. Unabhängig von den internationalen Klimaverhandlungen hatte sich die EU-Kommission frühzeitig für eine Fortführung des Systems für den Zeitraum 2013 bis 2020 ausgesprochen. Die Rahmenbedingungen werden in dieser dritten Handelsperiode verschärft. Künftig gibt es ein einheitliches Emissionsbudget, welches Jahr für Jahr um 1,74 Prozent reduziert wird. Mit der Erweiterung auf zusätzliche Sektoren, wie etwa die Chemieindustrie oder den Flugverkehr sowie die Einbeziehung weiterer klimaschädlicher Substanzen, werden fortan rund 50 Prozent aller EU-Emissionen erfasst. Während der Energiesektor seine Zertifikate nun vollständig erwerben muss, wird die Auktionsquote für die Industrie bis 2020 auf 70 Prozent angehoben. Zudem erfolgt die Zuteilung künftig auf Basis von Benchmarks. Dabei geben die jeweils effizientesten Industrieanlagen einer Branche den Maßstab vor, an dem sich alle anderen Anlagenbetreiber orientieren müssen. Fehlende Zertifikate müssen sie dann auf dem CO 2-Markt beschaffen. Mit den Beschlüssen von Durban steht für JI-Projektteilnehmer fest, dass es mit dem internationalen Klimaschutz und den flexiblen Projektmechanismen grundsätzlich weitergehen wird. Die konkrete Umsetzung der zweiten Verpflichtungsperiode wird aber erst Ende 2012 auf dem nächsten UN-Klimagipfel in Katar festgelegt. Zusätzlich müssen in Deutschland noch rechtliche Anpassungsmaßnahmen vorgenommen werden, denn die geltende Rechtslage lässt nur Projekte mit einer Laufzeit bis zum 31. Dezember 2012 zu. Durch die Neuregelungen im EU-Emissionshandelssystem wird die Nachfrage nach zusätzlichen Emissionsrechten weiter ansteigen. Mit der Möglichkeit des Zertifikate-Verkaufs werden sich Investitionen in Effizienzmaßnahmen im Rahmen von Joint-Implementation-Projekten in Deutschland auch weiterhin lohnen.

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