Fachbeitrag Der Müsli-Mann

17.04.2013

Was wäre das für ein Start in den Morgen, wenn das Frühstücksmüsli nicht schmecken würde? Damit das nicht passiert, kümmert sich Stefan Wurch um die korrekte Verarbeitung des Müslis bei Peter Kölln. Dort sorgt er dafür, dass von der Verarbeitung der Ausgangsstoffe bis zum fertigen Müsli alles reibungslos läuft.

Schon vom Zug aus sieht man sie: die riesigen blauen Hafersilos der Peter Kölln KGaA überragen Elmshorn. Hat man sich dem Werk dann auf einige hundert Meter genähert, weht einem ein süßer Duft entgegen. Es riecht angenehm nach Kokos. "Man riecht hier immer gleich, welches Müsli wir gerade produzieren", sagt Stefan Wurch. Schoko, Frucht oder eben - wie an diesem Morgen - Kokos. Wurch, Gruppenleiter der Haferverarbeitung, ist 30 Jahre alt und schon sein ganzes Berufsleben bei Köllnflocken beschäftigt. Angefangen hat alles mit einer Ausbildung zum Müller im Jahr 1999. Schon da merkte der damals 16-jährige, dass dieser Beruf ihm richtig Spaß macht. Und als er nach seiner Ausbildung gefragt wurde, ob er im Unternehmen bleiben möchte, fiel die Entscheidung nicht schwer.

"Die spannendste Zeit meines Berufslebens"

Ein dreiviertel Jahr lang durfte Wurch nach der Ausbildung fast alle Produktionsanlagen fahren, von der Mühle bis zur Müsliherstellung. Und dann kam das, was er "die spannendste Zeit meines Berufslebens" nennt: "Nach nur neun Monaten als Geselle wurde mir der Job des Gruppenleiters angeboten." Das hieß unter anderem, die Kollegen, die ihn über die Jahre ausgebildet haben, von nun an einzuteilen und die Arbeitsabläufe zu organisieren. Sicher war das zu Beginn ein Spagat - vom Auszubildenden beziehungsweise Kollegen zum Vorgesetzten. Wurch: "Ich bin glücklich, dass ich auch weiterhin ein so gutes Verhältnis zu den Kollegen habe."

Als Gruppenleiter ist Stefan Wurch im Grunde genommen für die Überwachung der kompletten Haferverarbeitung zuständig - vom Schälen des Getreides über das anschließende Flockieren bis zu den fertigen Flocken und dem Müslimischen. Aber sein Aufgabengebiet ist noch viel größer. "Einen großen Teil meiner Arbeit nimmt die Planung in Anspruch. In unserem Auftragszentrum erfassen die Planer die benötigten Mengen an Verkaufsware. Zusammen mit einigen Kollegen legen wir dann die einzelnen Produktionstage und -reihenfolgen fest. Anschließend wird die Herstellung der dafür benötigten Halbfabrikate organisiert und das Personal in Schichtplänen eingeteilt."

Klingt nach Schreibtischjob. Wurch widerspricht: "Ein Drittel meiner Arbeitszeit verbringe ich an den Anlagen. Ich muss immer wieder kontrollieren, wie sie läuft, mit welcher Ausbringleistung sie produziert, mal eine stichprobenartige Qualitätskontrolle durchführen." Auch dringende Großbestellungen sorgen dafür, das in Wurchs Alltag keine Langeweile aufkommt. "Wir fahren die diversen Müsli nach einen bestimmten Produktionsrhythmus ab, um möglichst wenig rüsten und reinigen zu müssen. Wenn dann im Auftragszentrum kurzfristig eine große Bestellung für eine Aktion bei einer der großen Handelsketten eingeht, muss der Produktionsplan überarbeitet werden. "Wir müssen dann schauen, wie wir das bewerkstelligen, wo wir Kapazitäten haben und in welcher Produktionslücke wir die Mengen unterbringen können."

Müsli als Herausforderung

Auch die Kreation eines neuen Müslis stellt immer wieder eine spannende Herausforderung dar. Denn von der ersten Idee bis zum fertigen Müsli kann es schon mal bis zu einem Jahr dauern. Wurch erklärt: "Wir haben eine Entwicklungsabteilung, die die neuen Müslisorten kreiert. Mit ihren Vorstellungen kommen sie dann zu uns. Und wir schauen, wie wir das auf der Anlage produzieren würden." Denn gerade bei Müsli, bei dem viele verschiedene Komponenten von unterschiedlicher Konsistenz und Größe zusammenkommen, muss die Produktionsmannschaft viel beachten. "Es kommt darauf an, welche Früchte oder anderen Zutaten in der Müslimischung enthalten sind. Ich muss diese Komponenten dann je nach Struktur und Beschaffenheit den passenden Dosiereinheiten der Müslianlage zuteilen."

Vor Ort muss Stefan Wurch alles für das neue Produkt organisieren, die Ausgangsstoffe müssen vorhanden sein, und er muss das Personal einweisen. Die Mischanweisung muss in der Steuerungssoftware der Anlage gepflegt werden. Ist alles festgelegt und eingestellt, produziert sein Team eine erste Versuchsmischung. Die Entwicklungsabteilung ist meist dabei und schaut Wurchs Team über die Schulter. Die Zielprobe muss dann nochmal "durchs Haus gehen" und bewertet werden. Jetzt wird verkostet.

Vier oder fünf Kollegen dürfen sich an den Test der Müslimischung machen. Aber auch wenn‘s schmeckt - verkauft wird sie noch lange nicht. "Generell wird diese Mischung dann erst längere Zeit im Qualitätswesen getestet, um herauszufinden, wie sich die einzelnen Komponenten zueinander verhalten. Die Kollegen prüfen den Packstoff und welches Mindesthaltbarkeitsdatum wir angeben dürfen. Erst wenn es heißt: Erst wenn es heißt: das Produkt ist stabil, geht es in die Großproduktion.

Noch komplizierter wird die Sache, wenn Komponenten wie Kekse zugekauft werden. Diese müssen beim Lieferanten zusätzlich noch produziert werden. "Wenn wir zum Beispiel für unser Müsli des Jahres Knusper Schoko & Keks einen speziellen Keks haben möchten, dann muss dieser beim Lieferanten mit uns zusammen entwickelt werden."

Willkommene Kontrolle

Bei einer solchen Fülle von verschiedenen Zutaten und unterschiedlichen Weiterverarbeitungsschritten, liegt der Verdacht nahe, dass in der Produktionslinie von Kölln auch mal was schieflaufen kann. "Auf keinen Fall!", beteuert Wurch. "Jede Komponente ist mit einem Barcode und einer Artikelnummer gekennzeichnet. Die Aufgabenstationen der Müslianlage sind ebenfalls mit Barcodes gekennzeichnet. Während der Produktion werden dann die jeweiligen Barcodes abgescannt, die Anlage führt daraufhin eine Plausibilitätsprüfung durch und schaut, ob nun wirklich die Rosinen auf dem Vorbehälter für Rosinen sind oder ob beispielsweise gerade Zucker und Salz vertauscht werden." Auch bei den zugekauften Bestandteilen wird genau hingeschaut: Alles muss vor der Verarbeitung zur Kontrolle ins Labor und auch während der Produktion werden zwischendurch immer wieder Proben gezogen.

Damit die hohe Qualität auch eine solche bleibt, gibt es jedes Jahr eine Zertifizierung. Anfang 2013 war die diesjährige ISO-9000- und die IFS-Zertifizierung (International Food Standard) fällig. Hierfür besuchen zwei Prüfer das Haferflocken-Werk. Sie durchleuchten dann drei bis vier Tage jede Abteilung von vorne bis hinten komplett und überprüfen ob diese Richtlinien eingehalten werden. Stefan Wurch freut sich sogar darüber: "So kommen auch von außen Anregungen, wie wir besser werden können."

Vom Müller zum Fernsehstar

Sogar ins Fernsehen hat es der sympathische "Müsli-Mann" geschafft. "Ich war schon in Beiträgen von Galileo und Abenteuer Leben zu sehen", schmunzelt Wurch. "Vom Hafer bis zur Flocke" hat er das Abenteuer-Leben-Team begleitet und die einzelnen Stationen der Produktion kommentiert. Er ist ganz froh, dass die 15 Minuten "Fernsehkarriere" vorbei sind. Privat nutzt er seine Zeit gern mit seiner Familie. "Hätte ich unbegrenzt davon, würde ich gerne mit meiner Familie die Welt anschauen - und jedes Land nur einmal bereisen, damit man so viel wie möglich sehen kann." Aber er ist auch so glücklich. "Solange meine Kinder so klein sind, verschiebe ich diesen Wunsch etwas. Und mein Job bringt mir Spaß. Wir sind knapp 90 Kollegen in der Produktion, das ist immer spannend. Außerdem ist der Job sehr vielseitig. Es wäre mir ganz recht, wenn es so in dem Stil weitergehen würde."

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