Rohrleitungssysteme & Dichtungen Rührwerke zuverlässig abdichten

14.09.2015

Für den sicheren Betrieb eines Rührwerks ist das Abdichten der drehenden Rührwelle im Durchgang durch eine Behälterwand elementar. Abhängig von Druck, Temperatur oder Drehzahl kommen unterschiedliche Dichtprinzipien zum Einsatz. Deren Vergleich im Hinblick auf rührwerksspezifische Anforderungen zeigt die Vorteile der Gleitringdichtungstechnik gegenüber anderen Dichtprinzipien. Insbesondere, wenn toxische, korrosive oder brennbare Medien gerührt werden, ist der Einsatz einer Gleitringdichtung nahezu zwingend.

Einfachwirkende Gleitringdichtungen werden als Maschinenbauteil in einer kompletten Einheit eingesetzt und vor allem auch als solche ausgetauscht. Die Fachwelt spricht hierbei von „Cartridges“, die von der Instandhaltung auch als solche beschafft und bevorratet werden.

Bei erhöhten Anforderungen hinsichtlich der Betriebsbedingungen oder dem Gefährdungspotenzial der gerührten Medien kommen doppelt- oder dreifachwirkende Gleitringdichtungen zum Einsatz. Diese können aufgrund ihrer Komplexität nicht mehr als einfache Komponente bezeichnet werden, hier sprechen die Experten von Gleitringdichtungssystemen. Ein solches System besteht ebenfalls aus einer Gleitringdichtungs-Cartridge, hinzu kommt jedoch die Bevorratung und Druckhaltung der Sperrflüssigkeit, bei Bedarf eine Kühlung oder Heizung zum Einstellen der Betriebstemperatur in der Dichtung sowie die Verrohrung, Instrumentierung und Befestigung dieser Bauteile. Gegebenenfalls zählt dazu noch ein Sperrflüssigkeits-Nachfüllsystem. Nur mit dem auf den individuellen Anwendungsfall konzipierten Gleitringdichtungssystem kann eine sichere Abdichtung des Behälterinhalts erzielt und aufrechterhalten werden.

Versorgungssysteme

Eine Dichtung gilt als technisch dicht, wenn der Druck in der Sperrkammer immer höher als der Behälterdruck ist. Deshalb sind die Versorgung mit Sperrflüssigkeit und die Druckhaltung von primärer sicherheitstechnischer Bedeutung. Dies wird durch die Versorgungssysteme gewährleistet. Folgende Anforderungen müssen von Versorgungssystemen erfüllt werden, um eine zuverlässige Funktion der Gleitringdichtung zu gewährleisten:

  • Druckhaltung: Zur Druckhaltung in der Sperrkammer können alternativ Sperrflüssigkeits-Durchflusssysteme oder Druckübersetzeranordnungen eingesetzt werden.

  • Kühlung: Die hydrodynamischen Vorgänge im Dichtspalt und auf den Dichtflächen erfordern ein konstantes Temperaturniveau. Aus diesem Grund muss die vom Behälter in die Dichtung eindringende und die durch Reibung im Dichtspalt entstehende Wärme kontinuierlich abgeführt werden. Kühlsysteme sind daher von großer Bedeutung für die Zuverlässigkeit von Gleitringdichtungen.

  • Spülung: Bei manchen Anwendungen verschleißen korrosive oder abrasiv wirkende Produkte die Gleitflächen. Um die Gleitringe vor diesen Medien zu schützen, werden sie mit einer Flüssigkeit in Richtung des Behälterinhalts umspült, die kompatibel zum Prozess und zu den produktberührten Dichtungskomponenten ist.

  • Sperrflüssigkeits-Nachfüllsystem: Eine herausragende Eigenschaft von Gleitringdichtungen stellt die geringe Leckagerate auch bei höheren Behälterdrücken dar. Leckagemengen von beispielsweise 20 bis 50 ml/Tag bei Drücken bis 70 bar können im normalen Rührwerksbetrieb erwartet werden. Trotzdem empfiehlt es sich, insbesondere bei kontinuierlichen Rührprozessen, die Leckagemenge laufend zu überwachen und bei Bedarf automatisch nachzufüllen.

  • Sperrflüssigkeits-Notversorgung: Tritt unerwartet eine erhöhte Leckage durch einen Schaden an den Gleitringen auf, kann die entweichende Sperrflüssigkeitsmenge zunächst nicht ausreichend nachgeliefert werden. Um die positive Druckdifferenz zwischen Gleitringdichtungs-Sperrkammer und Behälter und damit die Dichtfunktion aufrechtzuerhalten, wird aus einer Notversorgungsanlage ein erhöhter Flüssigkeitsstrom in die Gleitringdichtung gefördert. Damit kann der Rührprozess auch bei erhöhter Leckage noch über eine gewisse Zeit weiterbetrieben beziehungsweise geordnet abgefahren werden.

Thermosiphoneffekt

Wasserkühlung und Umwälzpumpen sind betreiberseitig oft nicht gewünscht, da Rohrleitungen und Pumpen die Investitionskosten erhöhen. Im Betrieb fallen Zusatzkosten für die Versorgung mit Kühlwasser und Strom sowie ein erhöhter Wartungsaufwand an. Bei einfachen Dichtungsaufgaben mit geringem Wärmeanfall in der Dichtung kann auf diese Zusatz­elemente verzichtet werden, indem der Thermosiphoneffekt der Sperrflüssigkeit genutzt wird. Die wärmere Flüssigkeit hat eine geringere Dichte als die kalte, weshalb sie nach oben steigt und eine Umwälzung der Sperrflüssigkeit erzeugt. Die geringe anfallende Wärme wird dabei an die Umgebung abgegeben. Eine Konstantdruckhaltung der Sperrkammer kann durch Drucküberlagerung mittels Stickstoff erzielt werden.

Durchflusssystem für mehrere Rührwerke

Für den sicheren Betrieb mehrerer Rührwerks-Gleitringdichtungen werden in der Praxis Durchflusssysteme eingesetzt. Die Sperrflüssigkeit wird bei diesen Versorgungssystemen aus dem integrierten Vorratsbehälter über die Niederdruck- und Hochdruckpumpen der Druckregelung zugeführt. Für die Abdichtung des Rührwerks stellt die Druckregeleinheit die wichtigste Komponente dar. Das Regelventil hält den Druck im Sperrflüssigkeitskreislauf auf einem Niveau, das zirka 10 Prozent über dem maximalen Rührbehälterdruck liegt. Eine nachgeschaltete Kühlstufe überwacht die Fluidtemperatur und integrierte Druckspeicher verhindern im Notfall ein Absinken des Versorgungsdrucks. Alle wichtigen Anlagenteile können redundant ausgeführt werden. So ist es möglich, auch im Notfall Anlagenteile auszutauschen.

Der Druckübersetzer ist ein Hydraulikzylinder mit Kolbenstange. Die untere Kammer des Druckübersetzers ist über den Dichtungsflansch mit dem Gasraum des Behälters verbunden, die obere Kammer hat Verbindung zur Sperrkammer der Gleitringdichtung. Die Kreisfläche AB auf der Unterseite des Kolbens wird mit dem Behälterdruck pB beaufschlagt. Auf der Oberseite wirkt der Sperrflüssigkeitsdruck pS auf die um den Querschnitt der Kolbenstange verringerte Kreisringfläche AS, weil an der Kolbenstange nur der atmosphärische Druck ansteht. Im Ruhezustand herrscht Kräftegleichgewicht am Kolben, entsprechend dem Flächenverhältnis AB / AS ist somit der Druck des Sperrmediums um zirka fünf Prozent höher als der Betriebsdruck im Behälter.

Druckübersetzer-Systeme mit separater Kühlung

Durch diese Anordnung ist gewährleistet, dass der Druck in der Sperrkammer automatisch und ohne Hilfsenergie dem Behälterdruck folgt. Insbesondere die produktseitige Gleitringpaarung ist den Prozessbedingungen wie korrosiven Produkten oder hohen Temperaturen direkt ausgesetzt und wird daher als kritisch angesehen. Bei Batch-Betrieb oder bei stark schwankenden Betriebsbedingungen im kontinuierlichen Betrieb, zum Beispiel während der Inbetriebnahme einer Anlage, wird sie durch den Druckübersetzer vollständig entlastet. Das minimiert die Beanspruchung und den Verschleiß und erhöht im Gegenzug die Betriebssicherheit und die Standzeit.

Druckübersetzer sind im Allgemeinen mit einer Nachfüllhandpumpe ausgerüstet. Bei mehreren Rührwerken empfiehlt sich ein automatisches Nachfüllsystem, um Fehler durch das Bedienungspersonal auszuschließen oder den Personalaufwand für solche Arbeiten zu verringern. Das Nachfüllen wird durch die Positionsüberwachung des Kolbens am Druckübersetzer ausgelöst. Durch ein Monitoring der Nachfüllhäufigkeit steht auch eine präzise Überwachung des Leckageverhaltens jeder einzelnen Dichtung zur Verfügung. Dies erlaubt Rückschlüsse auf den Verschleißzustand der Dichtung und bei drohendem Dichtungsausfall frühzeitige Gegenmaßnahmen.

Für die Kühlung der Dichtung steht ein Baukasten zur Verfügung, der entsprechend den betrieblichen Anforderungen und dem Anlagenkonzept genutzt wird. Einerseits kann das Dichtungsgehäuse selbst gekühlt und bei hohen Betriebstemperaturen mit einem zusätzlichen Kühlvorsatz im Dichtungsflansch geschützt werden. Andererseits kann das Sperrmedium durch einen externen Wärmetauscher im Kreislauf gepumpt werden, der seinerseits wiederum wasser- oder luftgekühlt sein kann. Bei Tieftemperaturanwendungen müssen hingegen Vorrichtungen zum Heizen der Dichtung vorgesehen werden.

Zuverlässig abdichten

In der Rührtechnik stellt das Gleitringdichtungssystem eine zuverlässige Abdichtung zwischen Behälter und Rührwelle sicher. Durch die auf die betrieblichen Anforderungen abgestimmte Auswahl aller für die Dichtfunktion relevanten Komponenten wird eine hohe Betriebssicherheit und lange Lebensdauer der Dichtung erzielt. Die Ekato-Group stellt diese ausgereifte Technik und den entsprechenden Service für Montagen, Inbetriebnahmen und Wartung sowie die Schulung des Betriebs- und Instandhaltungspersonals zur Verfügung.

Bildergalerie

  • Kühlung mit Hilfe des Thermosiphoneffekts: Die wärmere Flüssigkeit (rot) hat eine geringere Dichte als die kalte, daher steigt sie nach oben und erzeugt eine Umwälzung der Sperrflüssigkeit.

    Kühlung mit Hilfe des Thermosiphoneffekts: Die wärmere Flüssigkeit (rot) hat eine geringere Dichte als die kalte, daher steigt sie nach oben und erzeugt eine Umwälzung der Sperrflüssigkeit.

    Bild: Ekato

  • Die untere Kammer des Druckübersetzers ist über den Dichtungsflansch mit dem Gasraum des Behälters verbunden (gelb), die obere Kammer hat Verbindung zur Sperrkammer der Gleitringdichtung (rot).

    Die untere Kammer des Druckübersetzers ist über den Dichtungsflansch mit dem Gasraum des Behälters verbunden (gelb), die obere Kammer hat Verbindung zur Sperrkammer der Gleitringdichtung (rot).

    Bild: Ekato

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