Fachbeitrag Solarstrom intelligent nutzen

11.12.2012

Dezentral erzeugter Strom durch Solaranlagen hat entscheidende Vorteile und gewinnt im Zuge der Energiewende weiter an Bedeutung. Zukunftsweisende Anlagenkonzepte, die den Eigenverbrauch und den Autarkiegrad steigern, bieten privaten und gewerblichen Anlagenbesitzern eine Lösung, um Stromkosten zu sparen und sich unabhängiger von Preiserhöhungen zu machen.

Energiewende, Netzausbau, steigende Stromkosten - dies sind die zentralen Themen, die die politische und öffentliche Diskussion derzeit stark bewegen und die auch künftig weiter im Fokus stehen werden. Für den Endverbraucher sind dabei nachhaltige Lösungen gefragt, die ihn unabhängiger von den Strompreiserhöhungen machen und die dem Trend der zunehmenden Elektrifizierung des Hauses - Smart Home - gerecht werden können. Trotz der kontinuierlich sinkenden Solarförderung bietet das Sonnenkraftwerk auf dem Hausdach eine zukunftsfähige und umweltfreundliche Antwort: Anlagenkonzepte, die auf das Steigern des Eigenverbrauchs und vor allem auch des Autarkiegrades ausgelegt sind und sich in das Smart Home und das Smart Grid integrieren. Der Eigenverbrauch beschreibt hierbei die Menge des selbst verbrauchten Solarstroms im Verhältnis zur insgesamt produzierten Solarstrommenge. Im Gegensatz dazu errechnet sich die Autarkie aus der selbst verbrauchten Solarstrommenge im Verhältnis zur insgesamt genutzten Strommenge im Haushalt.

Photovoltaik (PV) als dezentrale Form der Stromerzeugung bietet eine nachhaltige Lösung und gewinnt in der Energieversorgung insbesondere vor Ort bei den Endverbrauchern eine immer größere Bedeutung. Die stark gesunkenen Anschaffungskosten für Solaranlagen und die Strompreiserhöhungen der vergangenen Jahre haben dafür gesorgt, dass der Strom aus dem Netz für private Haushalte und auch für erste Gewerbekunden inzwischen teurer ist als der selbst erzeugte Solarstrom. Hier stehen die Gestehungskosten von zirka 17 Cent pro Kilowattstunde für Solarstrom einem durchschnittlichen Haushaltsstromtarif mit rund 25 Cent pro Kilowattstunde gegenüber.

Abkehr von der Renditeorientierung

Sinkende Einspeisetarife und steigende Strompreise sorgen für einen Wandel. Der Solarmarkt steht vor einer Abkehr vom rein investitionsgetriebenen, renditeorientierten Markt hin zu einem wirklichen Energiemarkt. Die Solaranlage ist künftig nicht mehr nur ein Finanzprodukt, das über die für 20 Jahre festgesetzte Einspeisevergütung eine entsprechende Rendite bringt. Sie ist ein Kraftwerk auf dem eigenen Dach, das sauberen Strom liefert, unabhängig macht und Kosten spart.

Für den privaten Hausbesitzer mit einer kleineren Dachanlage ebenso wie für den Unternehmer mit einer Solarinstallation auf seinen Gewerbegebäuden lohnt es sich mehr und mehr, den erzeugten Strom selbst zu verbrauchen, statt ihn ins Netz einzuspeisen. Ein großer Eigenverbrauchsanteil sowie vor allem ein hoher Grad an Autarkie spielen hierbei eine Schlüsselrolle. Hinzu kommt, dass nicht nur die Investitionskosten, sondern auch die laufenden Kosten für den Anlagenbesitzer kalkulierbar sein müssen. Daher werden die Qualität und Langlebigkeit der Komponenten sowie das passende Servicepaket mit Garantien und Versicherungen zu immer wichtigeren Faktoren.

Eigenverbrauch und Autarkiegrad

Für die Wirtschaftlichkeit des Sonnenkraftwerks unterscheidet sich der Eigenverbrauch vom Autarkiegrad. Während der Eigenverbrauch die Finanzierung und Rentabilität der Anlage begünstigt, reduziert der Autarkiegrad die Höhe der Stromrechnung.

Bei der Auslegung des Kraftwerks gilt daher generell folgende Regel: Je größer die Anlage in Relation zum Verbrauch des Haushalts ist, desto niedriger ist die mittlere Eigenverbrauchsquote. Gleichzeitig steigt aber der Autarkiegrad, da mehr Sonnenstrom für den Selbstverbrauch zur Verfügung steht. Somit werden die Bezugskosten für den Netzstrom reduziert.

Mit der zum 1. April 2012 in Kraft getretenen EEG-Novelle wird der Eigenverbrauch nicht mehr gefördert. Vergütet wird nur noch der eingespeiste Anteil des erzeugten Solarstroms. Das gilt für Anlagen bis 10 Kilowattpeak (kWp) und ab 1 MW. Bei Anlagen mit einer Größe zwischen 10 und 1000 kWp werden sogar nur 90 Prozent des erzeugten und eingespeisten Stroms vergütet. Die restlichen 10Prozent muss der Besitzer entweder selbst verbrauchen oder direkt / über den Netzbetreiber an der Strombörse vermarkten.

Mit sinkender Solarförderung treten die Erträge aus der Einspeisevergütung somit zunehmend in den Hintergrund, wohingegen der Einspareffekt durch den selbst verbrauchten Strom bei steigenden Stromkosten eine zunehmend größere Rolle spielt.

Das Sonnenkraftwerk sollte also idealerweise so dimensioniert werden, dass sich ein Optimum aus Eigenverbrauch und Autarkiegrad erreichen lässt. Der Jahresenergiebedarf bietet hier eine wichtige Orientierung: Als einfache aber gute Faustformel sollte für je 1000kWh Verbrauch pro Jahr die Anlage mit etwa je 1kWp ausgelegt werden. Dabei sollte man auch überlegen, ob man beispielsweise die Anschaffung eines Elektromobils oder einer Wärmepumpe plant, da dies zu einem deutlichen Anstieg des Haushaltsverbrauchs führt. Eigenverbrauch und Autarkiegrad kann aber auch weiter gesteigert werden, zum Beispiel durch Optimieren des Verbrauchs mittels aktivem oder automatisiertem Lastmanagement. Darüber hinaus bieten Speichersysteme die Möglichkeit, den Sonnenstrom tageszeitunabhängig zu nutzen. Somit kann auch die Anlage in Relation zum Jahresverbrauch größer dimensioniert werden. Überschüssiger Strom im System wird gespeichert und dann verbraucht, wenn die Sonne nicht scheint. Auch die elektrische Wärmeversorgung im Haushalt wie Heizung, Durchlauferhitzer und so weiter lässt sich an die Solaranlage koppeln.

Lastmanagement und Speichersysteme

Auf dem Markt gibt es eine Reihe von Lösungen, die dem Anlagenbesitzer dabei helfen, seinen Eigenverbrauchsanteil durch aktives Lastmanagement zu maximieren. Etwa 40 bis 50 Prozent des Haushaltsverbrauchs bieten Potenzial für die Ausrichtung nach der Stromproduktion der Solaranlage, insbesondere temporäre Vorgänge wie Waschen, Spülen, Trocknen oder zeitlich gesteuerte Kühlschränke und Kühltruhen, aber auch eine elektrische Heizungsunterstützung zur Warmwasseraufbereitung.

Conergy gehörte zu den ersten Solarunternehmen mit einer Eigenverbrauchslösung und testete bereits 2010 die Conergy VisionBox in einem Pilotprojekt. Dieses Gerät liefert eine anschauliche Gegenüberstellung des aktuellen Verbrauchs und des Ertrags der Anlage durch Diagramme. Es zeigt dem Anlagenbetreiber, wie er sein Verbrauchsverhalten anpassen kann, um möglichst viel des eigenen Stroms zu nutzen. Die Erfahrung zeigt, dass sich durch ein aktives Lastmanagement eine Steigerung um etwa 10 Prozent erzielen lässt. Dennoch sind hohe Eigenverbrauchsquoten auch mit Hilfe dieser Lösungen meist nur mit Aufwand und einem geänderten Nutzverhalten zu erreichen.

Speichersysteme, die den Sonnenstrom am Tag „sammeln“, damit er dann am Abend oder in der Nacht den Verbrauch decken kann, bieten dafür eine komfortable Lösung. Die Integration eines Speichers ist vergleichbar mit einem idealen Lastmanagement. Richtig ausgelegt ist es möglich, mit Hilfe des Systems etwa 70 Prozent des gesamten jährlichen Strombedarfs im Haushalt aus der eigenen Solaranlage zu beziehen - ohne �?nderung des Verbrauchsverhaltens oder teure Hausautomatisierung. An guten Sonnentagen im Sommer sind sogar 100 Prozent möglich.

Bereits seit 2008 arbeitet der bis zum Frühjahr 2012 zur Conergy-Gruppe gehörende Wechselrichterhersteller Voltwerk Electronics an der Realisierung eines PV-Speichersystems. Die Ingenieure loteten im ersten Schritt die Anforderungen an einen Stromspeicher mit den vorhandenen Technologien aus und entwickelten auf dieser Basis ein gleichstromgekoppeltes System.

Autarker mit Energiemanagement-System

Als Weiterentwicklung aus diesem Projekt entstand der Sonnenspeicher VS 5 Hybrid. Das Energiemanagementsystem besteht aus einem 5-kW-Strangwechselrichter, einem Batterieladeregler und einem Lithium-Ionen-Akku mit einer Speicherkapazität von 8,8 bis zu 13,2kWh. Der Sonnenspeicher ist damit für einen Vier-Personen-Haushalt ausgelegt. Die Batterietechnologie des Herstellers Saft erlaubt eine hohe Zyklenzahl bei einer Lebensdauer von 20 Jahren. Die RWTH Aachen und das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) haben die Qualität der Module in Tests bestätigt. Die Markteinführung des Sonnenspeichers ist für das vierte Quartal 2012 geplant.

Analysen des Entwicklerteams von 20 ausgewählten Haushalten mit einem Jahresenergieverbrauch zwischen 3500 und 4500 kWh und unterschiedlich großen PV-Anlagen geben Aufschluss über einen realistisch erreichbaren Autarkiegrad - sowohl mit als auch ohne Speichersystem. Die Tests haben die oben dargestellte Relation zwischen Dimensionierung der Anlage und Eigenverbrauchs-/Autarkiequoten in der Praxis bestätigt.

Betrachtet man die verschiedenen Haushalte, so sinkt die mittlere Eigenverbrauchsquote erwartungsgemäß je größer die Solaranlage ist. Gleichzeitig steigt der mittlere Autarkiegrad. Bei Haushalten mit einer Batterie-Kapazität von 8,8kWh konnte im Mittel ein Autarkiegrad von 40 bis 55 Prozent realisiert werden. Legt man einen durchschnittlichen Stromtarif von 25 Cent pro Kilowattstunde zu Grunde, ergibt sich daraus ein Einsparpotenzial von etwa 400 bis 550 Euro pro Jahr.

Das Nutzer- oder Verbraucherverhalten nimmt ebenso Einfluss auf die Autarkie- und Eigenverbrauchsraten und sollte bei der Auslegung der Anlage und der Wahl des passenden Speichersystems - AC- oder DC-Kopplung, Voll- oder Nulleinspeiser - berücksichtigt werden. Diese Abhängigkeit lässt sich aus der Streuung der einzelnen Haushalte ablesen. So liegt der Autarkiegrad bei einem Haushalt mit einer 7-kW-Anlage mit Speicher bei knapp über 30 Prozent, während ein anderer Haushalt auf mehr als 60 Prozent kommt.

Bei Anlagen ohne Batterie übersteigt der Grad an Autarkie nie einen Wert von 25 Prozent. Anders sieht es bei der Verwendung von Speichersystemen aus. Hier sind höhere Autarkieraten erreichbar und der Einspareffekt ist deutlich größer.

Smart Grid und Smart Home

Während erste Schritte auf dem Weg in Richtung Sonnenkraftwerk der Zukunft mit der Einführung von Speichertechnologien gemacht wurden, gehen die Konzepte und Entwicklungen bereits weiter: Smart Grid und Smart Home sind die Schlagworte für das solare Energiemanagement 2.0. Neben hoher Qualität steht die Integrationsfähigkeit in das intelligente Netz und das energieeffizient automatisierte Zuhause als Anforderungen auf der Liste für zukunftsfähige Solaranlagen. Durch Überwachung und intelligente Regelung der Energieströme im Haus und im Netz in Kombination mit Energiespeichersystemen auf Nieder- und Mittelspannungsebene werden Sonnenkraftwerke ihren großen Vorteil der dezentralen und lokalen Energiegewinnung voll ausspielen können und weitere attraktive Anwendungsfelder erschließen.

Weitere Informationen

[1] Christoph Kost, Dr. Thomas Schlegl, Jessica Thomsen, Sebastian Nold, Johannes Mayer: Studie Stromgestehungskosten Erneuerbare Energien, Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme ISE, Mai 2012.

[2] Dr. Harry Wirth : Aktuelle Fakten zur Photovoltaik in Deutschland, Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme ISE, Februar 2012.

[3] K. Branker, M.J.M. Pathak, J.M. Pearce: A Review of Solar Photovoltaic Levelized Cost of Electricity, Renewable & Sustrainable Energy Reviews 15 2011, S. 4470-4482.

[4] Dr. Armin U. Schmiegel: Der passende Speicher, Photovoltaik 03/2012, S. 71-73

[5] Dr. Armin U. Schmiegel: Erfahrungen im Feld mit PV-Speichersystemen, EP Photovoltaik 5/6-2012, S. 41-43.

[6] Antje Stephan, Dr. Armin U. Schmiegel: Eigenverbrauchsquote erhöhen, Energy 2.0-Kompendium 2012, S. 204-207.

[7] Antje Stephan: Solarstrom selbst verbrauchen, Energy 2.0, 06/2010, S. 58-59.

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