Drehkolbenverdichter Energieeffizient atmen

Aerzener Maschinenfabrik GmbH

Dicht gepackt sind im Festbettreaktor die Styroporkugeln, an denen sich die Mikroorganismen festsetzen.

Bild: Aerzen
07.09.2016

Eine Kläranlage in Luxemburg arbeitet mit platzsparenden Festbettreaktoren, die ohne Nachklärbecken auskommen. Doch die Kompaktheit hat ihren Preis im erhöhten Luftbedarf für Mikroorganismen. Ein energieffizienter Drehkolbenverdichter hilft, die zugehörigen Stromkosten in Schach zu halten.

Sponsored Content

Vom muffigen Fäkalgeruch keine Spur. Auch die für Kläranlagen typische Abwassernote lässt sich in der Luft nicht ausmachen. Bewohner des luxemburgischen Stadtteils Beggen müssen schon genau hinsehen, um die Kläranlage mit einer Leistung von immerhin 220.000 Einwohnergleichwerten zu registrieren, die direkt neben der Wohnbebauung steht. Hinter der „station d'epuration“ verbirgt sich nach offiziellen Hauptstadtzahlen eine tägliche Wassermenge zwischen 30.000 und 40.000 m3.

Damit die Anlage nicht riecht, hat die Stadt Luxemburg alle Reinigungsstufen bis zur Biologie eingehaust, das Ganze mit einer leistungsstarken Abluftanlage kombiniert, die die geruchsbelastete Luft, bevor sie an die Außenwelt abgegeben wird, noch durch einen chemischen Wäscher leitet. „Die Ventilatoren laufen mit ihren 30 kW durch“, merkt Luc Ley recht pragmatisch an. Der Betriebsleiter weiß, dass die geringen Emissionen ihren Preis haben – vor allem bei den Betriebskosten durch den Stromverbrauch. „Bei uns kommen deshalb auch ausschließlich IE3-Motoren zum Einsatz.“

Luft für Mikroorganismen

Der sparsame Umgang mit der Ressource Strom hat in Luxemburg deshalb seine Grenzen, weil der Energiehunger der Prozesse trotz effizient arbeitender Technik recht hoch ist. Der Hintergrund: Die Stadt stand zunächst durch EU-weit vorgeschriebene engere Grenzwerte vor allem bei Stickstoff und Phosphor vor der Aufgabe, die Altanlage zu modernisieren. Eine reine Kapazitätsausweitung der Biologie war aufgrund des stark begrenzten Platzes nicht möglich. „Deshalb nutzen wir heute Festbettreaktoren“, erklärt Ley. Das Verfahren funktioniere zwar exzellent, erfordere aber für den Stickstoffabbau deutlich mehr Luft. „Wir brauchen eine Sauerstoffsättigung von sieben bis acht Milligramm pro Liter. Standard sind ein bis eineinhalb.“ Dass die Luftmenge für die Reinigung wirklich benötigt wird, belegt die Tatsache, dass die Bakterien unter 7 mg „ihren Dienst einstellen“.

Der hohe Sauerstoffbedarf resultiert aus dem besonderen Reinigungsverfahren in den Festbettreaktoren. Schwimmen in einer „normalen“ Biologie die Bakterien im Wasser, bieten pro Reaktor 400 m3 Styroporkugeln mit 3 mm Durchmesser den Bakterien die Möglichkeit, sich dort dichter anzusiedeln. Deshalb steigt die Reinigungskapazität, sodass jede der zwölf Anlagen jede Menge Sauerstoff benötigt. Reicht die Luftmenge nicht aus, geht den Bakterien die Puste aus. Für die Luftversorgung kommt pro Reaktor jeweils ein Delta Hybrid Drehkolbenverdichter D62 S des Herstellers Aerzen zum Einsatz. Die Aggregate liefern einen Volumenstrom zwischen 1700 und 2000 m3 in der Stunde bei einem leichten Überdruck von +550 bis 620 mbar.

Weil das Reinigungsverfahren empfindlich auf Veränderungen reagiert, haben die Mitarbeiter in der Leitwarte stetig Luftmengen und Strömungsgeschwindigkeit des Abwassers durch den 6 m dicken „Styroporkugelkuchen“ zu überwachen. „Das Wasser muss schon eine gewisse Zeit verweilen, damit die Bakterien ausreichend Zeit haben, die organischen Verschmutzungen abzubauen“, erklärt Luc Ley. „Sind wir zu schnell unterwegs, bekommen wir bereits nach wenigen Minuten schlechtere Werte.“

Im Rahmen einer umfangreichen Modernisierung der Belüftungstechnik – die ersetzten Aggregate waren vom Kläranlagenbauer zu knapp ausgelegt und liefen deshalb rund um die Uhr in einem „ungesunden“ Volllastbetrieb – hat der Abwasserbetrieb jetzt leistungsstärkere Drehkolbenverdichter vom Aerzen Serviceteam auslegen und einbauen lassen. Die Aggregate aus der Reihe Delta Hybrid haben eine Anschlussleistung von 75 kW, werden aber über die Frequenzumrichter nur mit einer Nennleistung von 40 kW betrieben. Für die Delta Hybrid folgt daraus, dass sie mit rund 5000 Umdrehungen das geforderte Volumen erzeugen – und nicht mit 9000 U/min. „Die Aggregate sind heute so dimensioniert, dass sie sich vom Verschleiß her eigentlich langweilen“, merkt Ley an. Diese auf den ersten Blick widersprüchlich erscheinende Überdimensionierung bringt für den Abwasserbetrieb ganz handfeste Vorteile mit sich – vor allem bei der Langlebigkeit und den Wartungsintervallen.

Wartungsarbeiten einsparen

Waren bei der ursprünglichen Ausrüstung Wartungszyklen von drei Jahren vorgesehen, sind es bei den Delta Hybrid fünf Jahre. Wartungsarbeiten muss der Betrieb bezahlen, mit eigenem Personal begleiten und vor allem auch die Anlage im Vorfeld vorbereiten – sprich einen Reservereaktor in Betrieb nehmen. Ein weiterer positiver Effekt der neuen Anlagen sind die sinkenden Energiekosten durch das Wirkprinzip der Delta-Hybrid-Drehkolbenverdichter. Hierbei verbindet Aerzen die Arbeitsweisen von Drehkolbengebläse und Schraubenverdichter zu einer effizienten Einheit – dem nach Unternehmensangaben weltweit ersten Drehkolbenverdichter. Der sparsame Umgang mit der Ressource Strom resultiert daraus, dass Delta Hybrid in niedrigen Druckbereichen das Roots-Prinzip der Volldruckverdichtung nutzt und in höheren Druckbereichen auf das Schraubenverdichter-Prinzip mit innerer Verdichtung setzt. Aerzen hat errechnet, dass der Drehkolbenverdichter im Vergleich zu herkömmlichen Kompressoren 15 Prozent weniger Strom benötigt. Die Luftförderung erfolgt zudem absolut ölfrei – ein wichtiges Detail in der Abwassertechnik.

Effiziente Einheit

Welche Auswirkungen diese Arbeitsweise in der Praxis hat, belegt der Stromverbrauch in der Kläranlage von Luxemburg. „Aerzen hat uns vor der Umrüstung gesagt, wie können Strom sparen und dabei 8 kW pro Anlage versprochen – was jährlich etwa 50.000 Euro entspricht“, blickt Luc Ley auf die seinerzeit erstellten Amortisationsberechnungen zurück. Fünf Jahre bis zum Return on Investment (ROI) waren vorgesehen – ein Zeitraum, der sich in Luxemburg wahrscheinlich nicht halten lassen wird, weil die Einsparung statt der geplanten 8 kW tatsächlich 15 kW betragen – die längeren Wartungsintervalle noch nicht mitgerechnet.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Kläranlage im Luxemburger Stadtteil Beggen heute als Beispiel für hochverfügbare Anlagentechnik gilt, die Betreiber und Hersteller gemeinsam erarbeitet haben. Vor dem Hintergrund maximaler Betriebssicherheit war die Auslegung von einem gesunden Maß an Leistungsreserven gekennzeichnet. Das Vertrauen in Aerzen sei nach Auskunft von Luc Ley „sehr groß“ gewesen, zumal kein weiteres Planungsbüro in den Umbau involviert war.

Bildergalerie

  • Festbrettreaktoren brauchen viel Luft, um das Abwasser biologisch zu reinigen. Die Sauerstoffsättigung liegt in Luxemburg bei 7 bis 8 mg.

    Festbrettreaktoren brauchen viel Luft, um das Abwasser biologisch zu reinigen. Die Sauerstoffsättigung liegt in Luxemburg bei 7 bis 8 mg.

    Bild: Aerzen

  • Mit der Umrüstung der Luftversorgung auf moderne Drehkolbengebläse der Aerzen-Gerätereihe Delta Hybrid spart der Abwasserbetrieb in Luxemburg 15 kW pro Anlage ein.

    Mit der Umrüstung der Luftversorgung auf moderne Drehkolbengebläse der Aerzen-Gerätereihe Delta Hybrid spart der Abwasserbetrieb in Luxemburg 15 kW pro Anlage ein.

    Bild: Aerzen

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel