Auf dem Gebiet der Hochleistungsspiegel jagen alle dem Unmöglichen hinterher: Beschichtungen mit perfektem Reflexionsvermögen. Im sichtbaren Wellenlängenbereich (das heißt bei Wellenlängen zwischen 380 nm und 700 nm) erreichen fortschrittliche Metallspiegel eine Reflektivität von bis zu 99 Prozent, das heißt für 99 reflektierte Photonen geht 1 Photon verloren. Das mag schon viel erscheinen, aber im nahen Infrarotbereich (das heißt zwischen rund 780 nm und 2,5 μm) haben spezialisierte Spiegelbeschichtungen bereits ein Reflexionsvermögen von 99,9997 Prozent erreicht. So gehen von 1 Million reflektierter Photonen nur mehr 3 verloren.
Seit langem besteht der Wunsch, diese Superspiegel-Technologie auf das mittlere Infrarot (Wellenlängen von 2,5 µm bis 10 µm und darüber hinaus) auszudehnen. Das würde bedeutende Fortschritte in vielen Bereichen erlauben. Zum Beispiel bei der Messung von Spurengasen, die im Zusammenhang mit dem Klimawandel stehen, aber auch bei der Analyse von Biofuels.
Außerdem könnten viele industrielle und medizinische Anwendungen verbessert werden, zum Beispiel Schneidlaser und Laserskalpelle. Bislang verlieren die besten Spiegel für das mittlere Infrarot jedoch 1 von 10. 000 Photonen, sind also etwa 33 Mal schlechter als die Superspiegel im nahen Infrarot.
In einer kürzlich erschienenen Studie hat ein internationales Team von Wissenschaftern jetzt die ersten Superspiegel im mittleren Infrarot geschaffen. Unter der Führung des Christian-Doppler-Labors für Mid-Infrared Spectroscopy and Semiconductor Optics (CDL Mid-IR) an der Universität Wien und des Industriepartners Thorlabs Crystalline Solutions (Santa Barbara, Kalifornien) konnten die Forscher nun Spiegel zeigen, die nur 8 von 1 Million Photonen verlieren.
Damit erreichen diese Superspiegel eine Reflektivität von 99,99923 Prozent. Um diesen Rekord zu erzielen mussten die Forscher die Materialien, das Spiegeldesign, sowie das Herstellungsverfahren genau analysieren und kontrollieren.
Neues Beschichtungsverfahren entwickelt
Zunächst mussten die Forscher ein neues Beschichtungsverfahren entwickeln. Dabei kombinierten sie herkömmliche Dünnschicht-Beschichtungstechniken mit neuartigen Halbleitermaterialien und -methoden. Das ermöglichte es, die Materialbeschränkungen im schwierigen mittleren Infrarotbereich zu überwinden.
Dazu Oliver H. Heckl, Leiter des CDL Mid-IR an der Universität Wien: „An diesem Durchbruch sieht man das enorme Potenzial in der erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen innovativer Grundlagenforschung und bedarfsorientierter Produktentwicklung“. Garrett Cole, Technology Manager bei Thorlabs Crystalline Solutions (TCS), erklärt: „Diese Arbeit baut auf unseren Pionierleistungen im Bereich der substrat-transferierten kristallinen Beschichtungen auf.“
Die Herstellung war jedoch nur ein Teil der Herausforderung. Die Wissenschaftler mussten die Spiegel auch genau vermessen, um ihre Leistung zweifelsfrei zu belegen. Das war die Hauptaufgabe der beiden Erstautoren, Gar-Wing Truong von TCS und Lukas Perner von der Universität Wien, der erzählt: „Als Miterfinder dieser neuartigen Beschichtungsform war es aufregend, diese Spiegel auf Herz und Nieren zu testen und ihre herausragende Leistung so zu bestätigen.“
Eine unmittelbare Anwendung dieser neuartigen Superspiegel besteht darin, die Empfindlichkeit optischer Geräte für die Gasanalyse im mittleren Infrarot entscheidend zu verbessern. Diese Geräte können winzige Mengen wichtiger Umweltmarker, wie zum Beispiel Kohlenmonoxid, detektieren und genau quantifizieren.
Um diese Möglichkeiten zu demonstrieren, zog das Team Experten des prestigeträchtigen National Institute of Standards And Technology (NIST) hinzu. Diese bestätigten im Rahmen der nun veröffentlichten Studie den entscheidenden Vorteil für die ultraempfindliche Spektroskopie im Mid-IR-Spektralbereich, einschließlich der Messung von Radioisotopen, die für die nukleare Forensik und die Kohlenstoffdatierung wichtig sind.