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Energiemarktbarometer von ZEW und GEM Energy-Brexit: Massenflucht aus dem britischen Strommarkt?

publish-industry Verlag GmbH

Wer die Gewinner und die Verlierer des Brexits in der Energiebranche sind, zeichnet sich in Expertenumfragen deutlich ab,

17.07.2017

Wenn Großbritannien den europäischen Binnenmarkt verlässt, führt es zu einem sogenannten Energy-Brexit - mit überraschenden Folgen auf beiden Seiten, haben Expertenbefragungen ergeben.

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Bis März 2019 soll der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU vollzogen sein. Unklar ist jedoch, ob und in welcher Form Großbritannien auch den europäischen Binnenmarkt verlässt. Ein ungeregelter Austritt aus dem EU-Binnenmarkt würde die juristischen Grundlagen für die derzeitige Kopplung der Energiemärkte in weniger als
zwei Jahren nahezu ersatzlos streichen. Dies könnte Konsequenzen für die Energieversorgung des europäischen Kontinents haben.

Risiken des Energy-Brexit

Deutsche und französische Experten/-innen sehen bei einem Austritt aus dem europäischen Energiebinnenmarkt das größere Risiko auf Seiten des Vereinigten Königreichs. 60 Prozent aller deutschen sowie 71 Prozent der französischen Befragten schätzen, dass ein Energy-Brexit dem Vereinigten Königreich mehr schaden würde als der Europäischen Union. Zu diesem Ergebnis kommen Befragungen von Energiemarktexperten in Deutschland, dem ZEW Energiemarktbarometer, und in Frankreich, dem GEM-Baromètre du Marché de l’Energie der Grenoble Ecole du Management (GEM).

Flucht aus dem britischen Energiemarkt

Der aktuellen Umfrage zufolge könnten sich deutsche und französische Energiekonzerne zum Teil aus dem britischen Energiemarkt zurückziehen,wenn das Vereinigte Königreich den EU-Energiebinnenmarkt verlässt. Mehr als die Hälfte aller Befragten in Deutschland erwartet dies für deutsche Energiekonzerne, die teilweise erheblich im britischen Strom- und Gasmarkt aktiv sind. In Frankreich erwarten sogar mehr als drei Viertel einen Teilrückzug französischer Konzerne.

Für Europa ändert sich nicht viel

Umgekehrt seien die Auswirkungen auf die französischen und deutschen Energiemärkte nach Einschätzung der Experten gering. Befragt nach dem Effekt des Energy-Brexits antwortet die Mehrheit, dieser habe keine nennenswerten Effekte auf den Elektrizitätspreis oder die Versorgungssicherheit beim Strom (81 Prozent und 90 Prozent in Deutschland, 68 Prozent und 72 Prozent in Frankreich).

Kaum anders sieht es für Erdgas aus: Jeweils eine breite Mehrheit von mehr als zwei Drittel der Befragten sieht keine nennenswerten Effekte bei der Versorgungssicherheit oder den Preisen. Nur beim Erdgas in Deutschland sieht zumindest eine nennenswerte Minderheit von 20 Prozent das Potenzial, dass die Preise in Folge des Brexit steigen. Auch die EU-Klimaziele würden, so die Mehrheit der Befragten, voraussichtlich nicht geändert.

Stimmen zum Energy-Brexit

„Die Integration der Märkte für Strom und Erdgas in Europa bietet enorme Vorteile mit Blick auf die Effizienz aber auch auf die Versorgungssicherheit, und somit für das Gelingen einer europäischen Energiewende. Großbritannien würde sich mit einem harten Brexit im Bereich der Energieversorgung keinen Gefallen tun", erklärt Dr. Nikolas Wölfing, wissenschaftlicher Mitarbeiter im ZEW-Forschungsbereich Umwelt- und Ressourcenökonomik.

Prof. Dr. Joachim Schleich, der die regelmäßige Erhebung der GEM koordiniert, ergänzt: „Der Brexit-Beschluss hat bereits zu einer Verunsicherung von ausländischen Investoren geführt. Für die Energiebranche, die sich in erster Linie an nationalen Regulierungen orientiert, dürften die Auswirkungen jedoch weit weniger gravierend sein als beispielsweise für den Bankensektor.“

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