Fachbeitrag Batterie-Spagat: Leistung versus Kapazität

Königsfrage: Welche Batterie für welchen Hybrid-Typ?

Bild: SK Continental E-motion
23.09.2014

Plug-in-Hybride erlauben elektrisches Fahren im Alltag ohne Reichweitenangst. Die Batteriezellen müssen sowohl hohe Speicherdichte als auch gute Fahrleistungen bieten. Ein Spagat, den die Entwickler – mit Blick auf die jeweilige Betriebsart – mittlerweile beherrschen.

Auch wenn in der öffentlichen Wahrnehmung Elektromobilität nahezu ausnahmslos mit „vollelektrischen“ Fahrzeugen assoziiert wird – eine echte Großserienproduktion mit entsprechenden Zulassungszahlen gibt es derzeit nur im Hybridbereich. Denn: Hybrid- und Plug-in-Hybridfahrzeuge decken mittlerweile nahezu alle Ansprüche an Leistung und Fahrkultur ab – vom „vernünftigen“ Stadtfahrzeug bis zum aufregenden Sportwagen. Doch gerade hier stellen die unterschiedlichen Systeme besondere Herausforderungen an die Batteriesysteme. Ob diese Batteriesysteme tatsächlich konstruktiv anders sein müssen als etwa bei vollelektrischen Fahrzeugen, hängt stark von der jeweiligen Betriebsart ab.

Ein Plug-in-Hybridfahrzeug erfüllt je nach Konstruktion den Alltagsbedarf an Mobilität durch rein elektrisches Fahren, garantiert jedoch bei Bedarf auch eine höhere Reichweite. Technisch ist einer der Vorteile eines elektrischen Antriebsstrangs der Gesamtwirkungsgrad. Li-Ionen-Batterien haben einen coulombschen (Lade-)Wirkungsgrad von praktisch 100 Prozent und einen Energiewirkungsgrad, der weit mehr als 90 Prozent betragen kann. Der Wechselrichter hat auch Wirkungsgrade von mehr als 90 Prozent, ebenso die elektrische Maschine. Bei einem Verbrennungsmotor hingegen liegen die Werte deutlich niedriger. Ferner kann man beim Bremsen elektrische Energie wieder zurück in die Batterie führen (Rekuperation), indem man den Elektromotor als Generator arbeiten lässt. Fazit: Je länger und mehr man einem konventionellen Verbrennungsmotor diesen elektrischen Strang mit dem Gesamtwirkungsgrad zur Verfügung stellen kann, desto effizienter wird das Gesamtfahrzeug.

Um die Frage zu klären, ob gerade für Plug-in-Hy­bridfahrzeuge aus technischen Gründen andere Batteriezellen nötig sind als für konventionelle Hybridsysteme – und auf der anderen Seite vollelektrische Fahrzeuge –, bedarf es zunächst einer besonderen Betrachtung der verschiedenen Antriebsarchitekturen. Hierbei unterscheidet man grundsätzlich serielle von parallelen Hybridantrieben.

Seriell und parallel

Der serielle Hybridantrieb (S-HEV) ist möglicherweise die älteste Form des Hybridantriebes. Seit vielen Jahrzehnten wird er weltweit erfolgreich etwa in sogenannten Diesel-Elektro-Lokomotiven eingesetzt. Ein Verbrennungsmotor lädt dabei über einen Generator die Batterie. Diese liefert wiederum Strom für einen elektrischen Antriebsmotor. Der Vorteil dabei ist, dass die Drehzahl des Verbrennungsmotors so energieeffizient wie möglich geregelt werden kann, solange die angeforderte elektrische Energie bereitgestellt wird. Je nach Betriebsstrategie kann der Verbrennungsmotor aber auch „hochgefahren“ werden, etwa, wenn kurzfristig mehr Energie benötigt wird. Der Betrieb im effizientesten Drehzahlbereich ermöglicht einen niedrigen Treibstoffverbrauch und besonders niedrige Schadstoffemissionen. Allerdings bedeutet die doppelte Energieumwandlung über Verbrennungsmotor, Generator, Batterie und Elektromotor auf die Radachse einen Wirkungsgradverlust von rund 30 Prozent.

Anders als bei seriellen Konzepten wird bei parallelen Hybridkonzepten typischerweise nur eine E-Maschine benötigt, die sowohl (ganz oder teilweise) als Antriebsmotor dient, aber auch generatorisch beim Abbremsen Energie zurück in die Batterie lädt. Diese E-Maschine ist mechanisch mit der Antriebswelle des Verbrennungsmotors verbunden. Die Drehmomente beider Motoren können nun flexibel variiert werden, während die Drehzahlen jeweils in einem festen Verhältnis stehen. Zusätzlich ist eine rein mechanische Kraftübertragung vom Verbrennungsmotor auf die Antriebsachse möglich. Der Gesamtwirkungsgrad liegt dadurch höher als bei den anderen Hybridkonzepten. Der grundlegende Vorteil des Parallelhybrids liegt jedoch darin, dass der konventionelle Antriebsstrang in weiten Bereichen technisch nur wenig geändert werden muss. Damit besteht die Möglichkeit, den konventionellen Antriebsstrang in weiten Bereichen beizubehalten. Der Fahrer muss sein Fahrverhalten kaum ändern, das steigert die Akzeptanz.

Reichweite entscheidet

Die beiden Hybridkonzepte verkörpern den Leitgedanken bei der Entwicklung einer PHEV-Batterie. Auf den Kern reduziert wären dafür entweder eine ausreichend groß dimensionierte und per Stecker aufladbare Hybridbatterie geeignet (paralleler Antrieb) oder eben eine Batterie, die von einem Range-Extender unterstützt wird (serieller Antrieb). Dabei wird diese Frage stets abhängig vom tatsächlichen Bedarf und den entsprechenden Forderungen der Kunden etwa nach Reichweite oder Fahrleistung beantwortet werden müssen. So bietet sich für „kleinere“ rein elektrische Reichweiten eher die parallele Verschaltung von elektrischer Maschine und Verbrenner an. Lässt die Batteriegröße bereits höhere Reichweiten zu, kann eine serielle Verschaltung Sinn ergeben. Man fährt damit dann immer elektrisch, ebenso wie man mit einem leeren Handyakku ja auch ohne Aufladen sofort wieder telefonieren kann, sobald man das Ladegerät in die Steckdose gesteckt hat. Die Herausforderung dieser Architektur ist jedoch der Verbrennungsmotor. Wird er zu groß, mündet dies in Gewichts- und Kostennachteile, wird er zu klein, leidet die Reichweite – man bleibt nicht liegen, aber bei Fahrfreude und erzielbarer Höchstgeschwindigkeit wird man Einbußen hinnehmen müssen. Ein solches Konzept lebt letztlich davon, dass die weit überwiegende Distanz mit Batterieladung zurückgelegt wird.

Eine zusätzliche Lademöglichkeit – über die Steckdose – erlaubt auch bei parallelen Antriebskonzepten ein längeres rein elektrisches Fahren. Man benötigt jedoch nicht zwingend eine Lademöglichkeit, sondern kann stets in Teilzyklen über Rekuperation oder den Verbrenner wieder aufladen. Selbstverständlich bleibt aber genauso die Option, die Batterie extern wieder vollzuladen, wenn es Infrastruktur und Zeit zulassen. Viele Zusatzfunktionen wie das elektrische Gleiten oder Segeln sind über größere Distanzen möglich. Der typische Energieinhalt einer Batterie für 40 bis 80 km Reichweite liegt bei 6 bis 16 kWh (einem Verbrauch von bei 15 bis 20 kWh/100 km). Damit rücken Ladeströme und Kosten in einen realistischen und praxistauglichen Bereich. Die parallele Variante des PHEV ist also die konsequente Weiterentwicklung des HEV, der auch eine kleine Strecke rein elektrisch zurücklegen könnte, aber durch den weit höheren elektrischen Anteil nun auch eine deutliche Verbesserung des Gesamtwirkungsgrades erlaubt.

Erhöhung der Leistung

Dass die für ein PHEV benötigten Batterien vom Energieinhalt kleine Traktionsbatterien sind – ähnlich BEV-Batterien – spricht erst einmal gegen eine technisch abweichende Konstruktion. Einige Fahrzeughersteller wünschen sich gerade bei Parallelsystemen zusätzlich eine sehr große (über 100 kW) elektrische Leistung, damit der Verbrennungsmotor auch bei höherer Beschleunigung nicht anspringt. Um nun keine neuen Zellen entwickeln zu müssen, werden die Elektrodenlagen im Vergleich zu einer EV-Zelle dünner konstruiert. Damit vergrößert sich gleichzeitig die Oberfläche, wodurch mehr Elektroden bei gleicher Zellgesamtdicke vorhanden sind. Da sich die elektrische Leistung innerhalb der Zelle aus dem spezifischen materialabhängigen Widerstand und dem Quotienten aus Dicke und Oberfläche der Elektrodenlagen (der geometrische Anteil) ableitet, können so leistungsfähige PHEV-Batterien auf der Grundlage von BEV-Zellen entstehen. Alle Rezepturen und Fertigungsanlagen für BEV-Zellen können übernommen werden, am Ende muss man nur mehr und dünnere Lagen verbauen. Die sinnvolle Grenze setzen hier Energiedichte und Kosten. Je mehr Lagen, desto weniger Energiedichte und desto höher die Kosten, je weniger Lagen, desto weniger spezifische Leistung. Dieses Designelement ist die wesentliche Herausforderung bei PHEV-Zellen.

Das heutzutage vielversprechendste Zellmaterial dabei ist Kohlenstoff (mit hohem Graphit-Anteil) auf der negativen („Anode“) und NCM (Nickel-Kobalt-Mangan) auf der positiven Elektrode („Kathode“). NCM scheint hierbei ein idealer Kompromiss und hat sich mittlerweile durchgesetzt: Nickel sorgt für Energieinhalt, Kobalt für Stabilität und Lebensdauer, Mangan für Sicherheit. Neben der Kombination N:C:M 1:1:1 werden davon abweichende Zusammensetzungen erprobt, die auf eine nickelreiche Chemie abzielen, um die Energiedichte zu erhöhen. Uneinigkeit besteht allerdings bezüglich der Zelltypen.

Traditionell werden in der Batterieherstellung als Hülle starre Metallgehäuse aus Stahl oder Aluminium verwendet – mit einem runden Querschnitt bei einer zylindrischen (Rund-)Zelle und einem eckigen Querschnitt bei einer prismatischen Zelle. Rundzellen stoßen gerade wegen ihrer kompakten Bauweise mit einer entsprechend kleinen Oberfläche schnell an die Grenzen ihrer thermischen Belastbarkeit und können in der Kombination mehrerer Zellen zu einem Batteriepack zudem weitaus weniger eng gepackt werden als prismatische Zellen. Diese besitzen eine rechteckige und damit platzsparende Grundfläche, die Zellschichten liegen hier gestapelt übereinander und sind dabei mehrfach verschaltet.

Ähnlich verhält es sich bei den sogenannten Pouch-Zellen; auch diese bestehen aus gestapelten Schichten und haben eine prismatische Grundfläche. Während um zylindrische und prismatische Zellen ein festes Metallgehäuse montiert wird, kommen Pouch-Zellen ohne diese starre Hülle aus. Sie werden mit einer flexiblen, kunststoffbeschichteten Aluminiumfolie umhüllt. Die Vorteile der Pouch-Zellen liegen im geringeren Gewicht gegenüber „klassischen“ Zellformen und der deutlich größeren Flexibilität in der Produktion. Der technische Aufbau ist zudem einfacher. So wird der gesamte Aufbau der Zelle simplifiziert, die Anzahl der Zellbauteile ist deutlich reduziert. Dank der flexiblen Gehäuse­konstruktion lassen sich die inneren Elektroden außerdem durch Druck von außen direkt verpressen, was die Lebensdauer verlängert und die Zahl möglicher Ladezyklen erhöht.

Mit der Steigerung der möglichen Ladezyklen begegnet die Pouch-Zell­archi­tektur auch einer der Hauptherausforderungen bei einer PHEV-Batterie, die abhängig von der Betriebsstrategie ist. Nutzt man das PHEV als Kombination zwischen HEV und BEV, so wird man einen teilzyklischen Betriebsmodus erwägen. Dies gilt insbesondere beim parallelen PHEV. Beim HEV ist es wichtig, bei einem durchschnittlichen Ladestand der Batterie (State of Charge, SOC) um die 50 Prozent sehr viele Zyklen (über eine Million) mit relativ hohen Stromstärken und kleinen Hüben (sogenannte „Shallow-Zyklen“) zu erreichen. Beim EV möchte man gerne mit einer vollgeladenen Batterie möglichst weit kommen, also Vollzyklen fahren. Diese werden in der Regel etwas beschnitten: Statt 0 bis 100 Prozent der Kapazität werden also 5 bis 95 Prozent genutzt, um die Lebensdauer der Batterie zu erhöhen und eine Tiefentladung nach längerem Stillstand zu vermeiden. Hier werden mindestens 2000 Vollzyklen bei Raumtemperatur und 80 Prozent Restkapazität für eine BEV-Batterie gefordert.

Das PHEV stellt als Kombination der Ansprüche aus HEV und BEV im Spagat zwischen Leistungsabgabe und Energiespeicherung wie beschrieben höhere Anforderungen an die Zelle – die Fahrzeughersteller fordern bereits bis zu 8000 Vollzyklen. Zum Teil lässt sich auf diese Anforderungen mit dünneren Elektrodenschichten effektiv ­reagieren. Hier liegt sicher eine der Herausforderungen bei der Entwicklung von PHEV-Zellen, die aber technisch lösbar sein wird.

Lithium-Ionen-Zukunft

Moderne Lithium-Ionen-Batteriesysteme ermöglichen nicht nur ganz unterschiedliche Antriebsarchitekturen der Elektromobilität, sie bieten auch verschiedene Lösungsmodelle für die Herausforderungen bei Hybridfahrzeugen. Erfolg hat der Fahrzeughersteller, der es schafft, das beste Portfolio aus Antriebsarchitektur, Verbrennungsmotor, elektrischer Maschine und Batteriesystem zusammenzustellen. Die PHEV-Architektur bedient dabei eine Vielzahl von Anforderungen, um praxistaugliche und damit vom Kunden akzeptierte Fahrzeuge zu gewährleisten. Die Gestaltung der Batterie muss diesen Anforderungen in allen Bereichen gewachsen sein und stellt dabei (noch) technische Herausforderungen – etwa beim Aktivmaterial der positiven Elektrode NCM, der Zellauslegung (Elektrodendicke) und der Betriebsstrategie. Im engen Schulterschluss mit Zellherstellern sind diese Herausforderungen jedoch technisch zu meistern.

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