Interview mit Jürgen Hahnrath von Cisco Vorteile von WLAN in der Produktion

Jürgen Hahnrath, Head of IoT Solutions bei Cisco Deutschland, im Gespräch im A&D

Bild: Cisco
07.02.2017

Die drahtlose Kommunikation zieht zunehmend in die Fertigungshallen ein. Wireless LAN macht die Produktion transparenter und flexibler, allerdings sind auch Grenzen gesetzt, wie Jürgen Hahnrath, Head of IoT Solutions bei Cisco Deutschland, im Gespräch im A&D erläutert.

A&D:

Wo sehen Sie in der Produktion das Haupteinsatzgebiet von Wireless LAN?

Hahnrath:

Digitale Informationen für Mitarbeiter zur Verfügung zu stellen, die sich in der Fertigung bewegen. Es geht klassisch darum, mobile Endgeräte zu verbinden und Echtzeitkommunikation sicherzustellen. Beim Aufbau eines WLANs empfehlen wir einen zentralen Controller für das Monitoring der Access Points. Hier lassen sich die Sendefrequenzen kontrollieren und Sendeleistungsstörer detektieren. Außerdem ist die Standortbestimmung von Handheld-Devices durch Triangulation möglich. Durch zusätzliche aktive RFID-Tags können mit einer Genauigkeit von unter 50 Zentimeter beispielsweise auch bestimmte Werkzeuge geortet werden. Damit erschließen sich für eine WLAN-Infrastruktur neue Einsatzszenarien.

Sehen Sie Wireless-Netzwerke auch für Bedienkonzepte in der Fertigung?

Früher und in vielen Betrieben noch heute erfolgt die Einstellung eines Parameters oder das Monitoring einer Maschine durch einen Mitarbeiter mit Laufzettel. Hier kann keine Echtzeitkommunikation erfolgen, die Dokumentation erfolgt ebenfalls zeitversetzt. Die optimale Einstellung der Parameter lässt sich in Echtzeit über digitale Medien wesentlich besser machen. Das ist ein Eignungsfall, wo relativ klar wird, wie Digitalisierung für den Anwender einen Mehrwert bringen kann. Denn ich muss nicht zurück wegen der Daten, die mir fehlen und einen Experten konsultieren. Stoße ich auf ein Spezialproblem, laufe ich nicht zum nächsten Telefon. Auch hier lassen sich mobile Geräte verwenden, oft gleich mit Videoübertragung.

Ist Wireless LAN auch die Lösung für modulare Fertigungseinheiten?

Absolut! Werden aus bestimmten Prozessgründen die Fertigungseinheiten oft umgebaut, so ist das eine willkommene Lösung. Allerdings muss man sich darüber im Klaren sein, welche Prozesse dahinter hängen, ob Echtzeit notwendig ist, und wie die Verfügbarkeit des Mediums in der Umgebung ist. Steht die Flexibilität im Vordergrund, so ist technisch mit einer entsprechenden Überwachung auch die Verfügbarkeit kein Problem. Wird ein Datenpaket durch eine äußere Störung nicht übertragen, so erfolgt sofort der erneute Versuch bis es klappt. Allerdings sollten eben keine Realtime-Anwendungen über Wireless LAN realisiert werden. Hier sind dem Medium im Vergleich zu Echtzeitfeldbussen einfach nicht weg zu diskutierende Grenzen gesetzt.

Braucht es für den Industrieeinsatz eigentlich spezielle Access Points?

Wir haben natürlich spezielle Industrie-Access-Points, die M12-Verschraubungen für staubdichte Verbindungen ermöglichen, ein IP67-Gehäuse und einen erweiterten Bereich für die Betriebstemperatur besitzen. Dann gibt es natürlich noch Spezialvarianten für Umgebungen mit Explosionsschutz oder ähnlichem. Aber in vielen Fertigungsanlagen ist das nicht notwendig. Hier genügen Standard-Access-Points aus unserem Portfolio, um eine WLAN-Infrastruktur einzurichten. Unsere Industriekunden nutzen deshalb oft Access Points aus Büroumgebungen. Die grundlegende Funktionalität und Technik der Industrie- und Office-Access-Points unterscheidet sich nicht. Im Industrieumfeld arbeiten wir in der Regel aber mit externen Antennen, die eine bessere Sende- und Empfangsleistung ermöglichen.

Im Fabrikumfeld herrschen oft starke Ströme und Störeinflüsse. Ist da der aktuelle 802.11ac-Standard robust genug?

Bei 802.11ac sind viele Probleme von älteren Standards gelöst. Hierzu zählen die Priorisierung von Geräten, höhere Übertragungsbandbreiten und vor allem Funktionen zum Ausrichten der Sendeleistung auf das Endgerät. Aus unserer Erfahrung heraus ist der ac-Standard derzeit am besten für den Einsatz im Industrieumfeld geeignet. Außerdem funktioniert die Rückwärtskompatibilität problemlos. Es bleibt aber auch hier dabei, eine unterbrechungsfreie Kommunikation in Realtime lässt sich noch nicht gewährleisten.

Für einfaches Monitoring oder Parametrieren von Maschinen über mobile Geräte kommt oft Bluetooth zum Einsatz. Unterstützt Cisco die drahtlose Technik?

Unsere aktuellen Access Points detektieren über den 2,4-GHz-Bereich alles, was über Bluetooth abläuft. Hierzu zählen beispielsweise die MAC-Adressen und Sendeleistungen der Bluetooth-Geräte in der Umgebung. Dies dient in erster Linie der Gewährleistung der Betriebssicherheit, um zu wissen, welche Bluetooth-Geräte in der Umgebung kommunizieren, ob unbekannte Devices dabei sind und um potenzielle Störquellen ausfindig zu machen. Was wir derzeit bei unseren Access Points nicht machen, ist über Bluetooth Daten zu transportieren.

Unterstützen Sie Ihre Industriekunden bei der Planung und Installation einer WLAN-Infrastruktur?

Sowohl wir als auch unsere Systemintegrations-Partner bieten solche Services an. Hierzu zählen Ausleuchtungsplanung und Detektion von Störquellen. Wir bieten für Kunden, die beispielsweise mit ihrer Infrastruktur schon begonnen haben und sich in die Fertigungshalle mit einer WLAN-Installation hineinbewegen, diese Services sogar als Funktion auf unseren Controllern an. Der Kunde kann selbst durch die Fertigung laufen und Störer visualisieren. Das ist natürlich sehr aufwendig und oft fehlen hierfür die Zeit und Ressourcen. Der Kunde hat aber immer die Wahl und kann aus den Services von Cisco, den Partnern und dem Selbst-Service wählen, oder diese kombinieren. Die Überprüfung der Ausleuchtung durch den Kunden selbst bietet sich beispielsweise an, wenn er in seiner flexiblen Fertigung eine Maschine nur etwas anders platziert.

Verzeichnet der Einsatz von WLAN in der Produktion ein starkes Wachstum?

Ja! Warum? Weil in sehr vielen Produktionsstätten noch nichts vorhanden ist. Und wie schon erwähnt, muss eine WLAN-Infrastruktur nicht zwangsläufig mit gehärteten Access Points aufgebaut werden. Oft erfüllen die normalen Office-Geräte die Herausforderungen. Das hat für Kunden den Vorteil, mit einer vertrauten Infrastruktur arbeiten zu können, die Kosten bleiben überschaubar. Auch beim Thema Security gelten die gleichen Voraussetzungen wie unsere Kunden es aus dem Office-Umfeld kennen. Wir rollen immer ein Zertifikat, eine User-ID und ein Passwort aus. Nur wenn alles zusammen passt, kommt ein Gerät in das WLAN.

Bildergalerie

  • Speziell für die Industrie git es Access-Points mit M12-Verschraubungen und einem IP67-Gehäuse.

    Speziell für die Industrie git es Access-Points mit M12-Verschraubungen und einem IP67-Gehäuse.

    Bild: iStock, Xurzon

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