Titelthema Sicherheit im Gesamtpaket

Bild: Siemens
27.05.2015

Der Einsatz von Safety-Funktionen wächst, und sei es nur durch die Ergänzung einfacher Anwendungen durch einen Notausschalter. Die Anbindung über diskrete Sicherheitsrelais ist scheinbar einfach, doch Aufbau, Programmierung und das Handling im Fehlerfall werden mit jeder Funktion, die hinzugefügt wird, komplexer. Die bessere Alternative ist ein Controller mit integrierter Safety.

Ob das Überdruckventil bei der Biogasanlage, der Notausschalter an der Brotschneidemaschine beim Bäcker oder die Lichtschranke an der Werkstückrückführung – Sicherheit für Mensch und Maschine ist ein Thema, dem immer mehr Bedeutung zukommt. „Früher waren Sicherheitsfunktionen nur in komplexen Anlagen gefragt, für die höherwertige Steuerungen benötigt wurden. Inzwischen ist Safety auch bei einfacheren Anwendungen ein Thema“, weiß Markus Kempf, Produktmanager für die sicheren Simatic-Steuerungen bei Siemens. Angesichts dieser Marktentwicklung hat der Konzern sein Portfolio an Controllern mit integrierter Safety nach unten erweitert. Mit der Einführung der fehlersicheren CPUs in der Simatic S7-1200 ist nun das Portfolio der Siemens-Controller komplett in Failsafe-Versionen erhältlich. Den Anfang machten die Advanced Controller S7-1500 und die Distributed Controller ET 200SP. Die dort verwendeten Mechanismen kommen nun auch in den Basic-Controllern zum Einsatz. Sie sind zertifiziert gemäß EN 61508:2011-2 und EN ISO 13849-1 PL e.

Sicherheit einfach machen

Das F am Ende der Produktbezeichnung steht für Failsafe und zeigt an, dass dieses Modell für Safety-Anwendungen geeignet sind. „Der Controller ist kein Ersatz für eine gelbe Box“, betont Marketing-Manager Stefan Sattler, „sondern er umfasst eine Steuerung für die normalen Automatisierungsaufgaben, die zusätzlich auch die sicherheitsrelevanten Aufgaben abarbeiten kann.“ Die Vorteile für den Maschinenbauer, die sich daraus ergeben, sind vielfältig.

Dank der Integration der Sicherheitsaufgaben vereinfacht sich der Aufbau einer Automatisierungslösung erheblich. Sattler nennt als Beispiel eine einfache Anwendiung mit einem Not-Halt, einer Schutzklappe und einem Betriebsartenwahlschalter. Statt Safety mit externen Mitteln zu realisieren, die bei der Verkabelung entsprechend mehr Aufwand bedeuten würden, lässt sich die Funktion einfach mit der fehlersicheren Simatic-Steuerung abdecken. Insbesondere wenn mehrere Sicherheitsfunktionen zusammenspielen müssen, steigt die Komplexität einer konventionellen Verdrahtung schnell an. Hier kann ein Controller mit integrierter Safety seine Vorteile deutlich ausspielen.

Einheitliches Engineering

Ein weiteres Plus sieht Kempf in der Programmier- und Konfigurationsumgebung der Steuerungen, dem TIA-Portal und den darin enthaltenen KOP- und FUP-Editoren. „Der Ingenieur entwickelt seine Anwendung, darauf legt er sein Hauptaugenmerk, denn das ist sein Alleinstellungsmerkmal. Die Sicherheit ist oft nur nachgeschaltet, beispielsweise um gesetzliche Anforderungen zu erfüllen.“ Bei einer solchen Herangehensweise treten aber Probleme auf, die die Entwicklung unnötig belasten. „Es stellt sich dann die Frage, wie man beispielsweise die Diagnose des Systems aufbauen kann, oder wie man die Fehlermeldung des Safety-Teils in die Standardsysteme bekommt – oder zum Servicetechniker“, so Kempf. Die Alternative, die Siemens anzubieten hat, bedeutet eine einheitliche Entwicklungsumgebung für Standard-Automatisierungs- wie für Safety-Aufgaben. Die Programmierung erfolgt aus einem Guss, Diagnose- und Validierungstools decken das gesamte Projekt ab.

Wenn die Anlage wächst oder zusätzliche Funktionen ­implementiert werden sollen und die bislang verwendete Steuerung nicht mehr ausreicht, bietet sich dem Entwickler die ­Chance, einfach auf ein größeres Modell innerhalb der Simatic-Familie zu migrieren. Die Programmierung muss nicht angetastet werden, auch wenn zum Beispiel statt der 1200er-Familie nun ein Controller der 1500er-Serie zum Einsatz kommt. Ebenso können Teilprojekte in einer Bibliothek abgelegt und wiederverwendet werden, ebenfalls über die verschiedenen Controller-Serien hinweg. Letztendlich tragen alle diese Punkte dazu bei, dass die Entwicklung in kürzerer Zeit vonstatten geht – die höhere Geschwindigkeit ist ein direkter Wettbewerbsvorteil, die geringeren Kosten sind es mittelbar ebenfalls.

Nicht zuletzt profitiert von der Integration auch der Kunde, der die Anlage oder Maschine betreibt. Denn über das TIA-Portal lassen sich auch Fehlermeldungen aus dem Safety-Bereich ins HMI mit einbinden. Im Servicefall wird dann dem Anwender eine Fehlerbeschreibung im Klartext ausgegeben, bei Bedarf sogar mehrsprachig. „An einem Relais habe ich unter Umständen nur eine blinkende Safety-LED, nach deren Bedeutung man dann im Servicehandbuch blättern muss“, beschreibt Kempf die Alternative. Für den Anwender sei dies aber nicht nur eine Komfortfrage. Letztendlich gehe es darum, wie lange die Anlage steht, bevor sie wieder hochgefahren werden kann. aussagekräftige Systemmeldungen und Fehlerbeschreibungen seien ein wichtiger Beitrag, Stillstandszeiten zu reduzieren.

Portfolio wird ausgebaut

Für die Failsafe-Controller gibt es zusätzliche fehlersichere I/O-Module für die Safety-Anwendungen. Das Signalmodul SM 1226 F-DI bietet sichere Eingänge, an denen beispielsweise Nothalt-Befehlsgeräte, Positionsschalter und Lichtvorhänge verdrahtet werden können. Die Signalmodule SM 1226 F-DQ und SM 1226 F-DQ RLY bieten sichere Ausgänge, über die entsprechende Reaktionen angestoßen werden können. Ein Modul, das sichere Ein- und Ausgänge kombiniert, ist in Vorbereitung.

Nicht nur Safety im Blick

Neben dem Safety- hat sich der Hersteller bereits seit einigen Jahren verstärkt auch dem Security-Thema gewidmet, das inzwischen immer größere Bedeutung erlangt. Die Siemens-Automatisierungstechnik war „Opfer des eigenen Erfolgs“ geworden, wie es Markus Kempf formuliert. Denn zunehmend hatte die Security-Community das industrielle Umfeld in den Fokus gerückt, und auch die weit verbreiteten Steuerungen des Elektronikkonzerns waren unter Beobachtung genommen worden. „Das hat im ersten Moment schon weh getan“, gibt der Ingenieur zu, als eine Angriffsmöglichkeit aufgedeckt worden war. Seither unternimmt Siemens große Security-Anstrengungen, um seine Technik sicherer zu machen.

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