Sensorik & Messtechnik Oberfläche extra Scharf

SVS-VISTEK GmbH

Bild: Claudiad; SVS-Vistek
30.04.2014

Manche Objekte möchte man komplett scharf sehen. Das kann gelingen, wenn man eine Kamera seitlich über dem Objekt anbringt. Doch dabei ist einiges zu bedenken.

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Für einen Hersteller industrieller Bildverarbeitung erscheint die Aufgabe, ein System zur Oberflächenkontrolle einzurichten, einfach. Auch die Einschränkung, dass die Kamera nicht direkt über dem zu prüfenden Material montiert werden kann, hört sich nicht nach einer Herausforderung an. Die Kamera wurde einfach seitlich über dem Band in Position gebracht. Eine geometrische Verzerrung des Bildes ist voraussehbar, sie stellt kein Problem dar. Doch die Ernüchterung kommt beim Einrichten des Systems: Schon bei mittleren Blendenzahlen zeigt sich am oberen wie am unteren Rand des Bildes eine Tiefenunschärfe, die keine Aussagen mehr über die Qualität der zu prüfenden Oberfläche zulässt. Also verkleinert man die Blendenzahl. Nun ist alles scharf, doch zieht sich ein Schleier über das gesamte Bild, der Details verschluckt und die Auswertung erschwert.

Das Phänomen heißt räumlich begrenzte Tiefenschärfe. Mit kleinerer Blende lässt sich die Tiefenschärfe zwar erhöhen, doch tritt bei größer werdenden Blendenzahlen eine Beugung an der Blende auf, die das Bild unscharf erscheinen lässt. Verschiedene Wellenlängen des Lichts werden verschieden gebeugt und verwischen so Details, die für die Auswertung des Bildes von Bedeutung sein können. Wird die Blende vergrößert, verschwindet dieser Effekt, verkleinert gleichzeitig jedoch den Bereich der Tiefenschärfe. Ein kleinerer Sensor könnte hier Abhilfe schaffen. Denn Fotografen erzeugen Tiefenunschärfen mit großformatigen Sensoren oder langen Brennweiten. Längere Brennweiten, größere Blendenzahlen und kleinere Sensoren sind jedoch nur Versuche einer Kompensation. Sie alle kommen einher mit negativen Auswirkungen auf die Qualität des Bildes.

Scheimpflug und die Verkippung

Um das Dilemma zu lösen, erscheint die scheimpflugsche Regel am besten geeignet. Theodor Scheimpflug, Kartograf aus dem 19. Jahrhundert, fand heraus, dass sich eine Ebene scharf abbilden lässt, wenn diese sich mit den Ebenen des Objektivs und des entstehenden Bildes in einer Geraden schneiden. Die Regel beschreibt dabei die allgemeine Gültigkeit der Linsengleichung für jeden einzelnen Punkt auf der Objektebene. Die addierten Inkremente von Objektabstand (a) und Bildabstand (a‘) sind gleich dem Inkrement der Brennweite: 1/a + 1/a’ = 1/f. Normalerweise liegen diese Ebenen parallel zueinander. Werden Sensor und Objektiv jedoch nicht parallel, sondern mit einem Winkel zueinander positioniert, verkippt dieser unmittelbar die Schärfeebene, den Bereich in dem das Objekt mit höchster Auflösung abgebildet werden kann. Dadurch erscheint sowohl das obere als auch das untere Ende des Bildes scharf. Mit den heutigen starren Aufbauten von Belichtungseinheit und Objektiv lässt sich eine Verkippung nur mit Aufwand bewerkstelligen.

Tilt-Objektive ermöglichen bei Spiegelreflex-Kameras eine Verkippung. Für den industriellen Sektor wurde ein auf die SVCam-ECO-Serien angepasster Adapter entwickelt, der die Kamera komplett umschließt. Das Verkippen gegenüber den Objektiv-Mount, dem Gewinde, erfolgt auf der Sensor-Achse. Das Objektiv wird dann auf das Mount des Adapters geschraubt. Mit diesem Adapter lässt sich der Winkel ermitteln, in dem sich das Objekt auf ganzer Fläche scharf präsentiert. Zudem kann die Abbildungsqualität preiswerter C-Mount Objektive mit verkippten Sensor getestet werden.

Ist der entsprechende Winkel ermittelt, könnte der Sensor verkippt werden. Da die Angaben auf den Objektiven bezüglich der genauen Lage ihrer optischen Achsen oft unzureichenden sind, und sie sich zudem bei der Justage des Fokus verschieben können, ist eine rechnerische Lösung schwierig. Moderne Objektive besitzen außerdem zwei Objektivebenen. Die um diesen Sachverhalt erweiterte Scheimpflugregel lautet, dass die Schnittgraden der sensor-seitigen Objektivebene mit der Sensorebene parallel zu der Schnittgraden der objektseitigen Objektivebene mit der Objektebene sein müssen.

Das Shiften

Die bereits erwähnten und auf dem Markt für professionelles Fotografenzubehör erhältlichen Tilt-Objektive kommen meist noch mit einer weiteren Eigenschaft einher: dem Shift. Er soll stürzende Linien vermeiden, wie sie bei Aufnahmen von hohen Gebäuden zu sehen sind. Da Abbildungen auf zwei-dimensionalen Medien immer mit einer Perspektive behaftet sind, erscheinen parallele Linien nur im Idealfall auch auf der Abbildung als parallel. Objekte, die weiter vom Sensor entfernt sind, erscheinen kleiner als Objekte nah am Sensor. In den allermeisten Fällen ist dies kein Problem und kann, wenn nötig, leicht mit einer Korrektur am Computer behoben werden.

Wie bei der Verkippung der Schärfeebene nach Scheimpflug beruht das Prinzip des Shift auf einer Veränderung der Lage des Sensors zum Objektiv. Statt einer Verkippung wird hier eine Verschiebung des Sensors vorgenommen. Der seitlich vom Objekt positionierte Sensor bleibt parallel zum Objekt ausgerichtet. Ohne eine Verschiebung des Sensors zum Objektiv würde lediglich viel Fläche des Sensors verloren gehen. Durch eine Verschiebung des Objektivs parallel zum Sensor, kann wieder die gesamte Fläche des Sensors belichtet werden. Bei diesem Vorgang wird wieder die allgemeine Gültigkeit der Linsengleichung unterstrichen, denn auch beim Shiften gilt: 1/a + 1/a’ = 1/f. So ist durch die Parallelität aller drei Ebenen die Schärfeebene wieder gleich der Objektebene. Es mag so erscheinen, dass das Shiften eine bessere und einfachere Alternative zur Verschiebung nach Scheimpflug darstellt. Sie hat jedoch einen großen Nachteil: Ohne eine Verschiebung des Objektives steigt die benötigte Fläche des Sensors. Mit einer Verschiebung des Objektives steigt der vom Objektiv benötigte Bildkreis, was die hohen Preise auf dem Markt erhältlicher Tilt/Shift-Objektive erklärt und ihren maximalen Verschiebewinkel begrenzt.

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