Fachbeitrag Brandgefährlicher Müll

Bild: Wasja/iStockphoto, Helector Recyclingcenter
27.03.2014

Aufgrund seines Materialgemisches birgt Abfall ein hohes Brandrisiko. Recyclingunternehmen brauchen daher eine gut funktionierende Brandschutzlösung. Dass Brandmelder punktgenau und täuschungssicher arbeiten, ist dabei besonders wichtig.

Immer wieder kommt es in Deutschland zu größeren Bränden in Recyclinganlagen. Das kann viele Ursachen haben: „Bereits im angelieferten Müll können sich Glutnester verstecken“, ist die Erfahrung von Christian Ehlert, Brandober­inspek­tor bei der Feuerwehr Osnabrück. „Wichtig ist also schon hier eine genaue Prüfung, beispielsweise mit einem Infrarot-Brandmelder, der über dem Abschüttplatz angebracht ist.“ In seltenen Fällen kann es auch passieren, dass sich der Müll in der weiteren Verarbeitung durch chemische Prozesse selbst entzündet. Viel häufiger entsteht allerdings durch technische Defekte ein Kurzschluss, bei dem ein Funke auf den Müll überspringt. Es können sich außerdem große Metallteile in den Maschinen der Recyclinganlage verkanten und heiß laufen.

Auch in der Trockenstabilat-Anlage in Osnabrück gab es einen Brand, und immer wieder kam es auch zu Fehlalarmen. Aus diesem Grund entschloss sich die Betreiberfirma Helector Recyclingcenter Osnabrück dazu, schrittweise die Brand- und Sicherheitstechnik zu erneuern und zu erweitern.

Nach umfangreichen Tests hat sich das Unternehmen für eine individuelle Brandschutzlösung von Siemens entschieden. Dabei kommen unter anderem verschiedene Brandmeldertypen zum Einsatz – die teilweise als Sondermelder speziell für die Anforderungen in einem Recyclingbetrieb entwickelt wurden. Sie können entstehende Brände punktgenau und täuschungssicher detektieren.

Die genaue Ortung der Brandherde ist dabei ausschlag­gebend. „Brände entstehen, mit oder ohne Brandmeldetechnik“, sagt Ehlert. „Entscheidend ist es, Schwelbrände früh zu erkennen und genau zu lokalisieren. So kann die Feuerwehr schnell löschen.“

Herausforderung Recyclingbetrieb

Die sogenannte raue Umgebung in einer Recyclinganlage ist eine besondere Herausforderung für die Detektionssicherheit von Brandmeldern. Bei der Aufbereitung von Abfall entstehen bei einigen Prozessschritten Staub und andere Störfaktoren – in der Osnabrücker Anlage etwa stören Lkw-Abgase. In der Trockenstabilat-Anlage werden in mehreren mechanisch-biologischen Prozessstufen Siedlungsabfälle zu einem hochwertigen Brennstoff aufbereitet, dem sogenannten Trockenstabilat. Auch variieren die Zusammensetzung des Abfalls und damit die Störgrößen täglich, und selbst das Wetter hat einen Einfluss: Je nach Außentemperatur und Luftfeuchtigkeit verhält sich der Müll in der Behandlungstechnik unterschiedlich.

Neben dem Abfall an sich, der ein sehr inhomogenes Materialgemisch ist, sind auch die sich ständig verschärfenden Richtlinien und Vorschriften für den Brandschutz in Recyclingbetrieben eine besondere Herausforderung. „Wenn für die Recyclingbranche eine neue Richtlinie verabschiedet wird, müssen wir oft technisch nachziehen und mit neuen und innovativen Lösungen am Start sein“, so Roland Elmenhorst, Betriebsleiter der Trockenstabilat-Anlage. Seit dem Jahr 2005 muss beispielsweise jeder Abfall speziell aufbereitet sein, bevor er deponiert werden darf. Außerdem sind seine biologisch abbaubaren Komponenten für die Ablagerung massiv begrenzt worden. Mülltrennung und -sortierung sei auch deshalb in den letzten Jahren stark in den Fokus der Branche gerückt.

Wichtig war dem Recyclingunternehmen bei der neuen Brand- und Sicherheitstechnik daher eine Lösung, die auf die Herausforderung eines Recyclingbetriebs zugeschnitten ist, mit der Innovationsdynamik der Branche Schritt halten und folgende technischen Anforderungen umsetzen kann:

  • Überprüfung des angelieferten Abfalls auf Glutnester,

  • genaue Lokalisierung eines Brandes oder Brandherdes im Prozess der Aufbereitung und

  • Schutz des vollautomatischen Krans.

Außerdem soll der durchgängige Schutz der gesamten technischen Anlage gewährleistet sein, so dass ein Brand nicht über mehrere Prozessschritte weiter getragen werden kann.

Hotspot-Melder, Gassensoren und Brandmelder

Für den Einsatz der neuen Brandmeldetechnik musste im ersten Schritt das Brandschutzkonzept der Anlage überarbeitet werden. Installiert wurden dann sogenannte Hot-Spot-Melder, die auf Wärme reagieren, Gassensor-Meldeeinheiten, die auf Rauchgase ansprechen, und Brandmelder, die Rauch und Hitze/Wärme erkennen. Die Signale aller Brandmelder laufen in einer Brandmelderzentrale zusammen, die auf die Leitstelle der Osnabrücker Berufsfeuerwehr aufgeschaltet ist.

In dem Bereich, in dem die Siedlungsabfälle aus dem Stadt- und Landkreis angeliefert werden, sind die Hot-Spot-Melder an der Decke und an den Seitenwänden angebracht. Durch Infrarotsensoren erkennen sie, ob sich im ausgeschütteten Abfall ein Glutnest befindet. Wird ein solches detektiert, kann es gelöscht werden, bevor sich daraus im weiteren Verarbeitungsprozess ein Schwelbrand entwickelt. Der Infrarot-Melder wurde als Sondermelder speziell für den Einsatz in Recyc­ling­anlagen entwickelt. Die Osnabrücker Anlage berücksichtigt dank ihrer Parametrisierung auch die Abgase der Mülllaster als mögliche Täuschgröße.

Die etwa 2000 Quadratmeter große Rottehalle, in der Abfall gemischt und in Rotteboxen gefüllt wird, erhielt Rauchmelder und Gassensor-Meldeeinheiten, die frühzeitig eine Rauchentwicklung erkennen. Dabei können sie dank der so genannten ASA-Technologie (Advanced Signal Analysis, einer Weiterentwicklung der Algorithmentechnologie) Rauch von anderen Störgrößen wie Staub unterscheiden. Die Gassensormelder detektieren Brandgase von entstehenden Schwelbränden und sind wie die Hot-Spot-Melder eine Sonderlösung.

Brandherd genau lokalisieren

Anders als die zuvor verbauten Ansaugrauchmelder zeigen die neuen Melder in der Rottehalle nicht nur an, dass es ein Brand mit Rauchentwicklung entsteht, sondern über die Brandmeldezentrale auch, wo genau in der Halle sich die Brandquelle befindet. So können die Einsatzkräfte über die Feuerwehrinformationszentrale im Eingangsbereich der Anlage sofort feststellen, wo genau es brennt.

Eine Software verknüpft außerdem die Steuerung des Krans, der in der Rottehalle den Abfall von einem zum nächsten Prozessschritt bewegt, mit der Brandmeldezentrale. Im Brandfall wird ein Steuerimpuls für den Kran ausgelöst, der sich dann ohne beschädigt zu werden aus dem Brandbereich bewegt.

Falschalarme vermeiden

Im Juni 2013 hatte im Recyclingcenter Osnabrück eine größere Menge Natrium – dessen Entsorgung über den Hausmüll eigentlich verboten ist – Feuer gefangen und einen Schwelbrand ausgelöst. Die Brandmeldetechnik hat der Feuerwehr ein schnelles Eingreifen ermöglicht. Weder der Kran noch technische Anlagen wurden dabei beschädigt, und die Anlage hatte nur eine kurze Stillstandszeit. „Seit die Halle mit neuer Brandmeldetechnik ausgestattet ist, sind die Falschalarme auf ein Minimum gesunken“, beurteilt Brandoberinspektor Ehlert die Entwicklung. „Das spart uns Zeit und dem Betreiber Kosten“.

Um die Branderkennung weiter zu optimieren, ist es sinnvoll, die Melder an die verschiedensten Szenarien anzupassen, etwa an unterschiedliche Zusammensetzung des Abfalls, Wärmeentwicklung je nach Jahreszeit oder weitere Täuschgrößen. Dazu werden an verschiedenen Prozessstufen regelmäßig Messdaten erhoben. Das Projektteam kann sie jederzeit über ein Onlineportal abrufen. Mit den durchschnittlichen Messdaten aus einem Jahr lässt sich für jeden Melder ein individuelles Profil erstellen, so dass die Detektion präziser gelingt.

Bildergalerie

  • Mit Brandmeldeanlage verknüpft: Im Brandfall wird ein Steuerimpuls an den Kran gesendet, der sich dann automatisch aus dem Gefahrenbereich wegbewegt.

    Mit Brandmeldeanlage verknüpft: Im Brandfall wird ein Steuerimpuls an den Kran gesendet, der sich dann automatisch aus dem Gefahrenbereich wegbewegt.

    Bild: Helector Recyclingcenter Osnabrück

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