Verfahrenstechnik Ungenutzte Reserven

13.06.2014

Dem Thema Energieeffizienz wird bei der Auswahl von Kälteerzeugungsanlagen oft zu wenig Beachtung geschenkt. Dabei lassen sich mit gezielter Effizienzsteigerung und entsprechenden Komponenten beziehungsweise Technologien beträchtliche Einspareffekte erzielen – bis zu 50 Prozent.

In vielen Anwendungsfeldern der Prozess- und Verfahrenstechnik wird Kälte in definierten Temperaturspektren benötigt. Dazu gehören etwa die Lebensmittelproduktion, die Kunststoffverarbeitung, die pharmazeutische Industrie oder auch verschiedene Verfahren der Oberflächenbehandlung. Da die Kälteerzeugung dort aber eher ein Nebenprozess ist, wird die Energieeffizienz bei der Anlagenauswahl oft zu wenig beachtet. Zugleich werden damit interessante Möglichkeiten vernachlässigt, Kosten zu senken und Effizienzpotenziale zu heben – bei kurzen Amortisationszeiträumen. Eine Betrachtung dieser Aspekte ist auch deshalb wichtig, weil Kälteanlagen in vielen verfahrenstechnischen Betrieben gemeinsam mit der Druckluftstation die größten Einzelverbraucher elektrischer Energie sind.

Fortschritte in der Steuerungs- und Regelungstechnik machen den Einsatz neuer Technologien interessant, die nur geringe investive Mittel erfordern, aber nachhaltige Wirkung erzielen und sich somit in wenigen Monaten amortisieren können. Dazu gehören beispielsweise Frequenzumrichter-geregelte Pumpen, mit denen sich bis zu 30 Prozent der Pumpenantriebsenergie einsparen lassen. Spezielle Steuerungen für die Kältetechnik kann man bedarfsgerecht zu- und abschalten.

Noch größer sind die Effekte mit einer gleitenden Kondensationstemperatur-Regelung. Hier wird die Kondensationstemperatur der Anlage abhängig von der Außentemperatur gesenkt. Das reduziert die Laufzeit des Verdichters und spart bis zu 40 Prozent des Verdichter-bezogenen Energieverbrauchs. Sinnvoll ist auch – zumindest in gemäßigten Klimazonen – die Integration eines Freikühlers, der in der Übergangszeit und den Wintermonaten die Kühlung übernimmt und damit die Kältemaschine viele Monate entlastet. Sinkt die Außentemperatur auf unter 7 °C, kann man komplett auf die Kältemaschine verzichten.

Das spart im Durchschnitt rund 35 Prozent Energiekosten und lässt sich häufig ebenfalls bei bestehenden Anlagen realisieren. Ebenso reduziert ein für den jeweiligen Einsatzfall optimales Kältemittel den Energiebedarf der Anlagen. Wer etwa noch R 22 einsetzt, muss sich diesem Thema schon deshalb stellen, weil man ab Jahresbeginn 2015 nicht mehr in den Kältekreislauf derartiger Anlagen eingreifen darf. Natürlich lohnt sich eine Umrüstung auch schon vorher, weil sie oft mit Energieeinsparungen verbunden ist.

Wärmerückgewinnung mit Sparpotenzial

Nutzt der Anwender die von Kälteanlagen aufgenommene Abwärme zum Beispiel zur Beheizung von Hallen, zur Warmwasserbereitung oder als Prozesswärme, sinkt der Gesamtbedarf an Energie weiter, weil auch weniger Heizöl oder Erdgas benötigt wird. Vor allem bei kontinuierlichem Wärmebedarf, wie er oft in der Lebensmittelproduktion oder in Chemiebetrieben vorherrscht, lassen sich durch diese Kopplung der Thermoprozesse große Energiemengen einsparen.

Einige dieser Maßnahmen lassen sich nachträglich in vorhandenen Anlagen umsetzen. Dabei ist jeweils zu prüfen, ob eine Modernisierung unter dem Aspekt der Lebenszykluskosten sinnvoller ist als eine Neuanlage. Dabei sind weitere Faktoren wie etwa der künftig erwartete Kältebedarf zu berücksichtigen. Und es liegt auf der Hand, dass die Planung einer Neuanlage ein höheres Einsparpotenzial eröffnet als ein Retrofit – wobei auch hier die Möglichkeiten der Kältetechnik zur Effizienzsteigerung nicht zu unterschätzen sind.

In der Praxis ist eine Verringerung des Gesamtenergieverbrauchs um bis zu 50 Prozent machbar, sofern bei einer Neuinvestition alle angesprochenen Optionen genutzt werden. Die meisten Maßnahmen amortisieren sich in kurzer Zeit und sind zudem während der gesamten Anlagenlebensdauer wirksam. Viele ältere Anlagen sind außerdem deutlich überdimensioniert, und mit der Zeit verlieren auch Komponenten wie vor allem Wärmetauscher an Wirkungsgrad. Das eröffnet weitere Optimierungspotenziale.

Doppelt von neuer Technik profitieren

Sowohl ein Retrofit als auch eine Neuinvestition senken aber nicht nur den Energiebedarf, sondern steigern zugleich die Produktivität oder die Produktqualität. Dies ist zum Beispiel häufig in Kunststoff-verarbeitenden Betrieben der Fall: Wenn hier Anlagen mit unzureichendem Wirkungsgrad erneuert werden, lassen sich die Spritzgießwerkzeuge schneller herunterkühlen und die Taktraten der Maschinen verkürzen sich. So werden nicht selten Produktivitätssteigerungen von zehn bis 15 Prozent erzielt. Die daraus resultierenden Kostenvorteile sind sogar noch höher als die Energieeinsparungen, sodass der Anwender von der neuen Kältetechnik dann doppelt profitiert.

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