Rohrleitungssysteme & Dichtungen 7 Fragen an Frank Hils von Bürkert

Bürkert Fluid Control Systems

Bild: P&A
12.06.2014

Seit November 2013 ist Frank Hils Geschäftsführer der Vertriebsgesellschaft von Bürkert. In den ersten Monaten hat er dort manches kritisch hinterfragt, um die Organisation noch besser für das Systemgeschäft in der Fluidtechnik aufzustellen. Nun sind die Weichen gestellt.

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Herr Hils, Sie haben sich nach 23 Jahren bei einem Mess­technik-Hersteller zum Wechsel entschlossen. Was hat Sie gereizt?

Frank Hils:

Der Aufbau des Lösungsgeschäfts in der Automation hat meine Vita geprägt. Nach 23 Jahren darf und muss man an einen Tapetenwechsel denken und herausfinden, wo noch reizvolle Aufgaben liegen, für die man seine Fähigkeiten einsetzen kann. Der Dreiklang von Produkten, Systemen und Dienstleistungsgeschäft bei Bürkert hat mich überzeugt. Zur Entwicklung des Lösungsgeschäfts hat Bürkert sogenannte Systemhäuser gegründet: organisatorische Einheiten, deren Aufgabe es ist, kundenspezifische Lösungen zu generieren. Das halte ich für sehr spannend, da es nicht nur eine projektspezifische, sondern eine permanente Organisation ist. Und dann war am Anfang der Blick von außen spannend. So ein bisschen zu hinterfragen und nochmal nachzudenken ist oft hilfreich, um Nachteile eingefahrener Vorgehensweisen zu entdecken. Ich kann einfach mal dumme Fragen stellen: Warum wird das bei Bürkert so oder so gemacht?

Was war Ihnen in Ihren ersten Monaten wichtig?

Ich wollte herausfinden, was die Kunden von Bürkert wollen, was sie wertschätzen und wo Entwicklungspotenzial ist. Ich habe den Luxus, dass ich da in ein wachstumsorientiertes Umfeld einsteigen kann. Wir haben festgestellt, dass wir viele Vertriebskanäle zu den Kunden haben. Jetzt schauen wir genau hin, wie sich das Kundenverhalten in Anbetracht des Vertriebskanals ändert. Der Mega­trend für mich ist die Übernahme des Verhaltens aus Business-to-Consumer zu Business-to-Business. Das Thema Informationsbeschaffung ist da ganz wichtig. Heute googeln Mitarbeiter nach Fluidsystemen oder Magnetventilen und entscheiden dann nach Empfehlungsraten. Das Produkt mit einem positiven Feed­back ist das präferierte Produkt. Junge Leute kommen eben einfach mit einem neuen Ansatz, der ganz offensichtlich durch das Privatleben geprägt ist. Darauf müssen wir uns konzentrieren.

Die Vertriebsgesellschaft, die Sie leiten, ist ja für das Lösungsgeschäft elementar. Wie gestalten Sie die Zusammenarbeit mit den anderen Abteilungen?

Wir legen sehr großen Wert darauf, dass wir nicht in Silos denken. Hoch aufgehängt ist bei uns deshalb das Thema Prozessorganisation. Prio 1 ist, was der Kunde braucht und was wir insgesamt tun müssen, um seine Anforderungen zu befriedigen. Wir definieren, wer dafür verantwortlich ist, dorthin zu kommen. Die Rolle des Vertriebs ist es, die Anforderungen vom Kunden aufzunehmen und in die anderen beteiligten Organisationen zu spiegeln. Nicht immer ist das, was der Kunde im ersten Schritt adressiert, auch das, was er benötigt. Es gilt zu hinterfragen, was er erreichen will, und die ganze Wertschöpfungskette zu reflektieren. Oft führt das zu anderen Ergebnissen als das, wonach der Kunde ursprünglich gefragt hatte.

Wie kann das funktionieren?

Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Wir werden von Kunden mit der Forderung konfrontiert: Ihr müsst im Preis runter. Wir könnten jetzt ebenfalls versuchen, unsere Lieferanten auszuquetschen. Was aber auch helfen kann, ist nachzufragen: Was wollt ihr tatsächlich erreichen? Dazu ist ein Workshop geeignet, in dem neben dem Einkäufer des Kunden eventuell auch Vertreter aus Produktion, Entwicklung oder Vertrieb sowie unsere Experten beteiligt sind. Ausgehend von der funktionalen Anforderung des Kunden leiten wir ab, wie sich das realisieren ließe. So kommen wir oft zu innovativen, besseren und preiswerteren Lösungen. Dazu muss allerdings jeder Zeit investieren, und der Kunde muss willens sein, sich mit Mitarbeitern aus unterschiedlichen Disziplinen einzubringen.

Was ist intern gefordert, um einen derartigen Ansatz umzusetzen? Die Kommunikation über Abteilungsgrenzen ist ja oft eine gewisse Herausforderung.

Das stimmt. Natürlich finden Reibereien und Diskussionen zwischen den einzelnen Funktionen statt. Und das ist auch gut, solange es um ein Ringen um die beste Lösung für den Kunden geht. Die Gefahr dabei ist, dass man mehr intern diskutiert als mit dem Kunden. Aber dann hilft es, sich zu fragen, was unsere Kunden denn zu dieser Diskussion sagen würden. Und plötzlich verstummt die Diskussion. Man nimmt die Position des Kunden ein, und dann lösen sich viele Fragestellungen auf, weil sie für den Kunden gar nicht relevant sind.

Was wird sich unter Ihrer Führung ändern?

Was ich vorgefunden habe bei Bürkert ist sehr positiv. Das bestätigen auch meine Gespräche mit unseren Kunden. Doch das, was heute gut ist, wird morgen wahrscheinlich nicht mehr ausreichen. Vermutlich werden wir uns anders organisieren müssen. Denn unsere Kunden ändern sich natürlich auch. Wir wollen dem Kunden mehr Arbeit abnehmen und stärker in dessen Wertschöpfungskette einsteigen. Ein Aspekt ist, dass wir Systeme nicht nur verkaufen, sondern auch bei der Wartung oder bei der Optimierung des vorhandenen Systems unterstützen. Für die Vertriebsmitarbeiter ist das mit einem Wandel verbunden, weg vom Herunterbeten von Produktspezifikationen hin zum Verständnis, was der Kunde erreichen will. Das braucht mehr Zeit. Früher hieß es, ein guter Außendienstkollege muss fünf Besuche am Tag machen. Heute macht er vielleicht nur zwei, ist aber auf beide Gespräche besser vorbereitet. Auch das hat mit der Änderung des Kundenverhaltens zu tun. Früher war es völlig normal, dass Außendienstkollegen Kunden besuchten und Bestellungen mitgenommen haben. Da schmunzeln wir heute vielleicht darüber. Der Schwerpunkt liegt auf Beratung; viele Kollegen haben das schon lange inne – die Lösungsorientierung, den Systemgedanken und die Vorliebe für unkonventionelle Lösungen. Vielleicht gilt es, das zu beschleunigen. Für einen grundsätzlichen Paradigmenwechsel innerhalb von Bürkert sehe ich jedoch keinen Anlass.

Der Trend geht nicht nur bei Bürkert zum Systemgeschäft. Das wird das Komponentengeschäft aber nie ganz ersetzen, oder?

Ganz im Gegenteil. Es gibt diesen Trugschluss, dass Produkte und Komponenten undankbar sind. Damit ein System wettbewerbsfähig ist, braucht man Engineering- und Entwicklungs-Know-how, aber ebenso gute Produkte und eben gute Komponenten. Klar, in den eigenen Systemen verwendet man vorzugsweise eigene Produkte. Aber das wäre zu kurzfristig gedacht! Vielen Systemanbietern ist es passiert, dass sie mit ihren Lösungen eine Nische entwickeln, aber übersehen, dass Wettbewerber ihnen das Produktgeschäft abnehmen. Das darf nicht passieren. Deswegen ist der Dreiklang zwischen Produkten, Systemen und Dienstleistungsgeschäft so wichtig. Wir legen Wert darauf, dass wir auf allen drei Säulen kompetent unterwegs sind und rechnen auch mit Kunden, die einfach nur Komponenten kaufen wollen und keine Systeme. Bürkert ist so orientiert, dass wir jeden Business Case mit dem Kunden zusammen abdecken können.

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