Prozessautomation & Messtechnik Spitzenposition im Hamsterrad

08.06.2012

„Wenn in der Prozessindustrie eine Anlage in Betrieb geht, fängt die erste Optimierungsrunde schon wieder an“, so charakterisiert Axel Lorenz, Leiter Process Automation bei Siemens, die Abläufe - und damit den Konzeptgedanken für den Achema-Auftritt des Konzerns. Als rund will auch das Portfolio für die Prozessinstrumentierung gelten - zugleich bemüht man sich um Herausragendes: Erst unmittelbar vor der Messe verriet Hans-Georg Kumpfmüller, CEO Sensors & Communication Konkretes.

Magnet, Treffpunkt, Wegweiser - üblicherweise ragen Siemens-Stände auf diversen Messen immer irgendwie heraus. Auf der Achema will sich der Anbieter auf 1200 m² als „Partner für Life-Cycle-Innovation“ darstellen: Engineering-Software, Leitsystem, Services, Prozessinstrumentierung - im Prinzip alles, was zu einer kompletten Prozessanlage dazu gehört. Wer die kreisförmig angeordneten Inseln am Siemens-Stand durchlaufen hat, stellt fest - es ist fast wie im richtigen Leben in der Chemie- oder Pharmaindustrie: Sobald Anlagenplaner, -errichter und -betreiber meinen, die Anlage wäre fertig, geht es wieder los mit Modernisierung, Optimierung, Umbau ... oder dem Siemens-Achema-Hamsterrad folgend F&E, Prozessentwicklung, Anlagenaufbau, Produktion, Wartung, Optimierung, Modernisierung. Wo anfangen? Viele wird es wohl zunächst zur Sensorik ziehen. Hier hat Siemens in den vergangenen Jahren Boden gut gemacht: mit zahlreichen Neuentwicklungen, nicht zuletzt dank erfolgreicher Integration von Firmenakquisitionen wie Danfoss und Milltronics. „Immer mehr Anbieter erwarten ein komplettes Portfolio“, so Hans-Georg Kumpfmüller, CEO der Business Unit Sensors & Communications, „und in der Prozessinstrumentierung und Analytik haben wir inzwischen eines der umfassendsten Angebote.“ Komplett sei beispielsweise die Serie digitaler Druckmessgeräte. Und das 78-GHz-Radar sowie den Stellungsregler Sipart PS2 sowie den Prozessgaschromatographen Maxum ed. II bezeichnet er als Highlights des Portfolios.Auf der Achema wird es sowohl für Füllstand- und Durchflussmessung als auch für die Gasanalyse Neuerungen geben. „Mit Siprocess GA700 eröffnen wir ein neues Leistungssegment“, so Kumpfmüller zum extraktiven Gasanalyse-System. Oxymat 7, also ein System zur Sauerstoffmessung wird als erstes Modul für die neue Baureihe bereits zu sehen sein. Siemens wählte ein Plattformkonzept, bei dem das Grundgerät lokale Benutzerschnittstellen, Kommunikationsinterfaces - darunter Ethernet, Spannungsversorgung, Basis-Elektronik und Sofrtware vereint. Bis zu drei Analysemodule können integriert werden: neben dem Oxymat sind auch ein Modul für Wasserstoff und Edelgas (Calomat) und eines zur Messung infrarotaktiver Gase (Ultramat) in Planung. Im ersten Zugang ist eine Messzelle aus Hastelloy für korrosive Gase verfügbar. Eine weitere Vervollständigung seines Portfolios erreicht der Hersteller mit besonders kompakten Coriolis-Durchflussmessgeräten - und Kumpfmüller setzt eine hohe Erwartung in die „kleinen“ digitalbasierten Modelle Sitrans FC430. Immerhin seien 30 Prozent der zur Durchflussmessung eingesetzten Geräte heute Coriolis-Geräte. „Der Neue ist so kurz, das wir ihn verlängern müssen, um Namur-konform zu sein.“ Doch tatsächlich scheint das nicht immer nötig, denn renommierte Anwender aus der Großchemie überdenken eben interne Richtlinien. Der Sitrans FC430 spart Platz - und der ist für heutige eng gebaute Anlagen oft knapp. Kumpfmüller spart nicht mit Superlativen: „Momentan ist das der modernste und genauste Coriolis-Messer.“ 0,1 Prozent Genauigkeit, SIL2. und SIL3-Zulassung, einen sehr stabilen Nullpunkt und hohe Dichte- und Durchflussempfindlichkeit zeichnen ihn aus. Gefertigt wird er in einer neuen hoch automatisierten Produktionslinie in Nordborg, Dänemark. Höchste Genauigkeit nimmt Siemens auch für sein drittes Achema-Highlight aus der Sensorik in Anspruch: Das Ultraschall-Auswertegerät Sitrans LUT400 sorgt für eine auf 1 Millimeter genaue Bestimmung des Füllstands - etwa in offenen Gerinnen. Das Gerät, das es in drei Ausführungen - für Füllstand allein, in Kombination mit Pumpensteuerung und als hochgenaues Durchflussmessgerät - gibt, misst Flüssigkeiten, Schüttgüter oder Schlämme. Alle Varianten sind mit dem Ultraschall-Sensoren des Typs Echomax kompatibel. „Sitrans LUT400 wird unser neuer Standard bei Ultraschall-Auswertegeräten werden und Altgeräte ersetzen“, so Kumpfmüller.

Instrumentierung und Engineering...

Für eine weitere Neuerung muss sich der Achema-Messebesucher nun aber ein paar Schritte weiterbewegen im Siemens-Lifecycle-Rondell. Denn sie verknüpft den Prozessinstrumentierungsbereich mit einem anderen Siemens-Angebot: der Engineering-Softwarelösung Comos. Diese wurde um Funktionalitäten zur Auswahl und Konfiguration von Feld- und Analysegeräten erweitert. Der Online-Konfigurator PIA-Selektor unterstützt die Selektion von Geräten, indem er die Auslegungsdaten aus Comos übernimmt. Nach der Auswahl und Konfiguration werden die Daten dann automatisch nach Comos übergeben, wo sie den gesamten Lebenszyklus zur Verfügung stellen.„Für mich ist Comos die Antwort auf die Frage: „Wie kann man all das noch schaffen“, so Axel Lorenz. Er stellt in Aussicht: mit Comos und dadurch der Möglichkeit Design, Anlagenengineering und Inbetriebnahme zu parallelisieren, kann man Produkteinführungszeiten um 30 Prozent reduzieren.“ Sinopec, Petrobras, P&G, OMV, Evonik Sanofi-Aventis - schon heute gibt es viele erfolgreiche Projekte mit Comos. Sie umfassen das komplette Anlagenmanagement. Die neue Version Comos 10 hat einen deutlich erweiterten Funktionsumfangr. Und eine neue Schnittstelle sichert den konsistenten, bidirektionalen Datenaustausch zwischen Comos und PCS 7.

...und Engineering und Leitsystem ohne Grenzen

Womit der Besucher beim Siemens-Prozessleitsystem wäre und auf der Achema die neue PCS7-Version 8 unter die Lupe nehmen kann: mit leistungsfähigeren Kommunikations-, Redundanz- und Hochverfügbarkeitsfunktionen, neuen Controllern und erweiterten Softwaretools. Dazu kommt das Add-on APF (Advanced Process Function) für Mischprozesse, mit dem einfache Rezeptablaufsteuerungen möglich sind. Lorenz: „Schon auf der Hannover Messe konnte man zudem bei uns redundantes Profinet für die Prozessautomatisierung erleben.“ Weitere Neuerungen betreffen die Prozessdatenarchivierung mit einem Reporting-System auf Microsoft-Basis und einem Langzeit-Archivierungssystem in Echtzeit, das den Zugriff auf historische Anlagendaten erleichtert. Zudem kündigt Lorenz eine neue Mittelklasse-CPU416HF an und im Zuge dessen: Mehr Leistung für denselben Preis. Rund wird das PLS-Angebot durch MAV (Main Automation Vendor)- und Lifecycle-Service-Konzepte. Doch auf dem Siemens-Stand ist der Besucher noch lange nicht „rum“: Energieeffiziente Antriebstechnik für den Ex-Bereich, Lösungen für den Pharma-Sektor, skalierbares Energiemanagement und flexible Verdichterkonzepte sollte sich mindestens noch anschauen, wer bald wieder in sein eigenes „Hamsterrad“ der nicht-enden-wollenden Notwendigkeit stetiger Prozessoptimierung zurücksteigen muss. Aus dem Siemens-Rondell kann sicher so mancher dafür wertvolle Anregungen mitnehmen.Halle 11.0 Stand C3

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