Prozessautomation & Messtechnik Software-Pool für Blisteranlagen

Bild: Mediseal
25.03.2014

Um die individuellen Wünsche seiner Pharmakunden ohne großen Aufwand erfüllen zu können, setzt ein Hersteller von Verpackungsmaschinen auf einen Pool getesteter Steuerungssoftware-Module mit definierter Schnittstelle. Vorteil: Eine neue Maschinenserie muss auf ihre Funktion lediglich bei der Verwendung komplett neuer Module getestet werden.

Eine Software für alle möglichen Maschinenausprägungen, ein allumfassendes Komplettprojekt, ist nicht immer der richtige Ansatz, um den Engineering-Aufwand für Steuerungssoftware einer Maschinenserie in den Griff zu bekommen. Dies trifft vor allem dann zu, wenn kundenspezifische Anforderungen zu viele individuelle Modifikationen pro Maschine erfordern. Mediseal, Hersteller von Verpackungsmaschinen für die Pharmaindustrie, muss bei jeder Maschine bis zu 30 Prozent nach den Wünschen des Käufers neu entwickeln oder individuell anpassen. Mit der Engineering-Umgebung Automation Studio von B&R ist es dem Maschinenbauer gelungen, den damit einhergehenden Engineering-Aufwand auf ein Minimum zu reduzieren.

Der von immer mehr Serienmaschinenbauern verfolgte Ansatz, mit einem Softwareprojekt, das mehrere Maschinenserien inklusive aller Optionen abdeckt, den Engineering-Aufwand zu reduzieren, lässt sich nicht auf ein Unternehmen wie Mediseal übertragen, meint Ulf Leineke, Bereichsleiter Forschung & Entwicklung bei Mediseal. „So ein 100-Prozent-Projekt würde bei uns wegen des hohen Anteils kundenspezifischer Modifikationen schnell Dimensionen annehmen, die sich nicht mehr vernünftig warten lassen." Bei solch einem Ansatz müssten alle deaktivierten Module als ungenutzter Ballast in jedem Projekt mitgeschleppt oder Teile von der Hauptentwicklungslinie abgekoppelt werden. Außerdem fehle den Anwendern dafür die Akzeptanz. Immerhin würden die Unternehmen nicht nach jeder Änderung das komplette Projekt testen oder validieren wollen.

Einfache Modularisierung der Software

Mediseal setzt stattdessen auf einen Pool aus Software-Modulen mit klar definierter Schnittstelle, aus dem der Großteil jedes Maschinenprojekts zusammengestellt wird. Der Vorteil: Der Maschinenhersteller und die Anlagenbetreiber müssen nur die neu dazugekommenen Teile und eventuell betroffene Abhängigkeiten testen oder validieren. Der Aufwand fällt somit deutlich geringer aus. Noch einfacher stellt sich für Mediseal die Modularisierung der Software dar, seit das Unternehmen vor über fünf Jahren auf die Version 3 der Engineering-Umgebung Automation Studio von B&R umgestiegen ist. „Die Software lässt sich problemlos zu wiederverwendbaren Modulen kapseln, denen auch entsprechende Bibliotheken mitgegeben werden können“, sagt Ulf Leineke. Zudem liegen die Dateien als ASCII-Text und nicht nur binär vor.

Das ist einer der wichtigsten Punkte für den Entwicklungsleiter: Der Einsatz eines Software-Versionskontrolltools ist zur Verwaltung von Modulvarianten effizient möglich, so dass einmal getestete und freigegebene Versionen für die weitere Verwendung eingefroren werden können. Mediseal gehörte wegen dieser Vorteile zu den Unternehmen, die als Alpha-Anwender mit Automation Studio 3 gearbeitet haben. Um eine innovative Maschinenarchitektur auf Basis dezentraler Antriebstechnik und flexibler Bewegungsgesetze realisieren zu können, entschloss sich Mediseal, auf B&R als Automatisierungspartner umzusteigen.

Dies war der Auftakt für eine ganze Reihe von Maschinen­entwicklungen, wie das Beispiel der CP600 zeigt. Sie war die erste Mediseal-Blistermaschine, die mit hochpräzisen digitalen Servos ausgestattet wurde und mit einem Ausstoß von 600 Blistern pro Minute zu den leistungsfähigen Maschinen am Markt zählt. Der Einsatz digitaler Servotechnologie bedeutet für die Anwender eine hohe Flexibilität und Produktionseffi­zienz. Für das Beispiel Rüstzeiten heißt das konkret: Die Direktantriebe ersetzen mechanisch bewegte Teile und verkürzen die Komplettumstellung von PVC/Alu- auf Alu/Alu-Formate auf unter 35 Minuten. Der modulare Aufbau und die klare Zonenabgrenzung innerhalb einer Linie ermöglichen die Implementierung optionaler Funktionsgruppen – optimal unterstützt durch die offene B&R-Technik. Ihre volle Leistungsfähigkeit spielt die CP600 in der Kombination mit einem Mediseal-Kartonierer in einer Linie aus.

Die Steuerung der einzelnen Mediseal-Maschinen in einer Linie übernimmt jeweils eine CPU aus dem X20-System von B&R. Diese Dezentralisierung erleichtert die parallele Entwicklung der Software sowie die Inbetriebnahme der Maschinen einer Linie. Aktuell prüft das Unternehmen Automation Studio 4, da ab dieser Version parallel an der gleichen Steuerung gearbeitet werden kann. Es ist folglich nicht ausgeschlossen, dass Mediseal bald zu einer zentralen Steuerungsarchitektur übergeht – sofern sich dies für das Unternehmen rechnet. Nebeneffekt: Mit diesem Schritt würde auch der Aufwand für die Querkommunikation zwischen den Steuerungen der Linie entfallen.

Als Protokoll für die Querkommunikation zwischen den Steuerungen, dezentralen Servos in der Linie sowie die Vernetzung der I/Os und dezentralen I/O-Stationen aus dem X20-System dient Mediseal durchgängig Powerlink. „Die B&R-Lösung bietet uns gute Möglichkeiten bei der Anbindung von anderen Bus- und Fremdsystemen und gibt uns freie Hand bei der Wahl des Antriebstyps", zieht der Bereichsleiter bei Mediseal Fazit. Automation Studio erlaubt es, unterschiedliche Antriebsarten wie Linearmotor oder Servo mit der gleichen Software-Schnittstelle anzusteuern. Ulf Leineke: „So können wir den Engineering-Aufwand für unsere Verpackungsmaschinen mit hohem Sonderanteil minimal halten und dennoch neue Trends schnell aufgreifen und implementieren."

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