Druckmesstechnik Smartphone steuert Prüfprozess

Die Wetterstation funkt ihre Daten direkt ans iPad. Eine App fügt alle Informationen zusammen und berechnet, welche Massescheiben für den gewünschten Prüfdruck aufgelegt werden müssen.

Bild: Wika
28.05.2014

Auch in klassischen Prozessen wie der Kalibrierung von Druckmessgeräten, hält die moderne Kommunikationstechnologie Einzug. Modulare Systeme, die vernetzt arbeiten, bieten dem Nutzer einen effizienteren Ablauf und erhöhen die Prozesssicherheit.

Industrieprozesse werden zunehmend verschlankt. Wie sich im Rahmen dieser Entwicklung auch Kalibrierverfahren trotz der sensiblen Kontrollaufgaben effizienter gestalten lassen, zeigt eine modulare Prüfanordnung für Kolbenmanometer, die Wika unter der Bezeichnung CPU6000 für Drucklabore entwickelt hat – mit drahtloser Kommunikation und einem iPad als „Steuerungszentrale“.

Beim Kalibrieren von Druckmessgeräten erreichen Kolbenmanometer oder Druckwaagen die höchste Genauigkeit. Der Referenzdruck wird durch das Auflegen von Massescheiben erzeugt, also wirkt eine definierte Kraft auf die Fläche des Kolbenzylindersystems. Kraft und Kolbenfläche wiederum sind bestimmten Einflussgrößen wie der Kolbentemperatur und den Umgebungsbedingungen wie Temperatur, Luftdruck und -feuchtigkeit ausgesetzt. Um den Prüfdruck so präzise wie möglich zu erzeugen, müssen diese Faktoren unbedingt berücksichtigt werden.

Die Berechnung der dafür notwendigen Masse verläuft so: Jede Druckwaage wird an eine Calibrator Unit angeschlossen. Diese hat die fixen Parameter des Kalibriergeräts gespeichert und ermittelt die Kolbentemperatur und die Schwebeposition der Massescheiben. Um die Umgebungsbedingungen einfließen zu lassen, sind eine barometrische Referenz und ein Temperatur-Feuchte-Sensor notwendig.

Für eine solche Messaufgabe bei höchster Genauigkeit war Jahre lang die CPU5000 Standard bei Wika: Eine Unit mit Anzeigeeinheit für die Massenberechnung und integrierter Umgebungssensorik, die jeder Druckwaage zugeordnet ist. Die sich daraus ergebenden Arbeitsabläufe im Labor sind vergleichsweise zeitaufwendig. Der Anwender geht hintereinander zu jedem Gerät und gibt die notwendigen Befehle und Angaben über eine kleine Folien-Tastatur ein.

Verschlankter Kalibriervorgang

Als Wika vor einiger Zeit seine Calibrator Unit einem Re-Design unterzog, sollte der geschilderte Kalibriervorgang verschlankt werden. Die Entwicklung zielte auf ein modulares, mehr Effizienz versprechendes Wireless-System. Darin sollten alle Druckwaagen und die Calibrator Units miteinander verknüpft sein – mit einem iPad und einer dafür entwickelten App CPB-CAL als Zentralrechner. Die wichtigste Hardware-Voraussetzung war zu diesem Zeitpunkt erfüllt: iPads ab Generation 3 übertragen Daten via Bluetooth 4.0, das mit der Empfindlichkeit der CPU-Sensoren (Central Processing Unit) störungsfrei kompatibel ist.

Die Referenzdruck-Berechnung für Kolbenmanometer vollzieht sich nach dem neuen Standard wie folgt: Der Anwender ruft die erforderlichen Basisangaben per Eingabe-Code von einer Webseite ab, auf der die benötigten Daten zum Kolbenmanometer hinterlegt sind. Eine an jede Druckwaage angeschlossene Sensorbox liefert die Kolbentemperatur und zeigt die Schwebeposition der Massescheiben an. Zur Bestimmung von Umgebungstemperatur, atmosphärischem Luftdruck und relativer Luftfeuchtigkeit wird jedoch nur noch eine Messeinheit benötigt, die Wetterstation. Sie funkt ihre Daten ebenfalls direkt ans iPad. Die Tablet-App fügt alle Informationen zusammen und berechnet, welche Massescheiben für den gewünschten Prüfdruck aufgelegt werden müssen.

Effizienter Prüfprozess

Das modulare System macht den Prüfprozess in mehrfacher Hinsicht effizienter: Anwender können die Vorbereitung, also die Berechnung des Referenzdrucks, an mehreren Geräten mit einer einzigen Anzeigeeinheit steuern. Das reduziert den Kosten- und Zeitaufwand. Die einfach zu bedienende Touchscreen-Oberfläche des iPads beschleunigt das Handling zusätzlich. Nach Eingabe in den PC können alle Informationen von der Software Wika-Cal gespeichert und für die Ausstellung des Kalibrierzeugnisses weiterverarbeitet werden. Der Report steht aufgrund des kürzeren Kalibriervorgangs rascher zur Verfügung und weist darüber hinaus neben der Genauigkeit des kontrollierten Messgeräts nun auch alle Parameter detailliert aus, auf denen das Prüfergebnis beruht.

Mehrfachnutzen durch Modularität

Die Modularität des CPU6000-Systems eröffnet dem Anwender überdies einen Mehrfachnutzen, aus denen sich weitere Optionen für eine verbesserte Effizienz im Laborbetrieb ergeben. Die Wetterstation zum Beispiel arbeitet nach dem Motto „Eine für alle“. Via Wireless-Funktion und PC kann sie im Bedarfsfall allen Kalibriervorgängen im Labor die Umgebungswerte unmittelbar zur Verfügung stellen. Bluetooth-fähige Druckcontroller könnten auf diese Weise ohne Zeitverlust die notwendigen Daten erhalten, um Relativdruck-Messgeräte mit Absolutdruck-Referenzen zu kalibrieren und umgekehrt. Um elektronische Druckmessumformer zu prüfen, kann die Hardware noch um eine Multimeter-Unit ergänzt werden.

Für die Integration eines iPads in das neue Kalibriersystem sprachen neben den technischen Vorteilen auch wirtschaftliche Gesichtspunkte. User-Endgeräte wie ein Tablet liegen aufgrund der enormen Produktionszahlen in der Investition unter dem Stückpreis eines speziellen Industrieprodukts wie eine Calibrator Unit, die Rechner und Bedienpanel in einem Gehäuse bündelt. Die durch das iPad ermöglichte Modularität begünstigt den Kosten/Nutzen-Faktor außerdem durch Einsparungen bei der Umgebungssensorik und die Notwendigkeit von nur einer PC-Software, nämlich der am Speicherort.

Privat wie in der Arbeit

Die Wika-Kalibrierserie mit einem iPad als Herzstück bestätigt, was in Usability-Studien zum Ausdruck kommt: Die positiven Erfahrungen, mit Tablet oder Smartphone im Privatleben komplexe Sachverhalte zu managen, möchten Nutzer auch auf ihren Arbeitsplatz übertragen. Sie arbeiteten mit solchen Endgeräten effektiver, weil sie den Umgang mit ihnen von zu Hause her gewöhnt sind.

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