Prozessautomation & Messtechnik Perfektes Gas, perfektes Glas

21.02.2012

Unter gleichbleibenden Verbrennungs- und Schmelzvorgängen entsteht hochwertiges Glas. Erdgas liefert wertvolle Energie, bestimmt mit seiner Qualität aber den Feuerungsprozess. Chromatographen, die die Gasbeschaffenheit analysieren, schaffen die Basis für eine optimale Brennersteuerung.

In industriellen Hochtemperaturprozessen der Zement-, Stahl- oder Glasindustrie ist Erdgas als Energiequelle unverzichtbar. Es bietet eine sichere Versorgung, eine kontrollierbare Verbrennung und einen geringen CO 2-Ausstoß. Bei der Herstellung von Glas wird rund 75 Prozent der Gesamtenergie beim Schmelzen verbraucht. Um eine optimale Feuerung zu gewährleisten, muss die Gasqualität kontinuierlich überprüft werden. Hier kommen Gaschromatographen zum Einsatz. Sie machen eine laufende Kontrolle komplexer Stoffgemische möglich.

Die Überprüfung der Gasqualität ist notwendig, da es sich bei Erdgas um ein Gemisch unterschiedlicher Kohlenwasserstoffe handelt. Es besteht neben Methan als Hauptbestandteil aus längerkettigen Kohlenwasserstoffe wie zum Beispiel Ethan, Propan oder Butan. Dazu kommen diverse Erdgasbegleitstoffe wie Stickstoff, Sauerstoff und Kohlendioxid. Selbst die streng reglementierte Aufbereitung von Erdgas durch diverse Trennungs- und Reinigungsprozesse bedeutet nicht, dass Erdgas im Lieferzustand überall und stets denselben Mix aufweist. Neben der Zusammensetzung spiegeln im Wesentlichen zwei Qualitätsparameter die Erdgasbeschaffenheit wider: der Brennwert und der Wobbe-Index. Sie sind für exakte Verbrennungsprozesse, vor allem im industriellen Umfeld, ausschlaggebend.

Der Brennwert wird auf Basis der exakten Gaszusammensetzung ermittelt und gibt den thermischen Energiegehalt des Erdgases an. Dieser darf nach deutscher Normgebung zwischen 8,4 und 13,1 kWh/m³ schwanken. Der zweite entscheidende Parameter, der Wobbe-Index, wird aus dem Verhältnis des Brennwerts zur relativen Dichte des Gases errechnet. Er erlaubt Aussagen über die Heizflächenbelastung von Brennern und ist nicht nur sicherheitstechnisch relevant, sondern hat vor allem auch Auswirkungen auf die Wahl der Brennerdüsen: Bei ansonsten gleichen Rahmenbedingungen nehmen Flammenhöhe und Heizintensität mit steigendem Wobbe-Index deutlich zu, obwohl der Heizwert der gleiche ist. Für eine zuverlässige Bestimmung der Zusammensetzung von Erdgas kann der Chromatograph Sitrans CV von Siemens eingesetzt werden. Er ermittelt gemäß unterschiedlicher internationaler Standards wie ISO, GOST und AGA die Anteile von Stickstoff, Sauerstoff, Kohlendioxid sowie C1 bis C5 . Die Kohlenwasserstoffe C6 bis C9 können als Summe oder einzeln als Gruppenisomere ermittelt werden. Durch die Bestimmung der Einzelkomponenten können Brennwert und Heizwert mit sehr hoher Genauigkeit und Wiederholbarkeit errechnet werden. Da Prozessanalysatoren zum Teil unter extremen Bedingungen betrieben werden, sind die Anforderungen an die Standardabweichung als Maß für die Wiederholbarkeit hoch.

Auch bei geringem Platzbedarf ermöglicht der Sitrans CV dank Mikrosystem-Technologie sichere Ergebnisse. Die Miniaturisierung mit Hilfe der MEMS-Technologie (Micro Electrical Mechanical Systems) bringt zudem auch einen geringen Energie- und Gasverbrauch sowie ungewöhnlich kurze Messzeiten mit sich. Mikro-Dosierventile gewährleisten exakte Probenmengen. Die Injektion in die Trennsäule über ventillose Mikro-Dosiersysteme vermeidet die hohen Totvolumen, wie sie bei konventionellen Ventilen auftreten. Die ventillose Live-Dosierung ist unabhängig von Probendruckschwankungen und sorgt für exakt reproduzierbare Messergebnisse. Der Analysator besteht aus einem Grundgerät und einem Analysenmodul. Dieses ist speziell für die Untersuchung von Erdgas ausgelegt und vereint sämtliche Bauteile für die chromatographische Analyse. Alle Hardware-Komponenten wie die ventillose Live-Dosierung, hochauflösende Narrow-bore-Kapillarsäulen und die In-Line-Detektoren sind optimal aufeinander abgestimmt. Das System arbeitet mit bis zu vier Trenn- und Detektionseinheiten: Das Trennsystem besteht aus gekoppelten Kapillarsäulen, deren Polarität und Länge so bemessen sind, dass die Analysen möglichst schnell und einfach ablaufen können - gegenüber konventionellen Standard-Kapillarsäulen um etwa Faktor zwei bis drei schneller. Vor und hinter den Säulen befinden sich die Wärmeleitfähigkeits-Detektoren (WLD), die auf Silizium-Wafer-Technologie basieren. Diese Mikro-WLDs messen kontinuierlich die Wärmeleitfähigkeiten des Trägergases und der zu bestimmenden Komponenten. Drei Druckregler versorgen die Trennsäulen mit Trägergas und stellen die Schaltfunktionen (Dosierung, Rückspülung und Schnitt) sicher.

Das Prinzip der In-Line-Detektion hat gegenüber konventionellen Gaschromatographen den Vorteil, dass nach jeder Säule die Qualität der Trennung kontrolliert werden kann. Diese Informationen sind bei der Überprüfung des Messsystems von Vorteil: Veränderungen in der Funktionalität des Systems werden schnell erkannt und kompensiert. Über Trennsäule eins können Kohlenwasserstoffe mit höheren Siedepunkten, C6 und höherwertig, bestimmt werden. Säule zwei liefert exakte Ergebnisse für Propan, Butan und Pentane. Komponenten wie Stickstoff, Methan sowie Ethan, Sauerstoff und CO2 werden über die letzten Trennsäulen ermittelt. Bei sämtlichen Messungen wird die Analysenzeit von 150 Sekunden nicht überschritten. In der Standardkonfiguration benötigt der Sitrans CV 100 Sekunden für die Analyse und Berechnung der Qualitätsparameter des Erdgases. Das Gerät wird mittels automatischer Kalibriergasaufgabe eingestellt. Aufgrund der besonders hohen Linearität der Mikro-WLDs ist dafür nur ein einziges Kalibriergas je Messkomponente nötig, was Aufwand und Kosten im Vergleich zu den üblichen Mehrpunkt-Kalibrierungen senkt.Die Online-Überwachung der Gasqualität mit Sitrans CV ermöglicht es, den Brennprozess ressourcen-, umwelt- und materialschonend zu gestalten und bei Veränderung der Gasbeschaffenheit sofort zu reagieren: Das Wissen über den aktuellen Wobbe-Index des Gases erlaubt jederzeit eine korrekte Brenneransteuerung. Bei Änderung der Gasbeschaffenheit können die Verbrennungseinstellungen umgehend nachreguliert werden. Zudem kann der Verbrennungsprozess quasi stöchiometrisch, also mit optimalem Umsatz, ablaufen. Das ideale Verhältnis von Brennstoff- und Luftmenge reduziert nicht nur den Gasverbrauch signifikant, sondern liefert auch eine stabile Brenntemperatur, was nicht nur die Lebensdauer der Glaswanne erhöht, sondern auch die Glasqualität selbst positiv beeinflusst. Ein optimal geregeltes Gas-Sauerstoff-Verhältnis reduziert Abgasverluste und erhöht den Wirkungsgrad der Verbrennung: Je weniger Ruß im Verbrennungsverlauf und je stabiler die Temperatur in der Glaswanne, desto hochwertiger das Glas.

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