Prozessautomation & Messtechnik Fünf Fragen an ...

10.10.2012

... Dr. Jörg Kiesbauer, Entwicklungsvorstand bei Samson, dem Sponsor der 75. Namur-Hauptsitzung im November 2012 in Bad Neuenahr.

Innovative Prozessautomation - da denkt man an die „großen“ Prozessleit- und -managementsysteme, an die diversen intelligenten Sensoren, an Feldbusse oder drahtlose Kommunikation. Die Aktorik wird oft vergessen - vielleicht, weil viele dabei in erster Linie rein mechanische Komponenten vor Augen haben, Herr Dr. Kiesbauer?

Innovative Prozessautomation ist heute ohne innovative Aktorik nicht denkbar. Stellen Sie sich mal vor, das Prozessleitsystem könnte kein Stellorgan ansteuern, wie sollte es den Stoffstrom durch das Rohrleitungssystem beeinflussen. Die Aktorik kommt heute nicht rein mechanisch daher, sondern mechatronisch - als Symbiose von Mechanik, Elektronik und Software, nur komplexer als mancher Sensor. Sie ist genauso intelligent und wird genauso an Feldbussysteme angeschlossen wie die anderen Feldgeräte auch. Gleichzeitig bedeuten der Prozessanschluss und der Druckabbau, dass sie sehr unterschiedlichen Belastungen wie Erosion, Korrosion, Kavitation unterworfen sein können.

Prozessautomation ist kein Selbstzweck. Wo sehen Sie heute die zentralen Aufgaben der Prozessautomation und welchen Beitrag leistet die Aktorik dabei?

Die Prozessautomation funktioniert heute nicht mehr nur in horizontalen Ebenen ausgehend von der Feldebene, sondern auch zunehmend in vertikaler Richtung. Die klassische Prozessautomationsaufgabe allein reicht nicht mehr aus, vielmehr gewinnt die Verarbeitung und Weiterleitung von digitalen Informationen an Bedeutung. Gerade die Aktorik kann hier einen großen Beitrag in Form von Diagnose- und Asset-Management-Informationen leisten, welche per Hart- oder Feldbuskommunikation zu den Leitsystemen oder Asset-Management-Systemen weitergeleitet werden.

In der nächsten Namur-Hauptsitzung rücken die PLTisten der chemischen Industrie, wie die Community der Automatisierungsexperten von einem ehemaligen Vorsitzenden gerne genannt wurde, die Aktorik in den Mittelpunkt. Was bedeutet das für Samson als Sponsor?

Wir sind sehr froh, dass wir Sponsor der 75. Namur-Hauptsitzung sein können. Es bietet uns die hervorragende Gelegenheit, ein für die Prozessautomatisierung so wichtiges Thema wie die Aktorik zusammen mit der Namur in den Fokus zu rücken und mitzugestalten sowie uns dabei auch vor wichtigen Entscheidern aus der chemischen Industrie zu präsentieren. Zentral ist natürlich unser Plenarvortrag vor den rund 600 Teilnehmern, bei dem wir auf die historische Entwicklung der Aktorik eingehen, aber auch auf aktuelle und zukünftige Fragestellungen eingehen werden. Konkreter kann man daraus Themen im Rahmen unserer Workshops vertiefen, aber auch auf unserer Ausstellung oder beim Networking.

Gibt es eine bedeutende Entwicklung in der Aktorik, von der Sie sagen: Die sollte eigentlich schon viel mehr Einzug in den industriellen Alltag - insbesondere in den der chemischen Industrie - gehalten haben?

Die Möglichkeiten der zahlreich vorhandenen Diagnosefunktionalitäten in unseren Stellungsreglern als das „Gehirn“ des Stellgeräts könnten erheblich mehr Einzug in den industriellen Alltag gehalten haben. Aber da sind wir nicht alleine, das ist bei den Sensoren ganz ähnlich. Gelegenheiten zur Verbesserung des Asset Managements und der Instandhaltung gibt es genug. Aber es fehlen teilweise die Möglichkeiten der Archivierung und der übergeordnete Zugriff auf Informationen. Diese Thematik werden wir behandeln und auch unsere schon realisierten Ansätze zum Beispiel mit unserem Stellgerätedatenbank-Tool Trovis Solution aus dem Service-Bereich vorstellen.

Auch wenn Engineering-, Leit- und Asset-Managementsysteme, Sensoren und Aktoren bei verschiedenen Herstellern entstehen - am Ende kommt es auf das Zusammenspiel an. Und das am besten über den gesamten Lifecycle einer Anlage. Ist da bereits der Idealzustand erreicht - oder was ließe sich verbessern?

Grundsätzlich kommt es erst einmal auf die beste Gesamtfunktionalität des Stellgeräts an. Die erreicht man durch sorgfältiges Engineering und gut aufeinander abgestimmte Komponenten, also im Wesentlichen Ventil, Antrieb und Anbaugeräte wie Stellungsregler und Magnetventil. Wir haben die normierte digitale Schnittstelle für alle Feldgeräte. Diese ist natürlich komplexer als die Einheitssignale 0,2 bis 1,0 bar oder 4 bis 20 mA, aber genormt ist genormt. Leider hat so jeder Leitsystemhersteller seine „Besonderheiten“ kreiert, weswegen zum Beispiel EDDL-Treiber PLS-abhängig sein können - natürlich kein befriedigender Zustand. FDT/DTM könnte die Alternative sein, aber hier besteht die Abhängigkeit von Microsoft-�?nderungen, und nicht jeder PLS-Hersteller unterstützt dieses Konzept. Ich hoffe, dass FDI die zukünftige Lösung ist, die all diese Probleme beseitigt, aber das wird noch dauern. Vorteilhaft ist sicherlich, dass PLS-Hersteller schon bei der Normung mitarbeiten.

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