Prozessautomation & Messtechnik Hygiene ohne Ecken und Kanten

22.05.2013

Ein Schlüssel zur hygienischen Anlagenreinigung ist die Geometrie einzelner Bauteile. Wer darauf schon bei der Anlagenplanung achtet, kann Reinigungszeit und -aufwand deutlich reduzieren. Drei Viertel der Reinigungszeit lassen sich alleine durch die Vermeidung von ­ T-Stücken sparen.

Was zählt, ist Leistung. Produktionsanlagen für die Herstellung von Lebensmitteln, Pharmazeutika und Produkte der Biotechnologie sind für einen schnellen und effizienten Dauergebrauch ausgelegt. Wirtschaftlichkeit wird vor allem durch eine kontinuierliche Produktion und deren Geschwindigkeit erreicht. Die Betrachtung der Reinigung bleibt oft auf der Strecke. Zwar wird die Qualität der Reinigungsprozesse der Anlagen sehr hoch bewertet, jedoch wird die Zeit bis zum gewünschten Ergebnis oft vernachlässigt und der Verbrauch an Reinigungsmitteln völlig außer Acht gelassen. Der Reinigungsprozess muss aber ebenso akribisch betrachtet werden wie die reine Produktionszeit selbst, denn in ihm steckt ein weiteres hohes Potenzial, um die Produktion wirtschaftlich effektiver und umweltgerechter zu gestalten. Schon bei der Konstruktion von Produktionsanlagen und deren Komponenten für industrielle Anwendungen müssen auch die Anforderungen an die Reinigbarkeit berücksichtigt werden.

Geometrie als Schlüssel

Die EHEDG (European Hygienic Engineering & Design Group) hat mit ihren Leitlinien bereits vor Jahren die Gestaltungskriterien für hygienegerechte Maschinen und Anlagen und deren Komponenten verfasst. Neben der Verwendung von geeigneten Konstruktionswerkstoffen, die sich in ihrer Beschaffenheit und Güte durchgesetzt haben, bilden zudem die Geometrien der Bauteile einen Schlüssel zur wirtschaftlich effektiven Reinigung und Schonung der Umwelt.

In Anlagen mit den weit verbreiteten Verbindungen nach DIN 11851 (Milchrohranschluss) oder Klammerverbindung nach ISO 2852, DIN EN 32676 (Clamp) werden schon in der Konstruktion Eigenschaften hingenommen, welche im Produktionsprozess kaum mehr, oder nur mit großem Aufwand korrigierbar sind. Die herkömmlichen Dichtungen dieser Verbindungen können je nach Kraftaufwand des Monteurs oder Wartungspersonals so weit zusammen gepresst werden, dass sich schwer zu reinigende Spalten ergeben, in denen sich Mikrobennester bilden und den gesamten Prozess kontaminieren können. In der Pharmazie können das zum Beispiel Partikel des Produkts sein, welche sich nach einem Chargenwechsel im Folgeprodukt niederschlagen. Speziell bei Clamp-Verbindungen kann durch Einrücken der Dichtung in die Rohrleitung ein weiterer Fehler entstehen. Bedingt durch die Strömung des Mediums, könnten Dichtungsteile mitgerissen und im Produkt verteilt werden. In beiden Fällen ist die Produktsicherheit bereits im laufenden Prozess nicht gewährleistet.

Ein weiterer gravierender Nachteil der vorbeschriebenen Verbindungen ist die Auslegung von Abzweigen, wie sie zur Instrumentierung von Sensoren und Aktoren benötigt wird. T-Stücke sind von ihrer Geometrie her weitaus schwieriger zu reinigen als gerade verlaufende Rohre. Die Reinigungszeit und der Verbrauch von Reinigungsmitteln erhöht sich enorm.

Lösungen bieten hier In-Line-Gehäuse für Rohrleitungen und Gehäuseanschlussflansche für Behälterwandungen, wie sie beispielsweise von Neumo und Gea Tuchenhagen angeboten werden. Grundlage dieser Anschlusstechniken sind die Aseptik-Verbindungen, wie sie in der DIN EN 11864 beschrieben sind. Metallische Anschläge für definierte Spaltmaße der Elastomerdichtungen, unbedenkliches Material mit spezifizier-ter Oberflächengüte und ein einwandfreies Abfließen von Produkt und Reinigungsmittel sorgen für eine einfache, sichere, wirtschaftliche und umweltgerechte Reinigbarkeit der Anlage.

Versuche haben ergeben, dass mit diesen konstruktiven Lösungen 75 Prozent weniger Reinigungszeit benötigt wird als bei Konstruktionen mit T-Stücken. Daraus folgend wird auch die Menge an Reinigungsmitteln bei CIP-Reinigung sowie die bereit zu stellende Menge an Elektroenergie, Dampf, Warmwasser usw. gesenkt. Dies sind Themen, mit denen sich Afriso grundsätzlich seit vielen Jahren beschäftigt.

Um den Ansprüchen an Qualität, Zeit und Umweltschutz in der Pharmazie, Lebensmittel- und Biotechnologie gerecht zu werden, hat Afriso im Rahmen einer Gesamtzertifizierung ihre Membrandruckmittler MD 52 (DIN 11864-1, -2, -3) MD 56 (Neumo BioControl) und MD 63 (Varinline/ Varivent) einer Prüfung durch die EHEDG unterzogen.

Genaue Maße verhindern Kontamination

Druckmittler sind Prozessanschlüsse mit einer Trennmembrane, die das Medium vom Druckmessgerät trennt. Sie werden mit Rohrfedermanometern, Druckmessumformern oder Druckschaltern kombiniert. Wichtigste Merkmale sind hierbei leichte Reinigbarkeit, ein sauberes Abfließen und zentrierte metallische Anschläge für Prozessanbindungen mit Elastomerdichtungen. Durch konstruktiv berechnete Abstände der Anschläge werden die Dichtungen nur in ihrer Bestimmung verwendet. Reinigbare Spaltmaße werden eingehalten, eine Expansion in den Prozess verhindert. Die prozessberührten Teile der Druckmittler sind aus hochwertigem Chrom-Nickelstahl (1.4404 / 1.4435, AISI 316L) mit einer spaltfreien Oberflächengüte Ra < 0,8 µm hygienegerecht gestaltet. Selbst die Schweißnähte entsprechen diesem Mittenrauwert.

Zertifiziert wurde beim Forschungszentrum für Brau- und Lebensmittelqualität der TU München in Weihenstephan. Die Afriso-Druckmittler MD 52, MD 56 und MD 63 sind zertifizierte Bauteile nach EHEDG Typ EL Klasse I und können somit im eingebauten Zustand gereinigt werden. Sämtliche von Afriso produzierte Druckmessgeräte wie Manometer, Druckmessumformer und Druckschalter können stoffschlüssig durch Schweißen mit den Druckmittlern verbunden werden. Für den Anbau von Fremdfabrikaten stehen verschiedene Messgeräteadapter zur Verfügung.

Betrachtet man zum eigentlichen Prozessablauf mit Produktion, Reinigung und Instandhaltung auch die Kosten der Herstellung einer Apparatur, muss neben den Anschaffungskosten der Komponenten auch deren Einbau berücksichtigt werden. Oft haben Komponenten im Hygienic Design weniger Schweißnähte als die herkömmlichen Bauteile. Schon in dieser Phase des Projekts kann mit erheblicher Einsparung an Manpower und Hilfsenergie gerechnet werden. Der immer noch kursierende Aberglaube, dass durch die einfache und bewährte Konstruktion von Lebensmittel- und Pharmaanlagen die Kosten niedrig gehalten werden, sollte endlich auch einmal im Sinne des Umweltschutzes grundlegend überdacht werden.

Betont niedrige Anschaffungskosten von Hightech-Produktionsanlagen können sich sehr schnell zum Kostenkiller im laufenden Prozess wandeln. Nur bei der Betrachtung des gesamten Lebenszyklus einer Produktionseinheit kann konkret Auskunft gegeben werden, in welchem Maße die Umwelt und der Geldbeutel wirklich strapaziert worden sind. Die Leitli-nien, Erfahrungen und Forschungsarbeiten der EHEDG müssen im Dialog mit Komponentenherstellern, Maschinen- und Anlagenbauern und letztendlich mit der verarbeitenden Industrie erörtert und ressourcenschonend umgesetzt werden.

Bildergalerie

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel