Prozessautomation & Messtechnik Generationenwechsel in der Prozessregelung

19.09.2013

Der Technik der PID-Regler sind enge Grenzen gesetzt. In einem Prozessleitsystem erleichtert eine Bibliothek mit konfigurierbaren Regelungsbausteinen den Aufbau komplexer Beschaltungen sowie die Darstellung von Regelschemata und enthält einen modellprädiktiven Regler. Dieser kann als gekapselte Komplettlösung inklusive Hardware auch in Fremdsystemen verwendet werden.

Zum automatisierten Betrieb von Anlagen sind verschiedene Regler nötig. Sie sorgen dafür, dass physikalische Größen auf ein vorgegebenes Niveau gebracht und - allen störenden Einflüssen zum Trotz - auch auf diesem gehalten werden. Dazu ermitteln Regler aus der Differenz zwischen Ist- und Sollwert zyklisch eine Stellgröße. Dieses Regelungskonzept stößt jedoch immer häufiger an seine Grenzen, weil sich die Prozesskomplexität laufend erhöht. Betrachtet wird nur die Regelabweichung, ohne das interne Verhalten der Regelstrecke zu kennen. Dabei spielt zum Beispiel das Zeitverhalten der Regelstrecke eine Rolle: Lange Totzeiten zwischen der Veränderung von Eingangsgrößen und deren Auswirkung am Ausgang können zu unerwünschtem Überschwingen führen. Techniker versuchen deswegen, das Verhalten von PID-Reglern zu verbessern, indem sie die Regelstruktur mit unterschiedlichen Außenbeschaltungen erweitern. Dazu beeinflussen sie Parameter durch Gain-Scheduling und berücksichtigen die Last mittels Störgrößenaufschaltung, wählen die Regler dynamisch per Ablöseregelung aus, schalten Bereiche bedarfsabhängig über Split-Range um oder nutzen die Kaskadenregelung um die Gesamtregelstrecke in besser regelbare Teilstrecken zu unterteilen oder führen eine Totzeitberücksichtigung mit dem Smith-Predictor durch. Diese Maßnahmen werden unter dem Begriff Advanced Process Control zusammengefasst.Ein Nachteil der Aufwertung von PID-Reglern durch externe Beschaltung war bisher, dass diese meist außerhalb der eigentlichen Regelungsprogrammierung und oft unter Verwendung anderer Werkzeuge durchgeführt werden musste. In der Regel umfangreich und komplex, büßten sie schnell die für Wiederverwendung und Wartung erforderliche Transparenz ein. Die Folge: �?hnliche oder gleiche Beschaltungen wurden wiederholt programmiert. Den Umgang mit erweiterter Prozessregelung zu vereinfachen und diesen Aufwand einzusparen, ist das Ziel der Advanced Process Control Solution im Prozessleitsystem Aprol von B&R.

Regelbausteine in einer Bibliothek gesammelt

Zu diesem Zweck enthält dessen Process Automation Library (PAL) alle dafür benötigten Regelungsbausteine wie Addierer/Subtrahierer, eine Min/Max-Auswahl, verschiedene Multiplexer und Vergleicher, Zählerbausteine, F(x)-Funktionsglieder sowie Split-Range und Gain-Scheduling-Bausteine. Des Weiteren stehen typische verfahrenstechnische Prozessdynamiken zur Verfügung. Die Verschaltung dieser Bausteine erfolgt ohne Programmierung. Es genügt, in der Aprol-Logik die Symbole mittels Drag-and-drop zu platzieren und die Verbindungen zwischen ihnen zu ziehen sowie die passenden Parameter zu setzen. Das System dahinter sorgt dafür, dass die Verschaltung sauber aufbereitet, mittels Faceplates visualisiert und damit transparent gemacht wird. Für die Darstellung von Regelschemata stehen automatisch optimierte Grafikmakros zur Platzierung auf einer Prozessgrafik zur Verfügung.

Nächster Schritt: modellprädiktive Regelung

Eine effektivere Form der Anpassung ist die modellprädiktive Regelung (Model predictive control - MPC), basierend auf einem Prozessmodell. Das Prozessmodell wird zur Optimierung der Stellgrößen im MPC-Regler verwendet. Damit werden die Möglichkeiten verbessert, vorhersehbare (Produktionsplanungsdaten wie Sollwertänderungen, Störgrößen), aber noch nicht eingetretene Ereignisse zu berücksichtigen. In der Folge führt dies zu einer deutlichen Erhöhung der Regelgüte, besonders bei gekoppelten Mehrgrößensystemen. Neben den für die Außenbeschaltung von PID-Reglern benötigten Regelungsbausteinen enthält die Process Automation Library von Aprol auch in der Basisausführung einen modellprädiktiven Regler (MPC), der eine Regelgröße(1) unter Berücksichtigung einer Stellgröße(1) und eines Störeingangs(1) beherrschen kann. Bereits mit diesem ohne Aufpreis enthaltenen MPC 1�?1�?1 kann in zahlreichen Anwendungsfällen ein langsamer, träger PID-Regler ersetzt und aufwändige Zusatzbeschaltungen eingespart werden. Da der MPC in seinem Regelverhalten auch Grenzen berücksichtigen kann, entfallen externe Grenzwertglieder. Durch die Ausführung für je bis zu zehn Regel-, Stör- und Stellgrößen (MPC 10�?10�?10) können mit einem einzigen Bausteinblock höchst komplexe mehrdimensionale Regelungen einfach und übersichtlich realisiert werden, wie sie zum Beispiel zur Automatisierung ganzer Destillationszonen benötigt werden. Die modellprädiktive Regelung steht nicht nur Anwendern des Prozessleitsystems Aprol offen. Als kompakte, einsatzfertige Lösung inklusive eines Automation PC mit vorinstalliertem Prozessleitsystem und eines MPC-Blocks sowie einem Controller kann Aprol MPC auch einfach in bestehende Anlagen mit beliebiger Leittechnik integriert werden. Dazu genügt es, die Ein- und Ausgänge mit einem beliebigen Feldbus zu verbinden und den MPC-Baustein zu konfigurieren. Trend- und Alarmsysteme sind bereits enthalten, ebenso Faceplates zur Interaktion.

Bildergalerie

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel