Prozessautomation & Messtechnik Auf die Verpackung kommt es an


Superhelden wissen: Die richtige Hülle ist entscheidend. Das gilt oft auch für Thermometer-Schutzrohre.

08.06.2012

Was ist das wichtigste am Superheld? Ganz klar: das Outfit! Batman ist ohne Kostüm nur ein Milliardär, Spiderman sogar nur ein Physikstudent. Auch ein Thermometer-Schutzrohr kann Superkräfte entfalten - wenn man es mit dem Tantalineverfahren beschichtet. Denn schnelle Ansprechzeiten der Messstelle und die totale Freiheit beim Design des Schutzrohrs sind nur zwei Vorteile.

Bei Temperaturmessungen in hochkorrosiven Prozessen der Industrie ist der Einsatz von Thermometer-Schutzrohren in Sonderwerkstoffen unabdingbar. Bei der Auslegung der Messstelle sollte man neben den bekannten Sonderwerkstoffen wie Hastelloy, Monel oder Titan auch Tantal als einen Schutzrohrwerkstoff in Betracht ziehen. Zwar ist das Material in der Anschaffung meist teurer, doch stellt es sich nach jahrelangem Einsatz oft als die günstigere Variante heraus. Denn Anlagenstillstände und damit verbundene Produktionsausfälle durch Wartungsarbeiten oder Beschädigung der Messstelle durch eine nicht ausreichende Werkstoffbeständigkeit des Schutzrohres werden vermieden. Im Allgemeinen werden Thermometerschutzrohre nicht komplett aus Tantal gefertigt; sondern als Flanschausführung (zum Beispiel nach DIN 43772 Form 2F oder 3F) in Edelstahl 1.4571 ausgelegt, und nur die vom Messstoff berührten Teile mit einem Tantalmantel gegen das Prozessmedium geschützt. Vorteilhaft ist die fast beliebige Einbaulänge in den Prozess und eine allgemeine Akzeptanz des Marktes bezüglich dieses Aufbaus. Nachteilig ist jedoch die Beschränkung auf Flansche als Prozessanschluss, ein eingeschränktes Design der Schutzrohrform und eine Verschlechterung der Ansprechzeit der Messstelle im Vergleich zu einem Schutzrohr ohne Tantalmantel.

Legierung besteht Salzsäuretest

Wika entwickelte in enger Zusammenarbeit mit Tantaline eine Methode, um Tantal durch einen chemischen Gasphasenabscheidungsprozess in Schichtstärken von 50µm bis 200µm auf Edelstahlschutzrohre aufzutragen. Dieses Tantalschicht unterscheidet sich von den herkömmlichen Verfahren wie Sputtern oder Elektroplattieren: Der Tantalineprozess erzeugt eine metallurgische Verbindung zu dem Edelstahlgrundkörper. Diese Oberflächenlegierung stellt eine vollkommene Verbindung zwischen dem Edelstahl und dem Tantal sicher, selbst wenn das Schutzrohr schnellen Temperatursprüngen ausgesetzt ist. Vereinfacht funktioniert das Tantalineverfahren folgendermaßen: In einem Reaktorbehälter schlägt sich unter Vakuum verdampftes Tantal auf das zu beschichtende Edelstahlschutzrohr nieder und bildet dort eine Oberflächenlegierung. Diese baut sich dann über die Zeit zur gewünschten Schichtstärke auf. Die Korrosionsbeständigkeit jedes Schutzrohrs wird zur abschließenden Qualitätsüberprüfung für 48 Stunden bei 100°C in 36-prozentiger Salzsäure überprüft.

Kein Hindernis für die Festigkeitsberechnung

Ein Kostenvergleich zwischen einem Schutzrohr mit Tantalbeschichtung und einem aus Sonderwerkstoff ist unter Berücksichtigung der TCO (total cost of ownership) nicht direkt anzugeben. Kostenrelevant für die Tantalbeschichtung sind sowohl die zu beschichtende Oberfläche des Schutzrohrs, also die Menge des benötigten Tantals, als auch die Losgröße im Verhältnis zur Abmessung des Schutzrohrs, sprich der Füllgrad des Reaktorbehälters. Ein Kostenvorteil gegenüber Schutzrohren in Sonderwerkstoffen ergibt sich vor allem bei kleinen Bauteilen in größeren Losgrößen; der Kostenvorteil entsteht vor allem, wenn bereits Schutzrohre in Edelstahlausführung vorrätig sind, die mithilfe der Tantaline-Beschichtung weiter veredelt werden können. Durch die steigenden Anforderungen an die Anlagensicherheit gewinnt die Festigkeitsberechnung von Thermometerschutzrohren immer mehr an Bedeutung. Das weltweit bedeutendste Berechnungsprogramm ASME PTC 19.3-2010 schließt jedoch die Berechnung von mehrteiligen Schutzrohren oder von einteiligen Schutzrohren mit Überzügen oder rauen Oberflächen aus. Erfreulicherweise beeinflusst die Tantalbeschichtung mit einer Stärke von 50µm weder die Oberflächenrauheit des Schutzrohrs, noch seine Schwingungseigenschaften, sodass die Schutzrohrberechnung ASME PTC 19.3-2010 zur Festigkeitsberechnung von Wika als Ingenieurs-Dienstleistung herangezogen werden kann. Ein nach dem Tantalineverfahren beschichtetes Thermometer-Schutzrohr kann also bei bestimmten Voraussetzungen seine Vorteile gegenüber einem klassischen Tantalmantel als Überzieher oder einem Schutzrohr aus Sonderwerkstoff klar ausspielen. Gleichzeitig verlieren bekannte Konstruktionen von Schutzrohren mit abnehmbaren Tantalmantel nicht ihre Daseinsberechtigung.Halle 11.1, Stand E4

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