Anlagenbau & Betrieb Alles in Zucker

18.02.2014

Die Planungsprozesse für Anlagen und Automatisierung wachsen zusammen. BMA, ein auf Zuckerverarbeitungsprozesse spezialisierter Anlagenbauer, profitiert davon. Integrierte Engineering-Prozesse entlasten die Automatisierungsfachleute dort von zeitraubenden Routinetätigkeiten. Die Maschinen und Anlagen lassen sich zudem einfacher und genauer auf die Kundenbedürfnisse abstimmen.

Sugar, Sweeteners und Biomass – in diesen Geschäftsfeldern hat die weltweit tätige BMA (Braunschweigische Maschinenbauanstalt) Einiges zu bieten. Extraktionsanlagen, Verdampfungstrockner, Zentrifugen, Kristallisationsanlagen und vieles mehr umfasst das Angebot zur Verarbeitung von Zucker und anderen nachwachsenden Rohstoffen. Immer öfter möchten die Kunden nicht nur einzelne Maschinen oder ­Aggregate, sondern erwarten komplette Lösungen – von der ersten Idee über Design und Engineering bis hin zu Serviceleistungen wie Ersatzteil-Lieferung und Wartung. Patrick Eisfelder, Leiter des Engineerings bei der 2004 gegründeten BMA Automation, konkretisiert: „Dabei wächst der Anteil der Projekte, bei denen wir schlüsselfertige Applikationen liefern.“

Zu einer guten Lösung gehört für Eisfelder auch eine Dokumentation, mit der sich der Anlagenbetreiber bei normalen Problemen selbst helfen kann. Eisfelder: „Wir möchten also aus den Daten, die während des Engineerings erzeugt werden, Informationen für Wartung und Inbetriebsetzung zur Verfügung stellen.“ Neben dem Zeitaufwand für die Zusammenstellung und Aufbereitung der Daten während des Engineerings steht bei BMA vor allem die Projektqualität im Fokus: eine Lösung zu erstellen, die passgenau auf die Anforderungen des Kunden abgestimmt sowie fehlerfrei und einfach über den Anlagenlebenszyklus zu pflegen und instand zu halten ist.

Daher setzt der Maschinenbauer bereits seit 2006 sowohl bei der Anlagenplanung als auch beim Engineering der Automatisierung auf die Plant Engineering Software Comos. In der Anlagenplanung wird Comos für das Basic- und Detail-Engineering genutzt, demnächst soll auch die Rohrleitungsplanung mit Comos arbeiten. Außerdem ist beabsichtigt, die 3-D-Virtual-Reality-Visualisierungssoftware Comos Walk­inside zu verwenden. Seit 2007 nutzt BMA Automation das Prozessleitsystem Simatic PCS 7 sowie die Comos Module EI&C für die elektrotechnische Planung und das Modul Logical für die Funktionsplanung. Jetzt profitiert das Unternehmen davon, dass sich beide Systeme optimal integrieren lassen und damit ein durchgängiger Arbeitsablauf vom Engineering bis zum Betrieb erreicht wird.

„Derselbe Datenbestand für alle: 
das schließt eine häufige Fehlerquelle aus“

Eine Besonderheit der BMA ist, dass das Unternehmen am Standort Braunschweig sowohl die Planung der Prozess­anlage übernimmt als auch die passende Automatisierung realisiert: Daher kann es besonders von der engen Integration der Engineering-Prozesse profitieren. Mit Comos ist es ausgeschlossen, dass zwei Teams an unterschiedlichen Versionen eines Projekts, zum Beispiel an Zeichnungen, arbeiten. „Während die Automatisierungsteams früher immer die Ergebnisse anderer Planungsprozesse berücksichtigen mussten, rufen die Bearbeiter heute einfach Comos auf und jeder arbeitet im Projekt mit demselben aktuellen Datenbestand. „Damit wird eine häufige Fehlerquelle ausgeschlossen“, urteilt Eisfelder.

Die Integration der Engineering-Prozesse schafft aber auch neue Fragestellungen. Menschen, die aus unterschiedlichen Disziplinen kommen, müssen jetzt enger zusammenarbeiten. Ein Verfahrenstechniker wird eine Messstelle unter Umständen anders bewerten und bezeichnen als ein Automatisierungstechniker. Daher müssen Prozesse und Kennzeichnungen angepasst und vereinheitlicht werden. Die Prozessleittechnik gibt dabei oftmals die Anforderungen für die vorgelagerten Prozesse vor. Messstellen müssen entsprechend der Normen und Richtlinien bezeichnet werden – auch wenn dies aus verfahrenstechnischer Sicht ein Umdenken bedeutet. Diese enge Zusammenarbeit der Disziplinen verbessert jedoch umgekehrt das Verständnis für den gesamten Prozess und hilft, Synergien zu nutzen. Eisfelder schildert seine Erfahrung: „Dadurch, dass wir Comos so ganzheitlich verwenden, müssen die Verfahrenstechniker vielleicht zehn Prozent mehr Arbeit in ihren Teil des Projekts stecken – aber auf der Automatisierungsseite sparen wir dann im Endeffekt 50 Prozent des Aufwands ein, wenn wir beispielsweise eine Pumpe schon mit allen relevanten Daten aus Comos in Simatic PCS 7 geliefert bekommen.“

BMA profitiert bereits jetzt sehr von der engen Integration zwischen Comos und Simatic PCS 7. Gerade im Systemverbund schafft die Transparenz und Durchgängigkeit, die Comos und Simatic PCS 7 eröffnen, erhebliche Vorteile für das Engineering. Maschinenbauer wie die BMA wollen aber natürlich weiterhin in der Lage sein, auch andere Leitsysteme aus Comos heraus abzudecken, das heißt, eine gewisse Offenheit muss auch gegeben sein. Comos ermöglicht dies durch eine offene Systemarchitektur und standardisierte Schnittstellen.

„Offenheit ist auch ein kritisches Thema“

Allerdings birgt Offenheit auch eine gewisse Gefahr, wenn der Anlagenbauer in einem relativ kleinen Markt mit nur wenigen Mitbewerbern aktiv ist. Patrick Eisfelder schildert: „Wir differenzieren uns stark über unser Know-how. Daher müssen wir die Möglichkeit haben, unsere Expertise wirksam zu schützen. Offenheit ist also auch ein kritisches Thema.“ Zwar hilft eine offene Arbeitsumgebung dem Maschinenbauer, verschiedene Anforderungen branchenübergreifend mit einer Automatisierungslösung zu erfüllen. Für das Team von Eisfelder erhöht sich jedoch der Aufwand, wenn verschiedene Systeme mit den entsprechenden Schnittstellen abzudecken sind: „Wir müssen das nötige Know-how vorhalten, und die Anpassung der Lösungen auf Kundenanforderungen wird komplexer.“

Umgekehrt bedeutet das letzten Endes, dass der Anlagenbauer seinen Kunden eine bessere Qualität anbieten kann, wenn er auf bestimmte Lösungen standardisiert. Da die Zuckerindustrie eine sehr homogene Branche ist, ist das nicht so schwer. Patrick Eisfelder: „Wir sind daher sicher schon einen Schritt weiter als Maschinenbauer in anderen Industriebereichen.“ So werden Projekte bei BMA weitgehend auf Typicals geplant: zu rund 60 Prozent einer Anlage, so zumindest der Anspruch. Das heißt, die Basis für das Projekt kann anhand von standardisierten Komponenten aufgebaut werden.

„Relativ detaillierte Lösung als 
Diskussionsgrundlage bei der Akquise“

Welche Vorteile das im Hinblick auf Zeitaufwand und Projektqualität bringt, zeigt eine einfache Rechnung: In einer typischen Zuckerraffinerie sind rund vier- bis fünftausend Messstellen – was in etwa der vierfachen Menge an I/Os entspricht. Diese Messstellen werden über lokale Schaltkästen angebunden. Diese Local Boards kann man einmal mit den entsprechenden Peripheriesystemen und Baugruppen definieren und dann 80-mal für das Projekt vervielfältigen – fehlerfrei und schnell. Die BMA-Ingenieure gewinnen dadurch viel Zeit, die sie nutzen können, um sich mit spezifischen Anforderungen von Anlage und Prozess zu befassen. Eisfelder sieht einen weiteren Vorteil: „Das hilft uns bei der Akquise – wir können schon mit einer recht detaillierten Lösung zum Kunden gehen, die als Diskussionsgrundlage für das konkrete Projekt dient.“

Aktuell laufen bereits zwei große Projekte bei der BMA, bei denen Anlage und Automatisierung jeweils gemeinsam mit Comos geplant und die Daten an die Steuerung Simatic PCS 7 übergeben werden. Konkrete Zahlen stehen zwar noch aus, doch Patrick Eisfelder ist sich sicher, dass die Arbeit mit Typicals in der Plant Engineering Software Comos und die automatische Datenübergabe zwischen Comos und Simatic PCS 7 das Engineering weiter vereinfachen werden. Er erwartet, dass sein Unternehmen durch das schnelle Vervielfältigen mit Comos bis zu 25 Prozent des Aufwands für die Erstellung von Typicals sparen kann – zusätzlich zu den effizienzsteigernden Möglichkeiten, die Simatic PCS 7 heute schon dem BMA-Engineering bietet.

Allerdings hält er für zu kurz gegriffen, nur die Einsparungen zu sehen. Für ihn ist es entscheidend, Zeit zu gewinnen: für spezifische Anfragen, für den konkreten Prozess, für die Projekte und Kunden. „Natürlich werden wir die beiden Projekte auch anhand von Kennzahlen bewerten“, sagt der Engineering-Leiter, „aber im Moment ist für uns die wichtigste Aufgabe, dass wir die Projekte erfolgreich abschließen und unseren Kunden eine gute, hochwertige Lösung liefern. Durch das integrierte Engineering mit Comos und PCS 7 haben unsere Teams genau dafür mehr Zeit.“

Bildergalerie

  • Patrick Eisfelder, BMA Automation: "Wir möchten aus den Daten, die während des Engineerings erzeugt werden, Informationen für Wartung und Inbetriebsetzung zur Verfügung stellen."

    Patrick Eisfelder, BMA Automation: "Wir möchten aus den Daten, die während des Engineerings erzeugt werden, Informationen für Wartung und Inbetriebsetzung zur Verfügung stellen."

  • Integriertes Engineering ist ein elementarer Bestandteil für die digitale Anlage. Durch die zentrale Datenhaltung und den durchgängigen Arbeitsablaufr vom Anlagendesign bis zum Betrieb werden Fehler vermieden und Zeit eingespart.

    Integriertes Engineering ist ein elementarer Bestandteil für die digitale Anlage. Durch die zentrale Datenhaltung und den durchgängigen Arbeitsablaufr vom Anlagendesign bis zum Betrieb werden Fehler vermieden und Zeit eingespart.

  • BMA setzt auf integriertes Engineering: Anlage und Automatisierung werden gemeinsam mit Comos geplant und die Daten entsprechend an Simatic PCS 7 übergeben.

    BMA setzt auf integriertes Engineering: Anlage und Automatisierung werden gemeinsam mit Comos geplant und die Daten entsprechend an Simatic PCS 7 übergeben.

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