Maschinenbau Europas Wettbewerber greifen an

VDMA-Vizepräsident Karl Haeusgen: „Für unsere exportstarke Industrie sind freie Marktzugänge sehr wichtig.“

Bild: VDMA
02.06.2016

Der europäische Maschinenbau steht wirtschaftlich gut da: Die Unternehmen der Branche erwirtschafteten zwischen 2010 und 2014 durchschnittlich 10 Prozent Bruttoumsatzrendite (Ebit) und wuchsen jährlich um 7 Prozent, wie eine aktuelle Befragung des VDMA und der Unternehmensberatung McKinsey zeigt. Auch die bestimmenden Trends der nächsten Jahre ermittelte die Studie.

Laut der Studie sollen sich die Wachstumschancen von den großen Schwellenmärkten wie China, Russland und Lateinamerika hin zu kleineren Märkten sowie von Hardware zu Software und Services verschieben. Auch die Digitalisierung wird die Branche weiter verändern. Maschinenbauer, so die Studie, müssen flexibler werden, indem sie beispielsweise stärker mit Kunden und Wettbewerbern kooperieren und Digitalexperten an sich binden.

Die aktuelle Studie „How to succeed: Strategic options for European machinery“ stellten der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) und die Unternehmensberatung McKinsey & Company Anfang Juni in Brüssel vor. Die Studienergebnisse basieren auf einer Umfrage unter 215 Maschinenbaufirmen aus 18 europäischen Ländern sowie auf mehr als 20 Interviews mit Entscheidungsträgern aus der Industrie. Die Analyse beschreibt die Erfolgsfaktoren und wichtigsten Trends der Branche.

Europa gut aufgestellt – Wettbewerber greifen an

Europa steht mit 26 Prozent der weltweiten Maschinenproduktion hinter China (38 Prozent) und vor den USA (14 Prozent). „Europas Stärken liegen in den hervorragend ausgebildeten Mitarbeitern und der daraus folgenden Produkt- und Servicequalität“, erläutert Wolff van Sintern, Seniorpartner bei McKinsey und Co-Autor der Studie. Im Vergleich dazu punkten amerikanische Anbieter eher durch kreative Geschäftsmodelle und ständige Erneuerung. Chinesische Wettbewerber wiederum haben einen Kostenvorteil und führen neue Produkte schnell in den Markt ein.

Der Export bleibt wichtiges Standbein der Branche: Europäische Unternehmen erzielen im Schnitt zwei Drittel ihres Umsatzes außerhalb des jeweiligen Heimatlandes. Größter Markt ist Europa, das für rund 60 Prozent der Umsätze steht. Gleichzeitig beschäftigen die Maschinenbauer immer noch drei Viertel ihrer Mitarbeiter in ihrem Heimatland. „Für unsere exportstarke Industrie sind freie Marktzugänge sehr wichtig. Insbesondere schränken nicht-tarifäre Handelshemmnisse wie unterschiedliche Standards und Zertifizierungen den freien Handel ein. Es entstehen dadurch für uns Mehrkosten“, sagt Karl Haeusgen, VDMA-Vize-Präsident. Er erwartet positive Impulse, sollte es bei TTIP zu einem Abschluss kommen.

Wachstumschancen nur durch mutige Schritte

Auch die Digitalisierung bietet Chancen: Neue Geschäftsmodelle, die auf Daten basieren, werden 2020 mehr als 10 Prozent zum Umsatz beitragen, so die Erwartung der Maschinenbauer. Bisher sind es nur 3 Prozent. Unternehmen erwarten durch die Digitalisierung im ersten Schritt eine Verbesserung ihrer Kostenposition um 5 bis 10 Prozentpunkte. Allerdings sei der Weg dahin noch weit: Erst ein Fünftel der befragen europäischen Unternehmen hat bereits neue Geschäftsmodelle aufgebaut, ein Drittel hat das Thema aktuell nicht im Fokus. Jedes zweite Unternehmen geht davon aus, dass Expertise in der Softwareentwicklung in den kommenden fünf Jahren zu den wichtigsten Einstellungskriterien gehören wird.

Die Maschinenbauer rechnen damit, dass neue Werkstoffe und Verfahren (von 44 Prozent der Befragten genannt), die Digitalisierung (39 Prozent) und die flexible Anpassung an neue Marktbedingungen (45 Prozent) den größten Einfluss auf die Organisationsstruktur der Unternehmen haben werden.

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