Smart Traffic & Mobility Mit Wasserstoff in die Zukunft

06.08.2014

Ausgelöst durch die Vorstellung eines serienreifen Toyota-Brennstoffzellen-Fahrzeuges diskutiert die Automobilbranche wieder intensiv über die Perspektive des Energieträgers Wasserstoff. NOW-Geschäftsführer Klaus Bonhoff stellt einen Fahrplan für die Markteinführung vor.

Die Energiewende wird die Art und Weise, wie wir Energie bereitstellen und nutzen – nämlich erneuerbar und effizient –, in den nächsten Jahren weiterhin tiefgreifend verändern. Gleichzeitig wächst das Verständnis dafür, dass integrierte Energiesysteme notwendig sind, die die Bedürfnisse und Ziele der Sektoren Strom, Wärme und Verkehr gleichermaßen berücksichtigen. Im Zuge dieses Prozesses wird Wasserstoff eine entscheidende Rolle spielen, da er ein zentrales Bindeglied zwischen der Stromenergie- und der Verkehrsenergiewende darstellt. Er wird uns mit seinen spezifischen Eigenschaften und mit seiner Flexibilität bei der Nutzung auf vielseitige Weise in die Zukunft begleiten – zur Entlastung der Stromnetze in der stationären Energieversorgung mit zunehmend erneuerbaren Anteilen aus Photovoltaik und Wind sowie als erneuerbarer Energieträger und Kraftstoff in nachhaltigen Mobilitätskonzepten. Einen Beitrag zur Steigerung der Energieeffizienz wird zudem die Brennstoffzellentechnologie leisten. Brennstoffzellenheizgeräte schaffen in den eigenen vier Wänden eine umweltfreundliche Alternative zur herkömmlichen Strom- und Wärmeversorgung. Mobilität mit Brennstoffzellenfahrzeugen, denen Wasserstoff als Kraftstoff dient, ist bei hohen Reichweiten und kurzen Betankungszeiten effizient und emissionsfrei.

Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologien präsentieren sich damit als Schlüsseltechnologien für eine nachhaltige Energie- und Mobilitätswende. Die Bundesregierung fördert die Marktvorbereitung dieser Technologien im Rahmen des Nationalen Innovationsprogramms Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie, kurz NIP.

Wasserstoffinfrastruktur

Gefördert vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) engagiert sich die Nationale Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie (NOW) in Berlin zusammen mit der Industrie für einen kontinuierlichen Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur für den Verkehr. Die Clean Energy Partnership (CEP), eine gemeinsame Initiative von Industriepartnern unterschiedlicher Sektoren im Rahmen des NIP und zugleich das größte Demonstrationsprojekt für Wasserstoffmobilität in Europa, leistet in zweierlei Hinsicht wichtige Beiträge zur Marktvorbereitung von Brennstoffzellenmobilität. Zum einen betreibt die CEP eine Flotte von mehr als 100 mit Wasserstoff betriebenen Bussen und Pkw. Zum anderen wird die CEP bis Ende 2015 deutschlandweit 50 Wasserstofftankstellen aufbauen und betreiben. Zuletzt wurde im Mai 2014 in Berlin-Schönefeld die Total Multi-Energie-Tankstelle H2BER eröffnet, an der mit Wind- und Sonnenenergie vor Ort „grüner“ Wasserstoff durch Elektrolyse erzeugt wird. Auf diese Weise eröffnen sich im Zuge der sektorübergreifenden Vernetzung von der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien und Wasserstoff als Kraftstoff neue Möglichkeiten für eine intelligent gestaltete, integrierte Energiewende.

Die Erfahrungen der CEP liefern die Basis für den weiteren bedarfsgerechten Ausbau des Wasserstofftankstellennetzes: Industriepartner der Automobil-, der Mineralöl- und der Industriegase-Branche haben sich in der H2-Mobility-Initiative darauf verständigt, ihren Beitrag zu leisten und wollen bis 2023 rund 400 Wasserstofftankstellen in Betrieb nehmen. Diese sollen sich sowohl auf Ballungsräume als auch auf ländliche Gegenden verteilen, so dass möglichst schnell eine flächendeckende Versorgung erreicht wird. Prototypen von Brennstoffzellenfahrzeugen sind bereits seit mehreren Jahren kundentauglich im Einsatz. Erste Hersteller bieten Serienfahrzeuge an, so dass von einem Markthochlauf in den kommenden Jahren auch in Deutschland auszugehen ist. Mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzellenfahrzeuge haben viele Vorteile: Sie sind als Elektrofahrzeuge völlig emissionsfrei, leise und stark in der Beschleunigung – Fahrvergnügen inklusive.

In der Öffentlichkeit stößt das Thema Wasserstoffmobilität bei denen, die damit vertraut sind, auf eine hohe Akzeptanz, denn es besteht ein Konsens darüber, dass umweltfreundliche Mobilitätskonzepte notwendig sind. Das bestätigen unter anderem Ergebnisse des Forschungsprojektes HyTrust, das sich mit gesellschaftlichen Reaktionen auf Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologien auseinandersetzt. Es ist allerdings auch festzuhalten, dass nach wie vor ein großer Teil der Öffentlichkeit nicht ausreichend über die Perspektiven alternativer Kraftstoffe und Antriebe informiert ist. Weitere Kommunikation ist hier notwendig.

Nationale und internationale Ziele

Die Mobilitäts- und Kraftstoffstrategie der Bundesregierung (MKS) bekräftigt die Bedeutung von Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie. Ziel ist es, den Endenergieverbrauch des Verkehrssektors bis 2020 um zehn Prozent und bis zum Jahr 2050 um 40 Prozent zu reduzieren. Elektrische Antriebstechnologien spielen dabei aufgrund ihrer Effizienz eine zentrale Rolle, da sie zudem die Möglichkeit eröffnen, erneuerbare Energien in Form von Strom und Wasserstoff in den Kraftstoffsektor zu integrieren. Nur so können auch die Klimaziele – mindestens 80 Prozent Reduktion der CO2-Emissionen bis 2050 – erreicht werden.

Auf europäischer Ebene ist die Initiative „Fuel Cell and Hydrogen Joint Undertaking“ (FCH JU) ein Pendant zu NIP und NOW. Im Rahmen von des europäischen Forschungsförderungsprogramms „Horizon 2020“ sowie zusätzlich über das Programm des „Trans European Network – Traffic“ (TEN-T) stehen in kommenden Jahren grundsätzlich auch EU-Mittel für den Aufbau einer europaweiten Wasserstoffinfrastruktur inklusive der Erzeugung aus erneuerbaren Energien zur Verfügung.

Außerhalb Europas kooperiert die NOW mit japanischen Firmen und staatlichen Organisationen, die sehr konsequent die Markteinführung von Wasserstoff- und Brennstoffzellenprodukten vorantreiben. Mit den USA findet ein regelmäßiger Austausch über das Department of Energy (DoE) statt. Die inhaltliche Zusammenarbeit auf Expertenebene zwischen der CEP und der California Fuel Cell Partnership wird kontinuierlich fortgesetzt.

Länderübergreifende Kooperationen und internationaler Austausch sind für eine erfolgreiche Kommerzialisierung von Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologien eine wichtige Voraussetzung. Gemeinsame Standards und Normen sind notwendig, um Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologien länderübergreifend zum Erfolg zu führen. Aus diesem Grund befindet sich die NOW in einem engen Austausch mit internationalen Partnern, politischen sowie wirtschaftlichen Entscheidern, Instituten und Verbänden, unter anderem um harmonisierte internationale Standards zu etablieren. Ein internationaler Austausch auf Regierungsebene bezüglich laufender Programme sowie bestehender und zukünftiger politischer Rahmenbedingungen findet über die International Partnership for Hydrogen and Fuel Cells in the Economy (IPHE) statt.

Roadmap

Ziel ist es, bis 2025 rund 500.000 Pkw und 2000 Busse mit Brennstoffzellenantrieb auf die Straße zu bringen, die an 500 öffentlichen Wasserstofftankstellen auftanken können. In der stationären Energieversorgung sollen im häuslichen Bereich bis zu 500.000 Brennstoffzellenheizgeräte bereitstehen. In Industrieanwendungen werden bis dahin Brennstoffzellenanlagen der Kraft-Wärme-Kopplung mit einer Leistung von mehr als 1000 Megawatt Leistung anvisiert. Für die Gewinnung von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien sollen Elektrolyseure mit bis zu 1500 Megawatt Leistung installiert sein.

Um das zu verwirklichen, müssen alle Partner der öffentlichen und der privaten Hand konsequent weiter zusammen arbeiten. Für Brennstoffzellenfahrzeuge bedeutet das insbesondere eine Verringerung der Herstellkosten und ein bedarfsgerechter Aufbau der benötigten Infrastruktur. Im stationären Bereich müssen für Brennstoffzellenheizgeräte angemessene Technologie-Einführungsprogramme etabliert werden.

Das Potenzial von Wasserstoff und Brennstoffzellen kommt mit der Energiewende mehr in Fahrt denn je. Diese Technologien werden einen eindrucksvollen Beitrag dazu leisten, die Klimaschutzziele zu erreichen und die Abhängigkeit von Importen fossiler Energieträger zu verringern.

Bildergalerie

  • Nicht nur für den Verkehr: Wasserstoff-Infrastruktur für die Zukunft

    Nicht nur für den Verkehr: Wasserstoff-Infrastruktur für die Zukunft

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