Fachbeitrag KWK-Contracting ohne EEG-Umlage

11.12.2012

Die Wirkung der EEG-Umlage auf KWK-basierte Energiedienstleistungsprojekte wird in der Branche einhellig als schädlich bezeichnet: Realisiert ein Energiedienstleister ein KWK-Projekt, steht die im Rahmen der projektspezifischen Stromlieferung anfallende EEG-Umlage als Störposition in der Wirtschaftlichkeitsberechnung. Dennoch gibt es Wege aus diesem Dilemma.

Soweit der Gesetzgeber versucht, die oft genannte Worthülse Energiewende zu füllen, fällt zumindest das Schlagwort dezentrale Versorgungsstrukturen. Dabei beruft er sich auch auf das geltende Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung. Die Praxis im Energiedienstleistungsmarkt offenbart jedoch täglich die Disharmonie der branchenspezifischen Gesetzesmaterialien.

Im Falle des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (KWKG, Gesetz für die Erhaltung, die Modernisierung und den Ausbau der Kraft-Wärme-Kopplung) und der damit bezweckten Förderung des Ausbaus der KWK weht dem Contractor der nachhaltige Gegenwind aus dem Gesetz für den Vorrang erneuerbarer Energien (EEG 2012) in Gestalt der EEG-Umlage direkt ins Gesicht. Diese stellt ein signifikantes Markthemmnis für contractingbasierte KWK-Projekte mit Erdgaseinsatz dar. Und: Der Gegenwind wird mit von Jahr zu Jahr steigender EEG-Umlage immer stärker.

EEG-Umlage: Der rechtliche Hintergrund

Die EEG-Umlage (3,592ct/kWh im Jahr 2012, 5,277 ct/kWh 2013) ist Teil des Belastungsausgleichs nach dem EEG 2012. Dieser dient zum Ausgleich der Strom- und Vergütungszahlen zwischen den unterschiedlich stark betroffenen Netz- und Übertragungsnetzbetreibern sowie der bundesweit gleichmäßigen Verteilung auf alle Letztversorger. So soll im Ergebnis eine gleichmäßige Lastenverteilung auf alle deutschen Marktteilnehmer sichergestellt werden. Dieser Solidaritätsgedanke soll die „Last des EEG“ also auf möglichst vielen Schultern verteilen. Wobei es dabei auch spezifische Privilegierungen der stromintensiven Industrie gibt, die allerdings nicht Gegenstand dieses Beitrags sind. Die skizzierte Systematik ist ein roter Faden der EEG-Historie. Grundsätzlich sah bereits die erste Fassung des § 37 Abs.1 EEG 2009 in Fortführung des § 16 EEG 2004 vor, jedes Elektrizitätsversorgungsunternehmen (EltVU) in den EEG-Belastungsausgleich einzubeziehen. Mit Inkrafttreten der Ausgleichsmechanismus-Verordnung (AusglMechV vom 17. Juli 2009) zum 1. Januar 2010 (Verordnungsermächtigung § 64 Abs.3 EEG 2009) wurde die Berechnungsmethode der EEG-Umlage dann erheblich vereinfacht.

Die AusglMechV trat an die Stelle des § 37 Abs. 1 S. 1 EEG 2009 und mit ihr fiel die Pflicht der Elektrizitätsversorger zur Abnahme und Vergütung von Strom weg. In § 3 Abs.1 der Verordnung wurde erstmalig eine Legaldefinition der EEG-Umlage festgeschrieben. Diese können die Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) als anteiligen Ersatz der erforderlichen Aufwendungen nach Maßgabe der weiteren Vorschriften der Verordnungen in monatlichen Abschlägen von den Elektrizitätsversorgern verlangen, die Strom an Letztverbraucher liefern. Die Verpflichtung erstreckt sich hierbei auch auf solche inländischen Stromvertriebe, die nicht unmittelbar der Regelzone eines ÜNB unterstehen [1].

Grundlage dieser an einen Aufwendungsersatzanspruch nach § 670 BGB angelehnten Regelung ist, dass die ÜNB mit der Vermarktung des EEG-Stroms für die Stromvertriebe eine Dienstleistung erbringen, bei der naturgemäß auch Kosten entstehen. Diese Kosten resultieren hauptsächlich aus der Differenz zwischen den Einnahmen aus der Vermarktung des EEG-Stroms und den an die Anlagenbetreiber gezahlten EEG-Vergütungen [2].

Im Rahmen der Novellierung des EEG 2009 zum EEG 2012 wurde die Definition der EEG-Umlage angepasst. Die Legaldefinition wurde aus der AusglMechV herausgenommen und in die Regelung des § 37 Abs. 2 EEG 2012 aufgenommen. Damit gilt mit Blick auf KWK-Strom weiterhin der Grundsatz, dass KWK-Strom mit der EEG-Umlage belastet ist, soweit dieser durch ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen an einen Letztverbraucher geliefert wird.

EEG 2012: Zur Umlage verpflichtet ist ...

Durch das EEG 2012 wurde der vorstehend dargestellte Gedanke bestätigt, indem folgende Legaldefinition in das EEG aufgenommen wurde: Gemäß § 3 Nr. 2d EEG 2012 ist ein Elektrizitätsversorgungsunternehmen „jede natürliche oder juristische Person, die Elektrizität an Letztverbraucherinnen oder Letztverbraucher liefert“.

Demnach ist zur EEG-Umlage derjenige verpflichtet, der andere mit elektrischer Energie versorgt, wobei § 37 Abs. 2 EEG 2012 darauf abstellt, dass es sich bei der Versorgung um eine Lieferung an einen Letztverbraucher handeln muss. Unter Letztverbraucher sind solche Kunden zu verstehen, die - anders als Großhändler oder weiterliefernde Elektrizitätsversorger - die gelieferte Elektrizität selbst verbrauchen, also nicht an Dritte weiterliefern [3]. Eine entsprechende Definition des Begriffs „Letztverbraucher“ findet sich in § 3 Nr. 25 EnWG, wobei stets die - grundsätzlich Sperrwirkung entfaltende - Spezialität des EEG gegenüber dem EnWG zu beachten ist: „Natürliche oder juristische Personen, die Energie für den eigenen Verbrauch kaufen.“

Unter Lieferung ist nach Art. 2 Ziff. 16 der Binnenmarktrichtlinie Elektrizität vom 19.02.1997 (Richtlinie 96/92/EG) ein Versorgungsvorgang zu verstehen, bei dem „Elektrizität den Kunden zur Verfügung gestellt wird“. Diese Binnenmarktrichtlinie unterschied hierbei zwischen Lieferung und Verkauf, wobei Lieferung den physikalischen Übertragungsvorgang (Bereitstellung von Elektrizität) und Verkauf den ökonomisch-juristischen Vorgang umfasst [4].

Das geltende EU-Recht (Art. 2 Ziff. 19 RL-Elt 2009) verwendet nunmehr den Begriff der Versorgung [4]. Für die Beurteilung der Lieferung ist nur der tatsächliche Vorgang der Verschaffung der Verfügungsmacht von Bedeutung, sodass ein alleiniges Abstellen auf das zugrunde liegende Verpflichtungsgeschäft, zum Beispiel Verkauf des Stroms, eine vom Gesetzgeber offensichtlich nicht gewollte Einschränkung darstellen würde. Vielmehr wollte man jeden Übertragungsvorgang in die EEG-Umlagepflicht einbeziehen. Insoweit wäre zum Beispiel auch ein in der Vergangenheit diskutiertes „Verschenken“ des Stroms - trotz eines fehlenden Verkaufsvorgangs - in die EEG-Umlagepflicht mit einzubeziehen [5].

Die Rechtsprechung des BGH [6] hat bestätigt, dass eine Rechtsträgeridentität gegen die Annahme einer Lieferung im Sinne des EEG spricht [5]. Insoweit setzt eine Lieferung - denknotwendig - eine Personenverschiedenheit zwischen dem Lieferer und dem Belieferten voraus.

Soweit ein Energiedienstleistungsunternehmen also ein Blockheizkraftwerk (BHKW) beim Kunden errichtet und diesen mit den erzeugten Wärme- und Strommengen versorgt, liegen insoweit - auch bei unentgeltlicher Überlassung des KWK-Stroms - die Voraussetzungen für das Entstehen des Anspruchs des regelverantwortlichen ÜNB gegenüber dem jeweiligen Energiedienstleister auf Leistung der EEG-Umlage vor.

Eigenerzeugung - auch mit BHKW-Contracting

Die Eigenerzeugung ist im Hinblick auf die Belastung durch die EEG-Umlage auch auf der Grundlage des EEG 2012 (§ 37 Abs. 3) weiterhin privilegiert. Bei Nutzung des Netzes der allgemeinen Versorgung gilt das Privileg jedoch nur bei Vorliegen des Verbrauchs des Stroms im räumlichen Zusammenhang zur Stromerzeugungsanlage. Damit hat der Gesetzgeber bezüglich des einschränkenden Kriteriums eine Teilharmonisierung des EEG mit dem Stromsteuergesetz erreicht. Als beachtlich ist die Bestandsschutzregelung des § 66 Abs. 15 EEG 2012 zu benennen, wonach § 37 Abs. 3 EEG 2012 nicht gilt, wenn Letztverbraucher eine Eigenerzeugung bereits vor dem 01.09.2011 aufgenommen haben.

Der inzwischen viel diskutierte und in der Praxis vermehrt auftretende Lösungsansatz liegt in einem Modell, welches den Betrieb einer KWK-Anlage unter Einsatz von Erdgas durch den Kunden selbst vorsieht, sofern die Anlage zuvor von einem Energiedienstleister errichtet und an den Kunden verpachtet wurde. Der Energiedienstleister wird operativ als Betriebsführer der KWK-Anlage eingebunden. Durch die Umsetzung im Rahmen dieses contractingbasierten sogenannten Pacht- und Betriebsführungs-Modells wird das maßgebliche Kriterium einer Rollenidentität auf Kundenseite (Erzeuger/Verbraucher) erfüllt, was dazu führt, dass keine Lieferung im Sinne des EEG und damit keine Einbeziehung in den EEG-Belastungsausgleich vorliegt. Die Zahlungsverpflichtung der EEG-Umlage für KWK-Strom entfällt soweit.

Eigenerzeugungs-Szenario auf Kundenseite

Beim Etablieren eines Eigenerzeugungs-Szenarios auf Kundenseite ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der letztverbrauchende Kunde im Lichte einer energiewirtschaftlichen Gesamtbetrachtung jederzeit als Erzeuger der KWK-Strommengen anzusehen sein muss.

Es gilt der tatsächliche Lebenssachverhalt, welcher von der Vertragsgestaltung abgebildet sein muss. Wenn die energiewirtschaftlichen Risiken des Anlagenbetriebs (Bezug der Einsatzenergie, Umwandlung, Absatz der Wärme und des Stroms) überwiegend beim Stromverwender liegen, so kann grundsätzlich im Ergebnis ein Eigenerzeugungs-Szenario angenommen werden.

In dieser Gesamtschau gilt auch, dass das jeweilige Energiedienstleistungsunternehmen als Contractor nicht als Anlagenbetreiber gelten darf und im skizzierten Modell insbesondere die Planungs-, Finanzierungs- und Betriebsführungsfunktion einnimmt. Die Entgeltgestaltung muss daher berücksichtigen, dass nicht Strom erzeugt und bezahlt wird, sondern Finanzierungs- und Dienstleistungselemente abgebildet werden - Pachtzins für Nutzungsüberlassung der Anlage und Vergütung für Betriebsführungsleistungen.

Die Abwicklung mit dem zuständigen Hauptzollamt (Energie- und Stromsteuer) obliegt dem Kunden, kann aber vom Contractor als weitere Dienstleistung angeboten werden als Handeln im Namen des Kunden. Ergänzend könnten weitere Energiedienstleistungs-Bausteine, beispielsweise der Aufbau eines Energiemanagementsystems oder Energiecontrollings vom Contractor angeboten und umgesetzt werden. Ziel dieser Dienstleistungen wäre es, einen möglichst effizienten Betrieb des verpachteten BHKW auf Kundenseite sicherzustellen.

Im Ergebnis wird erreicht, dass auf Kundenseite ein sonst verworfenes KWK-Projekt auf der Grundlage des spezifischen Fachwissens eines Energiedienstleisters sowie dessen Investment in die Anlagenplanung und -errichtung zielführend umgesetzt werden kann. Insbesondere bei KWK-Anlagen ab einer elektrischen Leistung von zirka 250kW stellt das skizzierte Modell eine wirtschaftlich attraktive Alternative zum alternativen BHKW-Betrieb mit Biomethan unter dem EEG-Regime dar.

Weitere Informationen

[1] OLG Bamberg, ZNER 2009, 392

[2] Oschmann in Danner/Theobald, Energierecht, Bd.2, EEG VI B 1, § 37, Rn.19

[3] vgl. Altrock/Oschmann/Theobald, EEG, 2. Aufl. 2008 § 14 Rn. 50; Salje, EEG, 5.Aufl, 2009, § 37 Rn.13

[4] vgl. Salje, EEG 2012, § 37 Rz. 23

[5] vgl. Salje „Defizite bei der Abwicklung des Wälzungsmechanismus des EEG - Folgewirkungen des Rechtsprechungswechsels zur EEG-Umlage“ in: Versorgungswirtschaft, Heft 4/2010, S. 84 f.

[6] Urteil vom 9. Dezember 2009 - Az.: VIII ZR 35/09

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