Fachbeitrag Gleichzeitiges Heizen und Kühlen im 2-Leiter-System

MITSUBISHI ELECTRIC EUROPE B.V (Factory Automation)

Einfache Wartungsarbeiten: Der BC-Controller kann an zentraler Stelle platziert werden.

Bild: Mitsubishi Electric
11.09.2014

Statt getrennter Anlagen für die effiziente Wärme- und Kälteversorgung in Gebäuden kann die VRF-R2-Technologie diese Aufgaben gemeinsam übernehmen – und das mit hoher Effizienz.

Es hört sich fast ein wenig nach Überwindung der physikalischen Gesetze an – ist aber Realität: das gleichzeitige Heizen und Kühlen in einem Gebäude über ein 2-Leiter-System. Das System, das Heiz- und Kühl-Anlagen kombiniert, ist weltweit patentiert und bietet zahlreiche Vorzüge.

Der Haustechnik-Standard im Gewerbebau besteht aus getrennten Anlagen zur Wärmeerzeugung, Lüftung und Kühlung. Gerade die moderne Bauweise mit großen Glasfronten, deutlich verschärften Vorschriften zur Gebäudedämmung und internen Wärmelasten wie Computern, Küchen oder Serverräumen hat dazu geführt, dass diese Anlagen gegeneinander arbeiten können. Sprich: In einem Gebäudeteil muss Wärme abgeführt werden, während in einem anderen Bereich geheizt oder Warmwasser benötigt wird. Ein technisch machbarer Tausch der jeweils benötigten oder überschüssigen Energie ist aufgrund der getrennten Anlagenkomponenten kaum ­möglich.

Eine sinnvolle Verbindung beider Aufgaben bietet die VRF-Technologie. VRF steht für Variable Refrigerant Flow – den variablen Kältemittel-Strom mit stetig leistungsgeregelten Außengeräten. Mit VRF-Systemen lässt sich die Raumluft im Umluftbetrieb kühlen, heizen und entfeuchten, sie bieten jedoch bisher noch keine Möglichkeit zur Befeuchtung der Raumluft. Die meisten VRF-Innengeräte verfügen standardmäßig auch über einen Anschluss zur Frischluftzufuhr.

Moderne VRF-Systeme werden wegen ihrer Wärmepumpenfunktion häufig auch zur Beheizung von Gebäuden genutzt. Sofern eine Wärmerückgewinnungsfunktion vorhanden ist, sind sie in der Lage, sogar im Simultanbetrieb zu heizen und zu kühlen. Dabei wird die überschüssige Wärme aus einem Raum über die Klimatechnik einem anderen Raum zur Erwärmung zugeführt. Normalerweise ist hierfür ein 3-Leiter-System erforderlich. Neben der Saug- und der Flüssigkeitsleitung enthält die dritte Leitung das Kältemittel als Heißgas. Dieses System erfordert jedoch einen deutlich größeren Montageaufwand als ein 2-Leiter-System.

Phasentrennung des Kältemittels

Mitsubishi Electric hat deshalb gezielt nach Möglichkeiten gesucht, wie sich ein Komplettsystem zur gleichzeitigen Kühlung und Beheizung mit nur zwei Rohrleitungen realisieren lässt. Die Lösung: Ein zentraler Kältemittelverteiler (der BC-Controller, Branch Controller), der die Phasentrennung des eingesetzten Kältemittels an einer einzigen, zentralen Position umsetzt. Als gemeinsame Schaltstelle zwischen Außen- und Innengeräten gesetzt, verteilt der BC-Controller das Kältemittel entsprechend den Anforderungen im gasförmigen Zustand zum Heizen oder flüssig zum Kühlen.

Dagegen braucht die konventionelle 3-Leiter-Technik in jedem Fall drei Rohrleitungen. Vor jedem einzelnen Innengerät ist eine Umschalteinheit erforderlich. Zentrale Aufgaben für mehrere Klimageräte können sie jedoch nicht wahrnehmen. Soll zwischen Heiz- und Kühlbetrieb gewechselt werden, muss die Anlage heruntergefahren werden. Erst dann kann das System mit einer spürbaren zeitlichen Verzögerung die angeforderte Wärme- oder Kälteenergie bereitstellen.

Schon ein einfaches Systems mit nur vier Innen- und einem Außengerät zeigt die Vorzüge des 2-Leiter-Systems: Während beim 2-Leiter-System nur 20 kältetechnische Verbindungspunkte erforderlich sind, benötigen konventionelle 3-Leiter-Systeme mit den notwendigen vier Umschaltboxen fast vier Mal so viele Anknüpfungsstellen. Weniger Verbindungspunkte machen nicht nur die Montage schneller und kostengünstiger: Da mit jedem Punkt weniger auch das Potenzial für Lecks sinkt, ist ein System mit nur zwei Leitern auch sicherer und braucht weniger Wartung.

Genaue Druck- und Temperaturhaltung

Möglich wird der Einsatz des 2-Leiter-Systems durch den Transport sowohl von flüssigem als auch gasförmigen Kältemittel in einer gemeinsamen Leitung. Diese zwei Phasen des Kältemittels werden in den Verbindungsleitungen zwischen Außengerät und BC-Controller durch eine genaue Druck- und Temperaturhaltung ermöglicht. Im gleichzeitigen Heiz- und Kühlbetrieb der Anlage wird dafür nach den zwei Betriebszuständen „überwiegender Heizbetrieb“ oder „überwiegender Kühlbetrieb“ unterschieden. Das bedeutet: Die Mehrzahl der an ein gemeinsames Außengerät angeschlossenen Einheiten befindet sich entweder im Heiz- oder im Kühlbetrieb.

Die Frage ist letztlich, ob mehr flüssiges oder heißgasförmiges Kältemittel benötigt wird. Daraus ergibt sich jeweils ein anderer Betriebspunkt, der in der Regelung der Anlage berücksichtigt wird. Beim reinen Kühlbetrieb wird das Kältemittel normalerweise komplett verflüssigt. Wird dem Außengerät dagegen ein überwiegender Kühlbetrieb gemeldet, wird das Kältemittel nur teilweise verflüssigt und dann in zwei Aggregatzuständen in die Leitung geschickt. Dort sinkt die Flüssigkeit nach unten, das Heißgas nimmt den oberen Teil der Rohrleitung ein. Durch die Beeinflussung von Temperatur und Druck in den Rohrleitungen lässt sich das Mischungsverhältnis mittels Drucksensoren verändern.

Im BC-Controller erfolgt dann über einen Abscheider wieder die Trennung von Flüssigkeit und Heißgas. Dabei ist die Länge der Verbindungsleitungen vom Hersteller begrenzt, hat aber im Alltagseinsatz quasi kein Limit: 950 Meter Gesamtleitungslänge können abgedeckt werden. Die Gesamtleistungen derartiger VRF-Anlagen sind neben Hotels, Geschäften und Büros auch für Großprojekte geeignet: Im Business Park Varna Bulgarien werden 4,9 MW Kälteleistung und im Torre Agbar Bürotower in Barcelona rund 2,5 MW Kälteleistung erreicht. Größere Anlagen lassen sich auch mit übergeordneten Master-BC-Controllern und ihnen folgenden Slave-BC-Controllern in Form von Erweiterungsbausteinen aufbauen. Dies unterstützt eine individuelle und objektspezifische Planung der Anlagen-Verschaltung und -Versorgung.

Hocheffizient durch Energieverschiebung

Eine Idee, die ankommt: Fachplaner für die technische Gebäudeausrüstung (TGA) entdecken zunehmend die Vorteile einer Komplettversorgung auf Basis der VRF-Technologie. Schließlich senkt diese nicht nur die Energiekosten, auch der Platz für eine solche Anlage sowie ihr Gewicht sinken. Dazu kommen höherer Komfort sowie geringere Investitionskosten. Wie effizient die VRF-R2 Technik die Komplett-Klimatisierung und Warmwasserversorgung abdecken kann, zeigt sich an möglichen Anlagen-COPs (Coefficient of performance, Leistungszahl) bis zu acht – das heißt, aus einer Kilowattstunde elektrischer Energie werden acht Kilowattstunden Wärme gewonnen.

Die Grundlage dafür bildet die Energieverschiebung innerhalb eines Gebäudes: Während einem Teil des Gebäudes Wärme entzogen werden muss, wird diese in einem anderen Bereich benötigt. Über das Leitungsnetz lässt sich die überflüssige Wärme verschieben und dort einsetzen, wo sie gebraucht wird. Dabei unterscheidet das Außengerät in diesem Systemverbund wie bereits beschrieben zwischen überwiegendem Heiz- und Kühlbetrieb. Im überwiegenden Kühlbetrieb arbeitet das Außengerät als Kondensator, und ein Teil der Kondensationswärme wird zurückgewonnen. Nur der überschüssige Anteil der Kondensationswärme, die an keiner Stelle des Gebäudes zur Beheizung oder Warmwassererwärmung eingesetzt werden kann, wird an die Außenluft abgegeben. Im überwiegenden Heizbetrieb dagegen arbeitet das Außengerät als Verdampfer. Die zum Heizen benötigte Wärmeenergie wird dabei zum Teil den Innengeräten entzogen, die im Kühlbetrieb arbeiten. Die restliche erforderliche Wärmeenergie wird im Wärmepumpenbetrieb der Außenluft entzogen.

Wassermodule für die Fußbodenheizungen

Darüber hinaus ergänzen Wassermodule das System. Dadurch stehen aufeinander abgestimmte Systeme zur Warm- und Kaltwasserbereitung von 5 bis 45 °C sowie zur Brauchwasserbereitung bis zu 70 °C zur Verfügung. Die Wassermodule sind nach Angaben des Herstellers weltweit die ersten Produkte, die anschlussfertig in das System eingebunden werden können. Bislang auf dem Markt verfügbare konventionelle Lösungen mussten individuell konfiguriert und aufgebaut werden. Mit den Wassermodulen können dann beispielsweise direkt Wärmeüberträger mit Ventilatorunterstützung, sogenannte Fan Coils, oder eine Fußbodenheizung mit der notwendigen Energie versorgt werden.

Mit optionalem Zubehör, wie einer Fernbedienung, die speziell für Wassersysteme konzipiert wurde, können nicht nur Sollwerte vorgegeben, sondern auch Heizkurven hinterlegt werden. Dadurch wird die Wassertemperatur im Heizfall automatisch an die Außentemperatur angepasst.

Bildergalerie

  • Maximale Effizienz: Die zur Verfügung stehende Kälte- und Wärmeenergie wird optimal genutzt.

    Maximale Effizienz: Die zur Verfügung stehende Kälte- und Wärmeenergie wird optimal genutzt.

    Bild: Mitsubishi Electric

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