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Emissionswerte Steinkohlekraftwerke klimafreundlicher als offene Gasturbinen

Der Kraftwerksblock Walsum 10 bei Duisburg ist nach Angaben von Steag mit einer elektrischen Bruttoleistung von 790 Megawatt und mit einem Wirkungsgrad von 46 Prozent eines der derzeit effizientesten Steinkohlekraftwerke weltweit. Der Kraftwerksblock braucht bei gleicher Stromerzeugung zirka 20 Prozent weniger Steinkohle und produziert damit zirka 20 Prozent weniger Kohlendioxid als ein bundesdeutsches Durchschnitts-Steinkohlekraftwerk.

Bild: Steag
15.06.2016

Grundsätzlich ist Erdgas emissionsärmer als Steinkohle. Doch bei Betrachtung der direkten und indirekten Emissionen inklusive Förderung und Transport ist laut einer Studie die Teillast-Stromerzeugung durch Steinkohlekraftwerke die klimafreundlichere Alternative.

Um die sichere Stromversorgung in Deutschland im Zuge der Energiewende zu gewährleisten und um die Erzeugungsschwankungen der Erneuerbaren ausgleichen zu können, wird die Flexibilität thermischer Kraftwerke insbesondere im Teillastbetrieb noch an Bedeutung gewinnen. Steinkohlekraftwerke leisten heute aufgrund ihrer Flexibilität den Hauptanteil beim Lastausgleich für die fluktuierenden erneuerbaren Energien. Unter Volllast schneiden offene Gasturbinen- und Steinkohlekraftwerke bei der Emissionsbetrachtung fast identisch ab. Fluktuierende erneuerbare Energien erfordern aber immer häufiger den Teillastbetrieb. „In der aktuellen Diskussion um die beste Brückentechnologie auf dem Weg zur Energiewende ist Erdgas aufgrund der vermeintlich besseren CO2-Bilanz derzeit der von Politik und Gesellschaft präferierte Energieträger“, sagt Wolfgang Cieslik, Vorstandsvorsitzender des Vereins der Kohlenimporteure (VDKi).

Eine Studie von Pöyry Management Consulting hat die direkten und indirekten Treibhausgasemissionen der Stromgewinnung durch Steinkohle- und Gaskraftwerke betrachtet. Hierbei wurden auch die für den Ausgleich der Einspeiseschwankungen der erneuerbaren Energien besonders wichtige Teillast untersucht. Im Rahmen der Analyse wurden internationale Studien zu den Emissionen in Förderung und Transport von Steinkohle und Erdgas verglichen und ausgewertet. Werden diese indirekten Treibhausgasemissionen zu denen der Stromerzeugung in den Kraftwerken addiert, zeigt sich unter Berücksichtigung des Kohle- und Gasbezugsmixes für Deutschland in 2014, dass in einem Teillastbetriebsszenario die direkten Treibhausgasemissionen der Stromgewinnung bei den offenen Gasturbinen um bis zu 76 Prozent höher liegen als bei modernen Steinkohlekraftwerken. Auch die Treibhausgasemissions-Differenz zwischen modernen Steinkohlekraftwerken und Gas-und-Dampf-Kraftwerken ohne Wärmeauskopplung reduziert sich von 36 Prozent unter Volllast auf 30 Prozent im Teillastbetrieb, wie das Beratungsunternehmen ermittelte.

Die Studie ergab: Werden die Treibhausgasemissionen mit einbezogen, die bei der Förderung und dem Transport der beiden Energieträger entstehen, so ist die Teillast-Stromerzeugung durch moderne Steinkohlekraftwerke zum Ausgleich der variierenden Einspeiseleistungen der erneuerbaren Energien sowie der schwankenden Stromnachfrage für den aktuellen deutschen Kraftwerkspark die deutlich klimafreundlichere Alternative zu offenen Gasturbinen. Diese stehen zwar ebenfalls kurzfristig für den Lastausgleich zur Verfügung, verursachen aber im Teillastbetrieb erhebliche Wirkungsgradeinbußen und Nachteile für die Klimabilanz. Auch bei den direkten Emissionen, ohne Berücksichtigung von Förderung und Transport des Brennstoffs, stößt eine offene Gasturbine im Teillastbetrieb bis zu 29 Prozent mehr Treibhausgase aus als ein Steinkohlekraftwerk.

„Durch den Einspeisevorrang der erneuerbaren Energieträger wird den fossil befeuerten Kraftwerken zunehmend die Aufgabe des Ausgleichs von Erzeugungsschwankungen und der Netzstabilisierung zugewiesen. Sie werden deshalb zunehmend in der Teillast eingesetzt“, so Roland Lorenz, Geschäftsführer von Pöyry Management Consulting. Die effizienten Gas-und-Dampf-Kraftwerke erzeugen Strom in direkter Verbindung mit der Erzeugung von Wärme beispielsweise für Fernwärmenetze und können daher nicht so flexibel, wie für die Energiewende notwendig, auf Einspeiseschwankungen reagieren. Daher werden sie im aktuellen Energiemarkt fast ausschließlich in Verbindung mit einem Wärmebedarf gebaut, nicht zum Ausgleich von Lastspitzen. Nur die offenen Gasturbinen ohne angeschlossenen Dampfprozess können für eine Übergangsphase bis zum Erreichen der Ausbauziele für Wind- und Photovoltaikanlagen und bis zur Lösung des Speicherproblems völlig flexibel zur Netzstabilisierung eingesetzt werden.

Bei der Ermittlung der Werte ist die Herkunft der fossilen Energieträger ausschlaggebend für die Höhe der indirekten Emissionen, da der Transportweg eine entscheidende Rolle spielt. In Deutschland weisen daher das deutsche und das aus den nahegelegenen Niederlanden stammende Erdgas geringere indirekte Emissionen auf als Erdgas aus entfernteren Regionen, wie Norwegen, Russland oder Flüssiggas aus den USA bzw. dem Mittleren Osten. Allerdings sind die Erdgasvorkommen hierzulande stark rückläufig. „Das bedeutet, dass bei einem zukünftig verstärkten Einsatz von Erdgas zunehmend Liefergebiete und Fördermethoden zum Zuge kommen würden, die eine deutlich schlechtere Klimabilanz haben. Dazu gehören auch Flüssigerdgas (LNG) oder durch Fracking gefördertes Erdgas“, sagt Cieslik.

Ein Management Summery der Studie „Vergleich der Treibhausgasemissionen von Kohle- und Gaskraftwerken“ gibt es hier.

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