Energieerzeugung Flexibilität als lukrative Chance

Typische Intraday-Tage: Die negativen Preise kommen durch die falsch prognostizierte Windeinspeisung zustande.

Bild: Next Kraftwerke
12.09.2014

Welche neuen Erlösmodelle bieten sich für Betreiber von Biogasanlagen nach den Änderungen durch das EEG 2014? Aussicht auf Mehrerlöse jenseits bekannter Fördermodelle bietet etwa eine Optimierung der Anlage für eine Vermarktung im Viertelstundenraster.

Der Boom der Biogasbranche innerhalb der erneuerbaren Energien scheint vorbei zu sein, seit mit dem EEG 2014 von ­legislativer Seite her entsprechende Signale gesetzt worden sind. Angefangen vom Zubaudeckel für Neuanlagen von 100 MW pro Jahr bis hin zu den Vergütungskappen nach § 47 EEG 2014 für Neuanlagen, wonach nur noch 50 Prozent der Bemessungsleistung vergütet werden, scheint weiteres Wachstum in dieser Branche aus Regierungssicht zweitrangig. Was bedeutet dies für die Biogasbranche? Welche Erlösmöglichkeiten ergeben sich aus der geänderten Marschroute der Bundesregierung?

Neue Modelle zur Vermarktung

In vielen Teilen des EEG 2014 klingt an, dass der Gesetzgeber künftig die Flexibilität bei der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien stärker fördern möchte. Denn mit hohen volatilen beziehungsweise unflexiblen Leistungsmengen im Gesamtstrommix wächst auch der Bedarf an flexibler Leistung. Neben den rechtlichen Impulsen bietet aber auch der Markt bereits Möglichkeiten, mit einer höheren Flexibilität bei der Stromproduktion höhere Gewinne zu erzielen. Die steigende Liquidität am Intraday-Handel zeigt, dass immer mehr Akteure diese Vorteile nutzen wollen. Neben der Vorhaltung von Regelenergie durch Biogasanlagen, die mittlerweile relativ verbreitet ist, wird auch immer häufiger die Flexibilitätsprämie in Anspruch genommen. Letztere zielt auf eine bedarfsorientierte Einspeisung im Stundenraster ab.

Eine Optimierung von Anlagen, die sich an den Viertelstunden des Intraday-Handels orientiert, ist bislang allerdings eher selten zu finden. Dabei bietet diese Form der Stromvermarktung attraktive Erlösmöglichkeiten. Wegen der geringen Marktdurchdringung hat diese Option momentan branchenweit eher Modellcharakter – wenngleich sich mit dieser Vermarktungsstrategie erfolgreich Pilotprojekte betreiben lassen. Insofern liegt es zu einem großen Teil auch an den Anlagen­betreibern, diese neue Option als Chance für die Erlösmaximierung zu begreifen. Dafür ist jedoch ein Umdenken notwendig, das über die gesetzlich festgelegten ­Vergütungsmodelle hinaus versucht, Möglichkeiten des Marktes für sich nutzbar zu machen.

Lukrative Option für Anlagenbetreiber

Wenn man die Vorteile einer viertelstundengenauen Flexibilisierung nachvollziehen möchte, ist es grundlegend, zu verstehen, wie der Intraday-Markt funktioniert. Am Intraday-Markt ist die kleinste Handelseinheit 15 Minuten. Der Handel erfolgt hier kontinuierlich und findet mitunter sehr kurzfristig statt – bis zu 45 Minuten vor Lieferung. Rampen in Stromentnahme und -produktion sowie Prognoseabweichungen für volatile Energieträger sorgen für schwankende Strompreise. Das kann so weit gehen, dass die Preise im negativen Bereich liegen können (etwa mittags an sonnigen und windreichen Tagen) – keine wünschenswerten Rahmenbedingungen, um den Strom einzuspeisen und zu vermarkten (siehe Abbildung oben).

Es wird deutlich, dass im Zuge der Energiewende, die stark von volatilen Energieträgern abhängig ist, Flexibilität nicht nur für die Systemstabilisierung als Ausgleich von schwankenden Netzen ein wichtiges Gut ist, sondern auch eine lukrative Option für Anlagenbetreiber, in einem Markt mit durchschnittlich eher sinkenden Preisen weiterhin wirtschaftlich zu arbeiten.

Gezielte Produktion je nach Marktentwicklung

Was die Flexibilisierung von Anlagen angeht, so gilt es die bedarfsorientierte Einspeisung von einer viertelstundengenauen Optimierung zu unterscheiden. Mit der Flexibilitätsprämie sind hier bereits im EEG 2012 erste Anreize geschaffen worden. Laut Bundesnetzagentur (BNetzA) und dem Deutschen Biomasseforschungszentrum (DBFZ) wuchs der Anteil der Anlagen, die von der Flexibilitätsprämie Gebrauch machen, bis Mitte 2014 auf etwa 25 bis 30 Prozent – gerechnet an der installierten Leistung.

Die klassische bedarfsorientierte Einspeisung funktioniert nach einem einfachen Prinzip: Ist der Strompreis hoch, wird vermehrt Strom produziert, sinkt der Preis, wird auch die Produktion heruntergefahren. In der Regel ist es bei diesem Modell so, dass der Vermarkter die Fahrweise anhand von Preisprognosen plant und im vornherein einen Fahrplan mit dem Betreiber abspricht. Um einen planbaren Betrieb zu gewährleisten, erfolgt die Stromproduktion meist in festen Blöcken, die eine Größe von einer Stunde nicht unterschreiten.

Es ist jedoch auch denkbar – und hier kommt die oben angesprochene Flexibilität ins Spiel – die Stromproduktion noch genauer aufzugliedern und an den Viertelstunden des Intraday-Marktes auszurichten. Das bedeutet auch, dass sich die Stromproduktion nicht mehr an einem festen, im Vorfeld vereinbarten Fahrplan orientiert. Vielmehr ist eine gezieltere ­Produktion notwendig, die sich an aktuellen Marktentwicklungen orientiert (siehe Abbildung auf der rechten Seite). Um dies zu garantieren, ist eine noch engere Verzahnung zwischen Anlage und Direktvermarkter notwendig. Ähnlich wie beim Verkauf von Regelenergie erhält der Stromvermarkter die Möglichkeit, die Anlage aus der Leitstelle eines virtuellen Kraftwerks heraus zu steuern. Die technische Anbindung funktioniert in diesem Fall analog zur Anbindung bei der Vermarktung von Regel­energie.

Nicht jede Anlage eignet sich

Da es sich bei dieser Vermarktungsstrategie um ein technisch anspruchsvolles Modell handelt, eignen sich nicht alle Anlagen dafür. Um eine gute Vermarktung zu gewährleisten, muss die Anlage über entsprechende Kapazitäten verfügen, die Produktion nach Bedarf zu verlagern. Beträgt die installierte Leistung etwa das Doppelte bis Dreifache der Bemessungsleistung, lässt sich die Anlage am lukrativsten mit einer viertelstundengenauen Fahrweise vermarkten. So ist sie in der Lage, in Zeiten mit hohen Erlösmöglichkeiten auch ein entsprechendes Mehr an Leistung bereitstellen zu können.

Zugleich sollte die Anlage über einen angemessenen Gasspeicher verfügen, der im Idealfall eine Fahrweise mit geringer Leistung über mehr als acht Stunden ermöglicht. So ist es möglich, die Produktion zu Zeiten schlechter Preise herunterzufahren. Zudem sollte das Blockheizkraftwerk der Biogasanlage in der Lage sein, mit einer hohen Zyklenzahl arbeiten zu können. Schließlich ist von einer hohen Anzahl an Regelungen auszugehen. Viele moderne Anlagen bringen für diese Vermarktungsart prinzipiell gute Voraussetzungen mit. Jedoch gilt es, im Einzelfall zu prüfen, ob sich die Anlage eignet.

Noch kein festes Erlösmodell

Im Gegensatz zu den altbekannten ­Vermarktungsmodellen wie der Mehrerlösbeteiligung, bei der der Betreiber einen fixen Anteil der Handelserlöse erhält, hat sich bei der Vermarktung der kurzfristigen Flexibilität am Intraday-Markt noch kein festes Modell etabliert. Bei diesem Vermarktungsmodell lassen sich die Erlöse nicht so übersichtlich abbilden, wie man es sich vielleicht wünschen würde. Zur Veranschaulichung: Um eine genaue Abrechnung zu ermöglichen, müsste der Direktvermarkter dem Betreiber jeden einzelnen Trade, den er mit der Anlage gemacht hat, nachweisen. Innerhalb eines Gesamtportfolios, das an der Börse gehandelt wird, lässt sich dieser Nachweis aber nicht auf praktikable Weise erbringen.

Als Alternative bietet sich in diesem Fall eine pauschale Vergütung bemessen an der monatlichen Flexibilität pro bereitgestellter und verfügbarer Leistung in Kilowatt an – bei Next Kraftwerke Flexibilitätspauschale genannt. Diese bedeutet für den Betreiber auch ein Plus an Erlössicherheit in einem Markt mit stark schwankenden Preisen. So bekommt das Modell wieder einen Vergütungscharakter, wie man ihn aus der EEG-Förderung kennt. Zum Zeitpunkt, an dem der Artikel verfasst wurde, ist ein viertelstundengenauer Handel nur am Intraday-Markt möglich – eine Öffnung des Day-Ahead-Marktes (sowohl EXAA als auch EPEX Spot) für den viertelstundengenauen Handel ist jedoch bereits geplant und soll Ende 2014 umgesetzt werden. Auch wenn noch keine definitive Aussage über die Marktentwicklung getroffen werden kann, ist es denkbar, dass durch diese Entwicklung Erlösmodelle wie ein Profit Sharing innerhalb eines viertelstundengenauen Handels im Day-Ahead denkbar werden.

Fazit und Ausblick

Eine Optimierung von Biogasanlagen für eine viertelstundengenaue Vermarktung ist sicherlich noch nicht für jede Biogasanlage ein sinnvoller und gangbarer Weg. Dafür sind die Anforderungen – gerade auch für manche Bestandsanlagen – doch recht groß. Dennoch lässt sich festhalten, dass diese Möglichkeit für geeignete Anlagen eine Chance bietet, ihre Erlöse zu steigern. So ließe sich auch die politisch gewollte Vermeidung von negativen Preisen besser am Markt durchsetzen.

Mit dem Ziel der Energiewende wird sich nicht nur der Strommix grundlegend wandeln, auch die Ausgestaltung des Strommarktes wird sich in den kommenden Jahren weiter ändern. Vermarktungsmodelle wie die viertelstundengenaue Optimierung sind ein Indiz für diese Marktveränderung – und sie sind ein Indikator dafür, dass das Projekt Energiewende nicht mit einer einzelnen, allumfassenden Lösung zu haben sein wird. Darüber hinaus zeigen sie, dass es auch zukünftig möglich sein wird, Biogasanlagen lukrativ zu betreiben.

Bildergalerie

  • Magische 15 Minuten: Mit einer Fahrweise und Vermarktung im Viertelstundentakt lassen sich Mehrerlöse erzielen.

    Magische 15 Minuten: Mit einer Fahrweise und Vermarktung im Viertelstundentakt lassen sich Mehrerlöse erzielen.

    Bild: Next Kraftwerke

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel