Batteriemanagement Industrietaugliches Management von Batteriezellen

Lang soll'n sie Leben: Für eine lange Lebenszeit müssen Zellen in einem Batteriesystem möglichst gleichmäßig ge- und entladen werden.

Bild: Rambo182/iStockphoto, Autarctech
31.08.2015

Stromspeicher sind meist aus mehreren Zellen aufgebaut. Damit die Batterie länger durchhält, sollten beim Laden und Entladen alle Zellen gleichmäßig zum Einsatz kommen. Ein aktives induktives Balancing kann Batteriesystemen eine 30 bis 40 Prozent höhere Lebensdauer bringen und auch Energieverluste minimieren.

Noch ist der vollständige Verzicht auf fossile Energieträger Zukunftsmusik. Deshalb gewinnen Systeme, die energiesparend agieren, immer mehr an Bedeutung. Der Batteriehersteller Autarc­tech hat deshalb ein industrietaugliches Batteriemanagementsystem (BMS) ent­wickelt, das auf einem leistungsstarken aktiven Balancer basiert und keine Energie verschwendet. Denn durch den Einsatz einer speziellen Baugruppe teilt das System die Energie permanent zwischen den Zellen auf – auch beim Entladen. Das spart pro Tag rund 40 Watt pro 5,6-kWh-Batterie und vermeidet das passive Verheizen dieser Energie. Ein Batterieaustausch ist dadurch erst nach 20 Jahren erforderlich.

Generell verfügen BMS über sogenannte passive Balancer, die über Widerstände parallel zu den Zellen Energie von diesen ableiten und quasi verheizen. Dieses Prinzip, das relativ viel Energie verschwendet, funktioniert aber nur beim Laden, nicht beim Entladen, sodass nach einiger Zeit die Kapazitäten der Zellen mehr und mehr voneinander abweichen. Herkömmliche Batterien gelten zudem bei einer Restkapazität von 30 bis 40 Prozent als „leer“.

Jeder Hersteller von Lithium-Batterien benötigt ein BMS, das gegen Über- oder Tiefentladen schützt und Spannung sowie Temperatur überwacht. Baugruppen in dieser Form sind auf dem Markt jedoch nicht verfügbar. Diverse Komponenten wie Zell-Balancer, Hauptprozessor, Board, Relais, Sicherungen und Schaltausgänge mussten deshalb bisher einzeln zusammengestellt werden, wodurch sie nicht immer optimal aufeinander abgestimmt werden konnten. Oft fehlten Schnittstellen zu Batterie-Wechselrichtern, die gezielt für eine gesteuerte Ladung und Entladung sorgen, oder die Montierbarkeit war durch unpassende Verbindungen erschwert.

Balancing für eine längere Lebensdauer

Um Batterieherstellern die Möglichkeit zu bieten, ohne Zeitaufwand und Kosten, die die eigene Entwicklung eines BMS mit sich bringen würde, in den Markt einzutreten und gleichzeitig eine umweltschonende Lösung anzubieten, hat Autarctech mit Unterstützung des Elektroniklabors Mikrolab die Baugruppe Liconnect entwickelt. Statt der üblichen 70 Prozent Kapazitätsentnahme sind damit jetzt bis zu 100 Prozent möglich.

Durch das Ausbalancieren der Zellen durch Energieübertragung der stärkeren zu den schwächeren Zellen steigt die Lebensdauer der Batterie um etwa 30 bis 40 Prozent. Dadurch erhöht sich auch der Wirkungsgrad des Balancers von 0 bei der passiven Variante auf über 95 Prozent beim aktiven induktiven Balancer: Herkömmliche Modelle können nur die Energie voller Zellen verbrennen, also in Wärme umwandeln, um eine Überladung der Zelle zu vermeiden. Ein Ausgleich zwischen vollen und entleerten Zellen ist nicht möglich. Die Effizienz dieser Vorgehensweise liegt demnach bei 0 Prozent.

Wie verschiedene Doktorarbeiten zum aktiven Balancing bestätigen, sind bei der neuen, aktiven Methode Kosten­ersparnisse über die gesamte Lebensdauer von rund 1500 Euro bei einem 5,6-kWh-Speicher oder bis zu 11.000 Euro bei einem 56-kWh-Speicher möglich. Als Kompetenzzentrum Batterie hat sich die Hochschule Ansbach etabliert. Dort werden vor allem langwierige Untersuchungen wie Zyklustests oder die Optimierung der Balancer durchgeführt.

Je nach Sicherheitsanforderungen werden beim BMS ein oder zwei Relais mit jeweils einer oder zwei Sicherungen benötigt. In Deutschland sind mittlerweile zwei Sicherungen vorgeschrieben, in anderen Ländern ist das aber nicht so. Liconnect existiert deshalb in Versionen mit einem Relais und einer Sicherung oder zwei Relais und zwei Sicherungen. In beiden Fällen handelt es sich um ein Board mit verschiedenen Schnittstellen und Steuerausgängen und einem oder zwei Relais inklusive Sicherung. Bis zu 16 Zellen können vom aktiven Balancer im Liconnect ausgeglichen werden.

Überwachungssystem für Fehlfunktionen

Zusätzlich ist das System mit einer Internet-Fernüberwachung und einem Sicherheitskonzept ausgestattet, das den Prozessor mit einer Einzelzell-Überwachung von Spannung, Temperatur, ­Balancer-Strom und einer Eigenüber­wachung der Zell-Balancer begleitet. Über den prozessorinternen WatchDog wird ein „Herzschlag“ an eine unabhängige Elektronik gesendet, die, wenn keine Signale mehr kommen, die Relais abschaltet und die Batterie vom Ladegerät beziehungsweise vom Verbraucher trennt.

Im Fall einer Funktionsstörung des Wechselrichters oder Ladereglers löst Liconnect somit selbstständig die elektrische Verbindung zum Speicher. Dadurch wird eine Überladung oder Tiefentladung sicher verhindert. Die Redundanz bei der Elektronik und den Komponenten ermöglicht so höchste Zuverlässigkeit. Sollte eine interne Funktionsstörung vorliegen, sorgt WatchDog durch die separate Ansteuerung der beiden Relais für Plus und Minus dafür, dass beide abgeschaltet werden.

Liconnect kann – trotz bevorzugter Lithium-Eisen-Phosphat-Speicherzellen – auch für Li-Zellen mit anderen Spannungen, chemischen Zusammensetzungen und von diversen Hersteller programmiert werden.

Bildergalerie

  • Im Industriegehäuse Lirack: Vorgefertigte Kabelsätze mit integrierten Temperatursensoren verbinden die Überwachungseinheit Liconnect mit den Batteriezellen.

    Im Industriegehäuse Lirack: Vorgefertigte Kabelsätze mit integrierten Temperatursensoren verbinden die Überwachungseinheit Liconnect mit den Batteriezellen.

    Bild: Autarctech

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