Forschungsprojekt Schnelle Demontage von ausgedienten Windanlagen

Keine Bauwerke für die Ewigkeit: Windkraftanlagen halten etwa 20 bis 25 Jahre, dann müssen sie demontiert und ersetzt werden.

Bild: Olivier Tétard / Creative Commons
07.03.2016

26.000 Windkraftanlagen gibt es derzeit in Deutschland, seit 25 Jahren steigt ihre Zahl kontinuierlich an. Eine große Rückbau-Welle wird in zehn Jahren erwartet. Forscher wollen die Demontage beschleunigen, die Kosten minimieren und zugleich die Umweltbelastung reduzieren.

Tausende Windkraftanlagen müssen in den kommenden Jahren demontiert und ersetzt werden, auf die Windparkbetreiber kommen Kosten in Millionenhöhe zu. Wie der Rückbau schnell, günstig und umweltfreundlich gelingen kann, erforschen Wissenschaftler am Institut für Integrierte Produktion Hannover (IPH) rechtzeitig vor der großen Rückbau-Welle, mit der sie in zirka zehn Jahren rechnen. Windparkbetreiber und Logistikunternehmen sind aufgerufen, sich an dem Forschungsvorhaben zu beteiligen.

26.000 Windkraftanlagen gibt es derzeit in Deutschland, seit 25 Jahren steigt ihre Zahl unaufhörlich an. Doch jede Windanlage, die errichtet wird, muss irgendwann auch wieder abgebaut werden. Momentan ist der Rückbau sehr aufwändig, gut vier Wochen dauert die Demontage einer einzigen Windenergieanlage. Per Kran werden die Rotorblätter, die Gondel und der Generator vom Turm gehievt und am Boden in ihre Einzelteile zerlegt. Vieles lässt sich wiederverwerten: das Kupfer aus den Kabeln etwa oder der Stahl aus den oberen Turmsegmenten. Am zeitaufwändigsten ist die Demontage des Betonturms: Er wird vor Ort zersägt oder gesprengt und zerkleinert, das Material lässt sich für den Straßenbau verwenden. Die Rotorblätter werden in der Regel geschreddert und als Brennmaterial in der Zementindustrie genutzt.

Der Rückbau ist nicht nur aufwändig, sondern auch teuer: Er kostet zwischen 20.000 und 30.000 Euro pro Windkraftanlage, die Einnahmen aus dem Verkauf der Rohstoffe sind dabei schon eingerechnet. Bisher fallen die Kosten nicht stark ins Gewicht, da im Jahr 2015 nur etwa 250 Windanlagen abgebaut wurden. „Die große Rückbau-Welle steht uns erst noch bevor, sie kommt in etwa zehn Jahren“, sagt Martin Westbomke, Projektingenieur am Institut für Integrierte Produktion Hannover (IPH). Denn zwischen 2001 und 2003 gab es einen regelrechten Bauboom, und die Lebensdauer einer Windkraftanlage liegt bei etwa 20 bis 25 Jahren.

Sobald Windkraftanlagen im großen Stil zurückgebaut werden müssen, wird sich die bisherige Demontage-Strategie nicht mehr lohnen, meinen die Forscher am IPH. Derzeit werden Windkraftanlagen komplett vor Ort zerlegt. Dafür müssen Spezialmaschinen auf die grüne Wiese geschafft werden – beispielsweise Schredderanlagen für die Rotorblätter und spezielle Filteranlagen, die dafür sorgen, dass kein Glasfaserstaub in die Umwelt gelangt. Effizienter wäre es nach Ansicht der Forscher, sogenannte Demontagenetzwerke aufzubauen. Dann müsste die Windkraftanlage vor Ort nur noch grob zerlegt werden. Die Einzelteile würden dann in spezialisierte Demontagefabriken transportiert, wo beispielsweise die Rotorblätter geschreddert, die Betonsegmente zerkleinert oder die Elektrokomponenten aus der Gondel zerlegt und recycelt würden. Statt die gesamte Infrastruktur an den Ort der Demontage zu bringen, würde das Windrad ins Demontagezentrum gebracht.

Unter welchen Bedingungen sich diese neue Strategie für Windparkbetreiber lohnt, erforscht das IPH im Projekt „DemoNetXXL – Demontagenetzwerke für XXL-Produkte“. Die Forscher gehen unter anderem der Frage nach, wie weit die Windkraftanlagen bereits vor Ort in ihre Einzelteile zerlegt werden müssen und welche Schritte im Demontagezentrum erledigt werden können. Denn je weniger vor Ort zerlegt wird, desto teurer ist der Schwerlasttransport in die Fabrik – dafür spart man die Kosten für Spezialmaschinen auf der grünen Wiese. Hier suchen die Forscher nach dem goldenen Mittelweg. Zudem wollen sie herausfinden, wo die Demontagefabriken gebaut werden sollten – möglichst nah am Windpark oder vielleicht eher nah am Zementwerk, das die geschredderten Rotorblätter als Brennmaterial abkauft? Wie viele solche Demontagefabriken überhaupt benötigt werden und wie stark spezialisiert sie sein sollten, ist bisher ebenfalls unklar. All das wollen die Forscher im Projekt „DemoNetXXL“ herausfinden. Sie achten dabei auf logistische, ökonomische und ökologische Aspekte: Sie wollen die Demontage beschleunigen, die Kosten minimieren und zugleich die Umweltbelastung reduzieren.

Windparkbetreiber und Logistikunternehmen, die sich für die neue Demontage-Strategie interessieren, können sich noch am Projekt beteiligen. Die Forscher erhoffen sich von den Partnerunternehmen Daten aus der Praxis – etwa zum genauen Ablauf der Demontage –, um realistische Ergebnisse erzielen zu können. Mithilfe der Forschungsergebnisse können die Partnerunternehmen anschließend ihre eigenen Demontage-Netzwerke aufbauen und somit Kosten sparen.

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