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GAN-HEMTs Mehr Leistung dank anderer Technik

HY-LINE Technology GmbH

Bild: Freeze Frame Studio, iStock
12.04.2016

MOSFETs sind nach Hochfrequenz- mittlerweile auch Leistungsbauteile geworden. Dasselbe gilt auch für HEMTs (High Electron Mobility Transistors). Sie liefern sogar noch bessere Ergebnisse, weswegen GaN-HEMTs zunehmend IGBTs und MOSFETs ablösen.

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Die Elektronik begann mit feldgesteuerten Bauelementen, den Röhren. Es gab sie als lineares Verstärkerelement, die Elektronenröhre mit geheizter Kathode, oder als Schalter für höhere Leistungen, das gasgefüllte Thyratron. Beide hatten den Vorzug, über die Gitter hochohmig und rein spannungsgesteuert zu arbeiten. Die reguläre Elektronenröhre war zudem auch für höherfrequente Anwendungen geeignet.

Viele Halbleiter, die den Platz der Röhren eingenommen haben, sind ebenfalls feldgesteuert. Das Prinzip des FETs, des spannungsgesteuerten unipolaren Feldeffekttransistors, wurde schon in den 20-er Jahren des letzten Jahrhunderts definiert. Damals jedoch, mangels der Möglichkeit diese Bauteile herzustellen, nicht weiter verfolgt. Die ersten marktreifen Transistoren Ende der 40-er Jahre waren deshalb bipolar. Heute ist der FET jedoch gegenüber dem bipolaren Transistor deutlich weiter verbreitet. Zunächst war er als Kleinleistungs-JFET, wie bipolare Transistoren, mit einer Sperrschicht ausgerüstet, die bei falscher Polung leitete. Dann stattete man ihn mit einem durch Siliziumoxid isolierten Gate aus; der MOSFET war geboren. Dieser ist schon länger auch als Leistungs-MOSFET verfügbar, bekommt aber zunehmend Konkurrenz durch HEMTs auf Galliumnitrid-Basis (GaN). Hergestellt werden sie zum Beispiel von der Firma Transphorm.

HEMT statt FET

Der Verbindungshalbleiter Galliumnitrid wurde zunächst als Grundlage für blaue und weiße LEDs bekannt. Dann entdeckte man, ähnlich zu Galliumarsenid, die besonderen Fähigkeiten des Materials für Hochfrequenz-Transistoren, den so genannten HEMTs. GaN-HEMTs erreichen aufgrund ihrer besonderen Materialeigenschaften eine noch bessere Schaltcharakteristik und -geschwindigkeit als Silizium-Halbleiter, egal ob JFETs,
MOSFETs oder IGBTs.

Vorteile von Galliumnitrid

Wide-Band-Halbleiter wie GaN weisen geringe Leckströme und eine hohe Temperaturfestigkeit auf. Im Gegensatz zu Germaniumtransistoren, die wegen ihrer geringen Temperaturbeständigkeit und hohen Ruheströme bereits sehr schnell durch Siliziumhalbleiter ersetzt wurden, lassen sich GaN-Halbleiter bis 175 °C Sperrschicht-Temperatur betreiben; also noch weiter als solche aus Silizium. Auch ihre Eigenerwärmung ist dank des hohen Wirkungsgrads und der hohen Elektronenbeweglichkeit im Halbleiter geringer. Bei Transphorm-HEMTs ist zum Beispiel ein Betrieb bis 150 °C am Gehäuse zulässig. Auch bei geringeren Temperaturen ergibt sich aus der höheren Aktivierungsenergie von GaN, eine höhere Lebensdauer als bei Siliziumbauteilen.

Die hohe Elektronenbeweglichkeit der HEMTs entsteht dadurch, dass sie mindestens zwei unterschiedliche Verbindungs-Halbleitermaterialien mit unterschiedlicher Bandlücke nutzen; neben GaN beispielsweise noch AlGaN (Aluminium-Galliumnitrid). An der Grenzschicht der beiden Materialien entsteht das sogenannte zweidimensionale Elektronengas. In dieser Zone können sich Elektronen entlang der Grenzfläche – und nur entlang dieser – besonders schnell bewegen. Aus der hohen Elektronenbeweglichkeit ergeben sich die kurzen Schaltzeiten von Galiumnitrid-Bauteilen.

Normale GaN-HEMTs haben ein Problem: Sie sind von Natur aus ohne Steuerspannung leitend und werden deswegen als selbstleitende Verarmungs-Typen bezeichnet. Ein ohne Steuerspannung bereits eingeschaltetes Bauteil ist schon in Kleinleistungsschaltungen lästig, da ungewohnt. In der Leistungselektronik ist es jedoch äußerst problematisch. Ein Ausfall der Ansteuerung führt zum Durchschalten aller Leistungsstufen und damit zu Kurzschlüssen.

Selbstsperrende Anreicherungs-Typen sind im Schaltungsdesign wesentlich angenehmer. Bei GaN-HEMTs sind sie allerdings eher als p-Kanal-Varianten realisierbar, bei denen Elektronen-Lücken den Strom darstellen, nicht Elektronen. Gegenüber n-Kanal-Halbleitern haben sie schlechtere Kenndaten. Auch andere Designs für HEMTs, die ohne Steuerspannung sperren, besitzen funktionelle Nachteile; zum Beispiel erreichen sie nur
200 V Sperrspannung.

Selbstsperrend durch Kaskode

Transphorm hat dieses Problem durch eine Kaskoden-Schaltung, bestehend aus einem selbstsperrenden Niederspannungs-MOSFET aus Silizium und einem normalen n-Kanal-HEMT gelöst. Abbildung 1 zeigt den Aufbau der Schaltung. Bei den an ihm anliegenden kleinen Spannungen ist der konventionelle MOSFET noch schnell genug und die Kaskode ist durch ihn selbstsperrend. Ein Miller-Plateau tritt nicht auf und 600 V Sperrspannung, wie bei IGBTs und MOSFETs, sind für die Gesamtschaltung kein Problem.

Der HEMT kann prinzipiell wie ein normaler Silizium-Leistungs-MOSFET eingesetzt werden. IGBT- und MOSFET-Treiberschaltungen lassen sich daher ebenfalls mit ihm nutzen und auch Steuerspannungen bis zu ±18 V, mit erhöhtem Störabstand, sind einsetzbar. Es ist allerdings nicht immer sinnvoll den HEMT anstelle eines MOSFETs in eine vorhandene Schaltung einzubauen. In diesen kann er seine Vorzüge nicht voll ausspielen. Daher sollten HEMTs in eigens für sie entwickelte Schaltungen eingesetzt werden, die gezielt auf die höhere Schaltgeschwindigkeit, die geringere Verlustleistung und andere Unterschiede hin ausgelegt sind.

Schneller und verlustärmer

Der HEMT enthält unter anderem keine langsame Body-Diode mit hohem Qrr und benötigt keine externen Freilaufdioden. Aus diesem Grund sind Schaltungen mit GaN-Leistungshalbleitern schneller. MOSFETs können wegen des hohen Qrr ihrer Body-Dioden in Brückenschaltungen nur unterhalb von 10 kHz arbeiten, IGBTs schaffen maximal 150 kHz und benötigen zusätzliche Freilauf-Dioden. Die Einschaltzeiten eines aktuellen GaN-HEMTs liegen hingegen bei nur 3,5 ns.

Der Wirkungsgrad und die Leistungsdichte von Stromversorgungen und Spannungswandlern mit GaN-Leistungshalbleitern sind deutlich höher, als selbst bei solchen mit optimierten Silizium-Lösungen. Das schnellere Schalten muss nicht automatisch zu erhöhten Funkstörungen führen. Um diese zu minimieren, bietet Transphorm zum Beispiel unterschiedlichen Bauformen, von SMD bis TO-247, mit Source oder Drain an der Kühlfahne an. Letzteres sorgt auch in Brücken- und Gegentakt-Schaltungen stets für ein stabiles Potential ohne schnelle Spannungswechsel.

Vorhandene Schaltungslayouts sind für die höheren Schaltgeschwindigkeiten und Taktfrequenzen der GaN-HEMTs oft ungeeignet. Sie können durch zu hohe und ungewollt gekoppelte, parasitäre Induktivitäten zu Fehlfunktionen und im Extremfall zur Zerstörung der Halbleiter führen. Um GaN-HEMTs ohne Frust testen zu können, eignen sich so genannte Demo-Boards. Transphorm hat dafür eigens Musteraufbauten entwickelt.

Die Entwicklung der GaN-Halbleiter schreitet sehr schnell voran. Besonders gut kann man das an den jüngsten Entwicklungen bei HF-Verstärkern sehen. Hier wurde Siliziumkarbid (SiC) in gerade einmal drei Jahren durch Galliumnitrid abgelöst. Bei Leistungshalbleitern galt GaN gegenüber der Silizium-Technologie bisher noch als eingeschränkt. Das ändert sich gerade sehr rasch. Zum Beispiel bringt Transphorm nun auch mehrere 1200-V-Varianten von GaN-Halbleitern auf den Markt, der gängigsten IGBT-Sperrspannungsklasse. Die etwas höheren Preise schrecken zwar manche Entwickler noch ab, Marktforscher gehen jedoch davon aus, dass sich zwischen 2016 und 2019 die Preise von 15-A-GaN-HEMTs und ihren Silizium-Pendants angleichen werden. „Mit seinen technischen Vorteilen punktet der GaN-Baustein allerdings schon heute“, sagt Thomas Merkel, Produktmanager bei dem Unternehmen Hy-Line Power Components, die den Vertrieb der Transphorm-HEMTs in der DACH-Region übernehmen.

Bildergalerie

  • Eine höhere Aktivierungsenergie führt bei Halbleitern zu einer höheren Lebensdauer.

    Eine höhere Aktivierungsenergie führt bei Halbleitern zu einer höheren Lebensdauer.

    Bild: Transphorm

  • Zu sehen ist der Querschnitt durch einen Leistungs-HEMT mit isoliertem Gate. Das zweidimensionale Elektronengas (2DEG) bildet sich an der Grenzschicht zur AlGaN-Sperrschicht aus.

    Bild: Transphorm

  • Kaskodenschaltung aus N-Kanal HEMT und steuerndem Niederspannungs-Silizium-MOSFET

    Bild: Transphorm

  • GaN-HEMTs benötigen auch in mehrphasigen Brückenschaltungen keine Freilaufdioden.

    Bild: Transphorm

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