Optoelektronik, Displays & HMI Mit Druck zu vielversprechender Elektronik

26.03.2013

Gedruckte Elektronik ist einfach und günstig herszutellen und ermöglicht Produkte mit neuen Funktionen. Ein Überblick über Komponenten, die aus dem Drucker kommen, deren Anwendungsmöglichkeiten sowie Druckmaterialien und -verfahren.

Ob Gammelfleisch, Dioxin in Eiern oder Pferdefleisch in der Lasagne - ein Lebensmittelskandal jagt in letzter Zeit den nächsten. Da wünscht man sich als Verbraucher doch wirklich mehr Durchblick beim Einkaufen - damit man auch ganz genau weiß, was es mit den Produkten auf sich hat, die im Einkaufswagen landen. Eine Hilfe wäre hier etwa ein Etikett, das auf Temperaturveränderungen reagiert. Damit könnte man erkennen, ob die Kühlkette bei der Ware aus dem Kühlfach eines Supermarktes ordnungsgemäß eingehalten wurde. Ein Beispiel wie dieses ist zwar noch Zukunftsmusik - durch den Einsatz von gedruckter Elektronik könnte es aber Realität werden.Unter gedruckter Elektronik versteht man „elektronische Bauelemente, Baugruppen und Anwendungen, die vollständig oder teilweise mittels Druckverfahren hergestellt werden. Anstelle der Druckfarben werden elektronische Funktionsmaterialien, die in flüssiger oder pastöser Form vorliegen, verdruckt. Häufig handelt es sich dabei um organische Materialien, insofern ist die gedruckte Elektronik ein Teilgebiet der organischen Elektronik und wird als Schlüsseltechnologie zu deren Herstellung angesehen.“ So lautet die Definition bei Wikipedia. Die Vorteile der gedruckten Elektronik im Vergleich zur herkömmlichen Mikroelektronik liegen in der einfacheren Herstellung, der Reduzierung der Herstellungskosten, der Ausstattung von Produkten mit neuartigen Funktionalitäten sowie in der Möglichkeit, großflächige und flexible Substrate zu bedrucken. All dies soll der Elektronik Anwendungsbereiche erschließen, „die der konventionellen (anorganischen) Elektronik bisher nicht oder nur eingeschränkt zugänglich waren“, ist weiter in der Online-Enzyklopädie zum Thema „Gedruckte Elektronik“ zu lesen. Ein Beispiel ist etwa das Aufbringen von gedruckten RFID-Etiketten auf Produkten, damit diese im Handel oder beim Transport kontaktlos identifiziert werden können. Da die gedruckte Elektronik bezüglich der Leistungsfähigkeit der herkömmlichen Elektronik meist (noch) hinterher hinkt, stellt sie bislang keinen Ersatz dar. Sie ist derzeit eher als komplementäre Technologie anzusehen - sozusagen für die „Etablierung einer �??Low-Cost-Elektronik‘ für Anwendungsbereiche, in denen die hohe Leistungsfähigkeit der konventionellen Elektronik nicht erforderlich ist“, wie die Wikipedia-Autoren in ihrem Überblicksbeitrag schreiben. Elektronische Anwendungen mit hohen Schaltfrequenzen und hoher Integrationsdichte würden in naher Zukunft von der bislang geläufigen, Silizium-basierten Elektronik beherrscht.

Nischentechnologie mit großer Zukunft

Auch wenn sich die gedruckte Elektronik noch nicht in voller Breite durchgesetzt hat, von Branchenkennern wird ihr ein enormes Wachstumspotenzial bescheinigt. Die VDI Nachrichten berichteten letztes Jahr, dass die gedruckte Elektronik nach Angaben von IDTechEx, ein Beratungsunternehmen für Printed Electronics, von zwölf Milliarden US-Dollar im Jahr 2012 auf ein Marktvolumen von mehr als 60 Milliarden US-Dollar im Jahr 2022 wachsen soll. Dabei sollten OLEDs - vorangetrieben von den Smartphones - daran den größten Anteil haben, gefolgt von E-Paper-Materialien und Photovoltaik. Wolfgang Mildner, Geschäftsführer der PolyIC GmbH & Co. KG und Vorstand der Organic and Printed Electronics Association (kurz: OE-A, Dachverband für organische Elektronik), gab in einem Bericht für die Messe der Printmedien Drupa 2012 (Abkürzung für Druck und Papier) in Düsseldorf zu Protokoll: „Die organische Elektronik ist ein Markt mit großem Zukunftspotenzial und wird einen festen Platz in unserer Lebenswelt einnehmen, beispielsweise bei intelligenten Labeln auf Lebensmittelverpackungen, bei Solarzellen auf Fensterscheiben. Eine ganz aktuelle Anwendung findet die organische und gedruckte Elektronik bei E-Book-Readern und Touchscreens. Mit der kontinuierlichen Verbesserung der Techniken bei Druck- und Fertigungsverfahren in Verbindung mit kostengünstigen Materialen ergeben sich quasi unbegrenzte Einsatzmöglichkeiten.“

Komponenten, die aus dem Drucker kommen

Beinahe alle für elektronische Anwendungen nötigen Bauelemente lassen sich mittels der speziellen Fertigungsverfahrne aus dem Bereich „Gedruckte Elektronik“ herstellen. Dabei bilden OFETs (organische Feldeffekttransistoren), OLEDS (organische Leuchtdioden) und OPVCs (organische Solarzellen) die Schwerpunkte der derzeitigen Entwicklungen. Aber auch Halbleiter, Dioden, Widerstände, Kondensatoren, Spulen, Verstärker, Oszillatoren, verschiedene Arten von Sensoren und komplette elektronische Schaltungen lassen sich drucken. Ebenso druckbar sind zudem flexible, extrem dünne Batterien, Antennen, die bereits angeführten RFID-Etiketten, flexible Tastaturen und Displays sowie diverse Speicherelemente wie ROMs (read-only memory), WORMs (write once read many), PROMs (programmable read Only memory) und NVRAMs (non-volatile random-access memory). Zum Einsatz kommen die gedruckten Bauelemente und Baugruppen überall dort, wo die spezifischen Merkmale der gedruckten Elektronik ihren Vorteil ausspielen können: Eben dort, wo es auf einfache, kostengünstig hergestellte, flexible oder großflächige Bauteile ankommt. Anwendungsfelder können sein:

Intelligente Verpackungen: Zum Beispiel Kosmetikverpackungen, die aufleuchten, sobald sich eine Kundin nähert.
Consumer-Bereich: T-Shirts, deren aufgedruckte Logos wie ein Equalizer ausschlagen, wenn der DJ die Lautstärke ändert, oder Mini-Bildschirme in Zeitschriften, die Videoclips zeigen.
Medizin- beziehungsweise Pharmabereich: Grippemedikamente, deren Verpackung die Körpertemperatur des Patienten misst.

Auf der erwähnten Messe Drupa 2012 zeigten einige Unternehmen gemeinsam mit dem Verband OE-A ihre konkreten Innovationen aus der gedruckten Elektronik. So gab es etwa eine interaktive Visitenkarte mit flexiblem Display, eine sprechende Verpackung oder ein Brettspiel mit aufgedruckter Batterie, die OLED-Spielfelder zum Leuchten bringt, zu sehen.

Materialien und Druckverfahren

Bei der gedruckten Elektronik finden organische und anorganische Materialien Verwendung, die in flüssiger Form vorliegen - als Lösung, Dispersion oder Suspension. Die Ent- deckung elektrisch leitender Kunststoffe (konjugierte Polymere), für die die US-Amerikaner Alan Heeger von der Universität von Kalifornien und Alan MacDiarmid von der Universität von Pennsylvania sowie der Japaner Hideki Shirakawa von der Universität Tsukuba im Jahr 2000 den Nobelpreis für Chemie erhielten, gab den Startschuss für die Entwicklung druckbarer elektronischer Funktionsmaterialien. Mittlerweile sind zahlreiche druckbare Materialien aus dieser Polymerklasse verfügbar, die leitende, halbleitende, elektrolumineszente, photovoltaische und andere funktionale Eigenschaften aufweisen, so die Wikipedia-Autoren. Für eine Anwendung in der gedruckten Elektronik kommt es bei den Materialien nicht nur auf die jeweilige elektronische Funktion an, wichtig ist auch deren Prozessierbarkeit in den Druckverfahren. Hierfür sind sowohl die Viskosität, die Oberflächenspannung und der Feststoffgehalt der Materialien als auch Wechselwirkungen mit vorherigen oder nachfolgenden Schichten (Benetzung, Haftung und gegenseitiges Anlösen) sowie die Trocknung nach Aufbringen der Flüssigkeit zu beachten.Die mit elektrischen Eigenschaften ausgestatteten Druckmaterialien lassen sich mittels herkömmlicher Druckverfahren verarbeiten. Ausschlaggebend für die Wahl des passenden Verfahrens sind die Anforderungen an die gedruckten Schichten, die Eigenschaften der eingesetzten Materialien und die ökonomischen und technischen Überlegungen bezüglich der fertigen Produkte. Als Druckverfahren kommen hauptsächlich die Massendruckverfahren Tief-, Offset- und Flexodruck in der gedruckten Elektronik zum Einsatz. Aber auch der Tintenstrahl(Inkjet)- und Siebdruck finden Verwendung. Die Massendruckverfahren werden in der Regel als Rolle-zu-Rolle-Verfahren eingesetzt, der Sieb- und Inkjetdruck als Bogenverfahren. Der Offset- und Flexodruck soll sich nach Angaben der Wikipedia-Autoren hauptsächlich für anorganische und organische Leiter eignen, der Tiefdruck wird aufgrund seiner hohen erreichbaren Schichtqualität insbesondere für qualitätssensible Schichten, zum Beispiel organische Halbleiter und Halbleiter/Dielektrikum-Grenzschichten in Transistoren aber auch für anorganische und organische Leiter, eingesetzt. Mit dem Tintenstrahldruck sollen sich vor allem organische Halbleiter in OFETs und OLEDs, Front- und Backplanes von OLED-Displays, integrierte Schaltungen, OPVCs und weitere Bauteile und -gruppen fertigen lassen. Der Siebdruck schließlich wird zum Druck von leitenden und dielektrischen Schichten herangezogen, aber auch zur Herstellung von organischen Halbleitern, etwa für OPVCs, und vollständigen OFETs.

Gedruckte Elektronik: Regionen und Akteure

Schaut man sich die weltweiten Regionen an, in denen das Thema gedruckte Elektronik eine Rolle spielt, so kann man festhalten, dass Ostasien die Nase vorn hat: Über die Hälfte des Umsatzes mit gedruckter Elektronik wird hier erzeugt. Dabei erweisen sich japanische Firmen als Technologieführer. In Europa steht weniger die Produktion im Vordergrund, aber an technologischen Fortschritten, etwa bei Druckmaterialien und -verfahren, haben einige europäische Unternehmen maßgeblichen Anteil. Ebenso spielt Nordamerika ganz oben mit. Gute Rahmenprogramme und Forschungsinstitutionen wie beispielsweise die Fraunhofer-Institute IFAM und IISB sorgen in Deutschland dafür, dass die gedruckte Elektronik auch hierzulande eine stetig wachsende Beachtung findet. Zu dieser Thematik haben sich vor allem zwei Regionen herauskristallisiert: zum einen die Region um Dresden, auch Silicon Saxony genannt, und der Rhein-Neckar-Raum. Silicon Saxony ist eines der größten europäischen Cluster für organische und gedruckte Elektronik mit fast 40 Unternehmen (zum Beispiel Novaled, Ledon OLED Lighting, Printechnologics und Plastic Logic) und 17 Forschungseinrichtungen (TU Chemnitz, Fraunhofer IPMS und COMEDD). Das Herzstück des Spitzenclusters „Forum Organic Electronics“ ist die InnovationLab GmbH in Heidelberg. Hier erforschen das KIT, die TU Darmstadt, die TU Braunschweig, die Uni Heidelberg, das Max-Planck-Institut für Polymerforschung sowie Großunternehmen wie BASF, Merck und Heidelberger Druck gemeinsam material-, prozess- und verfahrenstechnische Grundlagen zur Herstellung gedruckter Elektronik.

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