Stromversorgung & Leistungselektronik Wie ein Deich in der Flut

29.04.2013

Energie aus Wind und Sonne kann nicht direkt ins Netz eingespeist werden, sondern muss durch Wechselrichter aufbereitet werden. Dabei fungieren IGBTs als schnelle Leistungsschalter. Da sie auf hohen Potenzialen „floaten“, müssen sie von der Steuerelektronik galvanisch getrennt werden. Wie ein Deich, der das Hinterland vor der Flut schützt, sorgen hoch isolierte DC/DC-Wandler dafür, dass teure Installationen nicht vorzeitig „Land unter“ melden.

Fukushima hat zumindest in Deutschland den Umstieg auf regenerative Energien beschleunigt. Doch weder Wind noch Sonne liefern uns die Energie so, wie wir sie brauchen. Die Sonne scheint nicht immer - und wenn dann nur am Tag. Der Wind bläst zwar auch nachts, aber wir können unsere Industrieproduktion schlecht an der Windstärke orientieren. Außerdem liegen die Off Shore-Windparks weit abseits jener Standorte, welche die Energie benötigen. Neue Transportwege und Speichermöglichkeiten sind gefragt.

Aber das ist nur die eine Seite der Medaille. Die andere ist, dass Energie aus Wind und Sonne mit korrekter Spannung, Frequenz und Phasenlage in unser Stromnetz eingespeist werden muss. Und dafür ist ein erheblicher technischer Aufwand nötig.

Wie aus Sonne und Wind Strom wird

Zwar produzieren die Generatoren der Windräder im Prinzip bereits Wechselspannung, aber der Wind lässt sich auch mit variabel einstellbaren Rotorblättern nicht so synchronisieren, dass Spannung und Frequenz ins Netz passen. �?hnliches gilt für Solarsysteme. Spätestens dann, wenn die Sonne hinter dem Horizont versinkt, sinkt auch die Spannung an den Kollektoren - ganz abgesehen von der Tatsache, dass Solarzellen generell nur Gleichspannung liefern. Es gilt also, elektrische Energie aus zwei ziemlich ungeeigneten Quellen mit möglichst geringen Verlusten so aufzubereiten, dass sie sich ins Stromnetz einspeisen lassen.

Grob betrachtet geschieht dies in zwei Stufen. Stufe 1 macht aus dem Energie-Input eine hohe, konstante Gleichspannung, Stufe 2 aus der Gleichspannung die zur Einspeisung ins Stromnetz erforderliche Wechselspannung.

In der Abbildung auf Seite 26 ist das Blockschaltbild einer Solaranlage skizziert. Der "Boost-Konverter" (linke Hälfte) hat die Aufgabe, aus einer von der Intensität der Sonneneinstrahlung abhängigen Spannung des Solarpanels eine konstante, hohe Gleichspannung zu machen. Hierfür kommt ein IGBT (Isolated Gate Bipolar Transistor) zum Einsatz, der über ein PWM-Signal angesteuert wird. Das Tastverhältnis wird dabei so geregelt, dass am Kondensator hinter dem Gleichrichter die gewünschte Gleichspannung anliegt. Beim nachgeschalteten Wechselrichter (rechte Hälfte) werden zwei IGBT-Pärchen gegenphasig mit einem PWM-Signal angesteuert, dessen Frequenz bei mindestens 10 kHz liegt. Das Tastverhältnis wird im 50-Hz-Rhythmus so variiert, dass an einem Kondensator am Ausgang eine Sinusspannung von 230 V/50 Hz entsteht, deren Phasenlage mit der Netzspannung synchronisiert ist.

Wunderwaffe der Leistungselektronik?

IGBTs sind technisch gesehen Zwitter. Am Eingang verhalten sie sich wie MOSFETs - auf der Kollektor-Emitter-Strecke wie bipolarer Transistoren. Sie lassen sich nahezu "stromlos" ansteuern, zumindest in Relation zu den Strömen, die geschaltet werden können. Im durchgeschalteten Zustand zeigen sie dagegen den für bipolare Transistoren typischen, niedrigen Spannungsabfall auf der Kollektor/Emitter-Strecke. Damit sind IGBTs ideal geeignet, hohe Spannungen und Ströme mit vergleichsweise geringen Verlusten zu schalten. Kein Wunder also, dass sie heute in Wechselrichtern und Boost-Konvertern das Maß der Dinge sind.

Die Ansteuerung von IGBTs ist alles andere als trivial. Steuerelektronik und Prozessor arbeiten mit niedriger Spannung und haben einen festen Bezug zur Masse. Die einzelnen IGBTs des Wechselrichters dagegen "floaten" auf unterschiedlichen Potentialen untereinander und gegen Masse. Damit ist klar, dass beide Bereiche galvanisch gut voneinander getrennt werden müssen.

Dieses Problem könnte man leicht mit Optokopplern lösen, wenn da nicht noch einige weitere Punkte zu berücksichtigen wären. So benötigen IGBTs zum Einschalten eine positive Spannung, zum schnellen Entladung der Gate-Kapazität beim Abschalten dagegen eine negative. Auch sind die Schaltflanken, wie sie von der Steuerelektronik angeboten werden, nicht annähernd steil genug, um IGBTs effizient zu schalten. Außerdem benötigt das angeblich "leistungslose" Ansteuern der IGBT mehr Leistung, als vom Prozessor bzw. dem Optokoppler bereitgestellt werden könnte. Daher muss man entsprechende Treiber zwischenschalten.

Potential-Trennung erforderlich

Die Treiber "beschleunigen" die Schaltflanken auf Werte von 1.000 V/µs oder mehr und liefern den Strom, der zur Aufladung der Eingangskapazität des IGBT nötig ist. Der Treiber braucht hierfür eine Versorgungsspannung von +15 V. Beim Abschalten muss die Gate-Kapazität schnell entladen werden. Dies geschieht durch Aufschalten einer negativen Spannung, wobei -9 V zweckmäßig sind. Beide Spannungen werden über DC/DC-Wandler zugeführt, deren Isolation für eine solide Potentialtrennung sorgen muss.

Angesichts moderater Spannungen von z. B. 600 V erscheint das Thema Isolation auf den ersten Blick nicht sonderlich anspruchsvoll. Schon relativ simple Trafos mit lackisolierten Drähten und übereinander liegenden Wicklungen schaffen spielend 1.000 V und mehr. Wer allerdings an einem langlebigen System interessiert ist, muss sehr viel genauer hinschauen. Denn das Thema ist komplex.

So wird die Isolationsfestigkeit von DC/DC-Wandlern generell bei 50 Hz spezifiziert. IGBT-Schaltungen arbeiten allerdings aus Gründen der höheren Effizienz meist mit Frequenzen >10 kHz. Wie sich die elektromagnetischen Komponenten dabei verhalten, ist nicht genau bekannt, so dass ein Sicherheitspuffer einzukalkulieren ist. Hinzu kommt, dass die Schaltung mit sehr steilen Flanken arbeitet, um Verluste auf ein Minimum zu reduzieren. Das hohe dV/dt von 1.000 V/ µs und mehr hat aber Konsequenzen an anderer Stelle. Treffen nämlich steile Flanken auf parasitäre Kapazitäten, wie sie rund um IGBT und Wandler-Trafo "versteckt" sind, entstehen hohe Schaltspitzen, deren Amplitude buchstäblich "unberechenbar" ist. Auch die Messtechnik gibt kaum verlässliche Antworten. Kommt nämlich die Tastkopf-Kapazität eines Oszilloskops mit ins Spiel, werden durchweg niedrigere Spannungsspitzen gemessen, als sie in der Realität vorhanden sind.

Grenzwerte sind zu beachten

Effekte wie diese setzen die Isolationsbarriere von DC/DC-Wandlern unter Dauerstress. Zwar führt das Überschreiten zulässiger Grenzwerte meist nicht direkt zum Defekt eines DC/DC-Wandlers. Aber im Laufe der Zeit wird die Isolation mürbe wie ein Deich, der nach Jahren bricht, wenn er von lang anhaltendem Hochwasser durchweicht ist. Letzte Sicherheit gibt es keine, da sich die Grenzwerte nicht zuverlässig berechnen lassen. Da Wechselrichter langlebig und Ausfallzeiten oder Wartungsarbeiten teuer sind, empfiehlt es sich, bei der Wahl des geeigneten Wandlers auf Nummer sicher zu gehen. Dies ist dann der Fall, wenn DC/DC-Wandler gewählt werden, die der erwarteten Spitzenspannung auch im Dauerbetrieb standhalten. Es ist leicht nachvollziehbar, dass der Grenzwert für Dauerbetrieb deutlich niedriger liegen wird als die für kurzzeitige Belastung spezifizierten Spitzenwerte. Für diese Zusammenhänge gibt es zwar keine Zauberformel, aber allgemein gültige Erfahrungswerte. Diese stellt Recom interessierten Anwendern in Form einer CD-großen Scheibe zur Verfügung, auf der zu jedem Referenzwert die entsprechenden Vergleichswerte abgelesen werden können.

Wandler mit IGBT-Ausgang

Da IGBTs asymmetrisch mit positiver und negativer Spannung versorgt werden müssen - meist sind es +15 V und -9 V - waren bislang je Treiber zwei DC/DC-Wandler nötig. Zur PCIM 2013 stellt Recom vier speziell für den IGBT-Einsatz konzipierte Wandler-Familien mit dualem +15V/-9V-Ausgang vor, sodass zukünftig je Treiber nur noch 1 DC/DC-Wandler erforderlich ist. Die Isolation ist mit 4kVDC (RHxx1509D), 5.2kVDC (RPxx1509D) und 6.4kVDC (RxxP1509D & RxxP21509D mit 1 & 2W) spezifiziert. Alle Varianten haben ein SIP7-Gehäuse und sind mit 5V, 12V oder 24V am Eingang lieferbar.

Bildergalerie

Verwandte Artikel