Messtechnik & EMV Wichtige Komponente von LTE-A testen

Bild: Rohde & Schwarz
13.06.2014

Long Term Evolution (LTE) steckt im Vergleich zu 2G/3G noch in den Kinderschuhen. Die Welt im Mobilfunk dreht sich aber schnell – so verwundert es nicht, dass erste signifikante LTE-Verbesserungen bereits in der 3GPP-Standardisierung verabschiedet und teilweise schon in kommerziellen Netzen implementiert wurden. Das Merkmal, das im 3GPP Release 10 (auch bekannt als LTE-Advanced, LTE-A) an erster Stelle steht, ist Carrier Aggregation.

Schon auf dem Mobile World Congress (MWC) 2013 in Barcelona wurde offensichtlich, dass Carrier Aggregation (CA) eine Schlüsselrolle spielt, insbesondere die Unterstützung von zwei Downlink(DL)-Trägerfrequenzen und einer Uplink(UL)-Trägerfrequenz.

Auf dem MWC 2014 im Februar dieses Jahres wurden sogar erste Implementierungen sowie zugehörige Testlösungen mit drei DL-Trägerfrequenzen vorgeführt. Doch was ist Carrier Aggregation genau, und wie wirkt es sich auf Tests an Basisstationen und Endgeräten aus?

Carrier Aggregation und LTE-Advanced

LTE-A unterstützt die Bündelung von bis zu fünf 20-MHz-Komponententrägern für eine Übertragungsbandbreite von bis zu 100 MHz. Zunächst hat die Arbeitsgruppe 3GPP RAN 4 jedoch die Bündelung auf zwei Komponententräger mit einer maximal aggregierten Bandbreite von 40 MHz begrenzt. Wie Abbildung 1 zeigt, erlaubt LTE-A drei grundsätzliche CA-Szenarien:

  • Intraband Contiguous (Komponententräger liegen im selben Frequenzband nebeneinander),

  • Intraband Non-Contiguous (liegen im selben Frequenzband mit Frequenzlücke) und

  • Interband (liegen in unterschiedlichen Frequenzbändern).

Ein Grund für die Einführung von CA lag in der von IMT-Advanced aufgestellten Forderung, eine Datenrate von
1 GBit/s zu erzielen. Was aber die Implementierung von CA hauptsächlich vorantreibt, ist die Möglichkeit, Anteile des üblicherweise fragmentierten Spektrums eines Betreibers aufzugreifen und zu kombinieren. Interband Carrier Aggregation hat deshalb weltweit zu vielen Anfragen nach Bandkombinationen durch Netzbetreiber geführt.

Ein Release 10 unterstützendes Mobilfunkgerät führt die typischen für LTE ab Release 8 definierten Zugangsverfahren aus. All diese Verfahren werden auf dem primären Komponententräger für Downlink und Uplink ausgeführt. Sogenannte sekundäre Komponententräger werden als zusätzliche Übertragungsressourcen betrachtet. Darüber hinaus sendet ein LTE-A-Endgerät im Laufe der Anmeldeprozedur zusätzliche Informationen, unter anderem die unterstützten DL/UL-Bandkombinationen. Sobald das Netz von den CA-Fähigkeiten des Geräts weiß, kann es mittels der RRCConnectionReconfiguration-Nachricht (RRC = Radio-Resource-Control), die mit Release 10 erweitert wurde, sekundäre Komponententräger hinzufügen, modifizieren oder freigeben. Auf heutige LTE-Basisstationen hat die Einführung von CA nur begrenzt Auswirkungen, da sie bereits mehrere Träger abhängig vom verfügbaren Spektrum übertragen. So war 2x2-Mimo(Multiple Input Multiple Output)-Betrieb im Downlink von Anfang an gefordert, weshalb der Betrieb von zwei TX-Antennen Standard ist.

Carrier Aggregation testen

LTE-A Carrier Aggregation ist eine komplexe Technologieverbesserung. Der Empfang mehrerer Frequenzen mit erhöhter Gesamtbandbreite erfordert ein Redesign in der Empfängerkette. Zuerst muss das Leistungsvermögen erhöhter Datenraten auf allen Schichten – Bitübertragungsschicht, Protokollstack und E2E – getestet werden. Ebenso ist das richtige Endanwenderverhalten beim Antworten auf RRC-Nachrichten zu verifizieren. Bei der Basisstation liegt die Design-Herausforderung beim Frontend des Transceivers, das verschiedene Bandkombinationen unterstützen muss. Dies erfordert den Einsatz von hochflexiblen Schaltebenen, breitbandigen Leistungsverstärkern und abstimmbaren Antennenelementen.

Basisstationen testen

Im Allgemeinen werden Signalgeneratoren verwendet, um die Funktionalität der Komponenten zu verifizieren und um den Empfänger der Basisstation zu testen. Idealerweise vereint das Gerät zwei komplette Signalgeneratoren – jeder mit Basisbandsektion und HF-Aufwärtsumsetzung. Da CA-Signale außergewöhnlich komplex sein können, ist eine intuitive Konfiguration wie beim R&S SMW200A-Vektorsignalgenerator hilfreich. Seine Mehrpfadarchitektur ermöglicht darüber hinaus Intraband als auch Interband Carrier Aggregation. Da er AWGN (Additive white Gaussian noise), Echtzeitfading und MIMO simulieren kann, lassen sich auch komplexe Szenarien wie zwei Komponententräger mit 2x2-MIMO und Fading leicht erzeugen.

Aus Hochfrequenz(HF)-Perspektive ist jeder Komponententräger identisch mit einem LTE-Release-8-Träger. Folglich müssen Messungen wie Nachbarkanalleistungsabstand, Nebenaussendung und Modulationsgenauigkeit pro Komponententräger durchgeführt werden. Die Messung des Time Alignment Error (TAE) stellt Entwicklungsingenieure jedoch vor zusätzliche Herausforderungen. Die Rahmen von LTE-Signalen unterschiedlicher Trägerfrequenzen am Antennenport einer Basisstation sind nicht perfekt synchronisiert, müssen aber bestimmte zeitliche Anforderungen erfüllen. Der Messaufbau in Abbildung 2 zeigt, wie dies selbst in komplexen Szenarien erreicht werden kann, zum Beispiel wenn vier TX-Antennen pro Komponententräger eingesetzt werden. Ein R&S RTO-Oszilloskop zeichnet die I/Q-Daten von acht Sendeantennen auf. Eine LTE-Analysesoftware analysiert anschließend die I/Q-Daten und stellt den TAE (TAE = Time Alignment Error) in Bezug auf die Kamerakonverter CC1 (CC = Component Carrier) an TX1 zur Verfügung.

Endgeräte testen

Beim Testen eines CA-Endgeräts liegt der Schwerpunkt auf der erhöhten Datenmenge, die nun parallel über zwei oder mehrere Empfangsketten empfangen wird. Der Test muss auf allen relevanten Schichten erfolgen. Auf der Bitübertragungsschicht ist das Hybrid-Automatic-Repeat-reQuest(ARQ)-Verfahren (HARQ) zu verifizieren, indem man die Rückmeldung (ACK(Acknowledgement)/NACKs) vom Messobjekt zählt. Die möglichst einfache Konfiguration unterschiedlicher Bandkombinationen ist unerlässlich, um unterschiedliche Modulations- und Kodierverfahren anzuwenden und/oder absolute Leistungspegel zu variieren. Die CA-Signalisierung betrifft nur bestimmte Schichten des Protokollstacks. Non-Access-Stratum(NAS)-Funktionalität wie der Sicherheitsschlüsselaustausch und Mobilitätsinformationen stellt die primäre, bedienende Zelle zur Verfügung. Alle sekundären Komponententräger oder sekundären Zellen werden als zusätzliche Übertragungsressourcen betrachtet. Für die Packet-Data-Convergence-Protocol(PDCP)- und Radio-Link-Control(RLC)-
Schichten ist die CA-Signalisierung transparent.

Der größte Einfluss von Carrier Aggregation auf Tests betrifft die RRC-Schicht. Ein Endgerät wird auf dieser Schicht so konfiguriert, dass es durch sekundäre Zellen bereitgestellte sekundäre Komponententräger verarbeitet. Darüber hinaus werden auf der RRC-Schicht die Parameter der sekundären Zelle(n) konfiguriert. Die Medium-Access-Control(MAC)-
Schicht ist die Multiplex-Einheit für die gebündelten Komponententräger. Falls die Aktivierung im Unterrahmen n erfolgt, sind acht Unterrahmen (8 ms) später als Ressourcen für das Gerät verfügbar. Neben dem Prüfen der richtigen Signalisierung ist nicht zuletzt auch die Datenratenleistung auf der Anwendungsschicht zu verifizieren, wenn ein E2E-Dienst die zugrunde liegende LTE-A-CA-Funktionalität nutzt.

Mehrere Testszenarien nötig

Die Prüfung aller Funktionen erfordert einen umfangreichen Satz an Testszenarien. Der Einsatz des R&S-CMW500-Wideband-Radio-Communication-Tester als RF-Tester (Callbox) ermöglicht Durchsatzmessungen auf der Bitübertragungsschicht. Verschiedene Carrier-Aggregation-LLAPI/MLAPI-Szenarien stehen zur Verfügung, um die Implementierung des kompletten Protokollstacks eines Endgeräts zu testen. Die im R&S CMW500 integrierte Data Application Unit (DAU) ermöglicht E2E-Tests auf der Anwendungsschicht.

Seit März 2013 entwickelt das Global Certification Forum (GCF) relevante Testfälle zur Zertifizierung von LTE-A-CA-fähigen Geräten. Nach vollständigem Abschluss wird diese Arbeit Testfälle für HF, Radio Resource Management (RRM) und Protokolle enthalten. Obwohl kontinuierlich Tests spezifiziert werden, um auch erweiterte Szenarien abzudecken – zum Beispiel drei Trägerfrequenzen im DL –, hat Rohde & Schwarz bereits zahlreiche, auf den 3GPP-RAN 5-Spezifikationen basierende Testfälle auf seinem R&S-TS8980-Testsystem implementiert. Darüber hinaus haben führende Betreiber ihre eigenen Simulator-basierten Interoperabilitätstests von Endgeräten im Labor spezifiziert.

Schlüsselfaktor für Spitzendatenraten

Carrier Aggregation ist der Schlüsselfaktor, um mit LTE-A die für IMT Advanced erforderlichen Spitzendatenraten zu erreichen. CA ist besonders nützlich, da sie die Bündelung einzelner Frequenzbänder des häufig sehr fragmentierten Spektrums eines individuellen Netzbetreibers ermöglicht.

Die größte Design-Herausforderung liegt auf der Endgeräteseite. Die Unterstützung höherer Bandbreiten und die Trägeraggregation über unterschiedliche Frequenzbänder hinweg steigern den Schaltungsaufwand des Endgeräteempfängers. Auf Seite der Basisstation sind das Design von Komponenten wie Breitband-Leistungsverstärkern, hocheffizienten Schalt-
ebenen und abstimmbaren Antennenelementen betroffen. Insbesondere auf der Endgeräteseite müssen die zusätzliche Funktionalität, die den PHY/MAC-Schichten zur Verfügung gestellt wird, und die Anpassungen an der RRC-Schicht getestet werden.
Weitere Informationen zu Rohde & Schwarz finden Sie im Business-Profil auf der Seite 69.

Bildergalerie

  • Abbildung 1: Carrier Aggregation-Szenarien

    Abbildung 1: Carrier Aggregation-Szenarien

    Bild: Rohde & Schwarz

Firmen zu diesem Artikel
Verwandte Artikel